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Betriebsaufgabe – Auflösung eines Rechnungsabgrenzungsposten (Kommentar von Udo Cremer)

30.10.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein wegen eines Zinszuschusses gebildeter passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist im Rahmen einer Betriebsaufgabe zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen, wenn das dem Zinszuschuss zugrundeliegende Darlehen fortgeführt wird. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 25.4.2018, VI R 51/16). Udo Cremer kommentiert.

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Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr (2010) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG für das Normalwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) ermittelte. Die Steuerbilanz zum 30. Juni 2010 wies einen pRAP wegen eines Zinszuschusses nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm für die Errichtung eines Schweinestalls aus. Der Schweinestall wurde im Jahr 2005 errichtet und im Juli 2010 an einen anderen Landwirt verpachtet. Das Darlehen wurde weiterhin bedient. Der Kläger gab den Betrieb zum 31. Dezember 2010 auf. Der pRAP war in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 2010 noch enthalten. Im Rahmen einer Außenprüfung für das Streitjahr löste das FA den pRAP erfolgswirksam auf und erhöhte den laufenden land- und forstwirtschaftlichen Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr 1. Juli bis 31. Dezember 2010 entsprechend. Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1955 veröffentlichten Gründen statt. Der streitige pRAP sei nicht zu Gunsten des laufenden Gewinns aufzulösen, sondern beim Betriebsaufgabeergebnis zu berücksichtigen.

Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (BFH Urteil vom 25.4.2018, VI R 51/16). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Ertrag aus der Auflösung des streitigen pRAP bei der Ermittlung des Aufgabegewinns und nicht im Rahmen des laufenden Gewinns zu berücksichtigen ist.

Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch Gewinne, die bei der Veräußerung bzw. Aufgabe eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erzielt werden (§§ 14, 16 Abs. 3 EStG). Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und den Senat damit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum 31. Dezember 2010 aufgegeben. Er musste aus diesem Anlass sowohl den Aufgabegewinn durch eine Aufgabebilanz als auch den laufenden Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 durch eine letzte Schlussbilanz ermitteln. Die letzte Schlussbilanz schließt die (laufende) land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers ab.

Das Betriebsvermögen ist nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln und ergibt im Vergleich mit dem Betriebsvermögen auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, bereinigt um den Wert der Entnahmen und Einlagen, den laufenden Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres. In der Aufgabebilanz werden dagegen etwa veräußerte und in das Privatvermögen überführte Wirtschaftsgüter und die verbliebenen Schulden mit den Werten des § 16 Abs. 3 EStG angesetzt. Aus dem Vergleich des in ihr ausgewiesenen Betriebsvermögens mit dem Betriebsvermögen der letzten Schlussbilanz, vermindert um die Aufgabekosten, ergibt sich der Aufgabegewinn bzw. -verlust. Entsteht ein Aufgabegewinn, ist er einkommensteuerrechtlich ggf. um den Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG zu kürzen und im Übrigen in der Regel gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt zu versteuern.

Bei der Abgrenzung zwischen laufendem Gewinn und tarifbegünstigtem Aufgabegewinn ist grundsätzlich auf den zeitlichen und wirtschaftlichen bzw. sachlichen Zusammenhang des einzelnen Geschäftsvorfalls mit dem laufenden Geschäftsbetrieb einerseits und der Betriebsaufgabe andererseits abzustellen. Ob Geschäftsvorfälle noch beim Schlusskapital in der Schlussbilanz und damit bei der Ermittlung des laufenden Gewinns oder erst in der Aufgabebilanz beim Aufgabegewinn zu berücksichtigen sind, bestimmt sich deshalb danach, ob Erträge und Aufwendungen in einem Veranlassungszusammenhang zur Veräußerung/Betriebsaufgabe als dem auslösenden Moment stehen.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG den streitigen pRAP zu Recht dem Aufgabegewinn und nicht dem laufenden Gewinn zugeordnet. Gemäß § 250 Abs. 2 HGB sind als RAP auf der Passivseite der Bilanz Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellen; dem entspricht wörtlich § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Bestimmungen gelten als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung auch für nicht gewerblich tätige Unternehmer, also auch für Landwirte, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln.

Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5 HGB) erst dann (durch Auflösung des pRAP) erfolgswirksam wird, wenn der Steuerpflichtige seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat.

Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags i.S. der §§ 320 ff. BGB. Er ist aber nicht auf synallagmatische schuldrechtliche Leistungen beschränkt. Erfasst werden auch Fälle, in denen die gegenseitigen Verpflichtungen ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben. Deshalb kann auch der Empfang von Subventionen zu einer passiven Rechnungsabgrenzung führen, sofern das vom Subventionsempfänger erwartete Verhalten wirtschaftlich als Gegenleistung für die Subvention aufgefasst werden kann.

Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit "nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss jedoch eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Im Hinblick auf eine bereits vollzogene Leistung ist eine Rechnungsabgrenzung nicht möglich.

Nach diesen Maßstäben war der Kläger verpflichtet, in seiner letzten Schlussbilanz auf den 31. Dezember 2010 noch einen pRAP für den ihm gewährten Zinszuschuss zu bilden. Der Zinszuschuss führte beim bilanzierenden Kläger im Jahr der Bewilligung zu Betriebseinnahmen. Das ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ebenso gehen die Beteiligten übereinstimmend und zu Recht davon aus, dass der Kläger als zeitraumbezogene "Gegenleistung" den mit dem geförderten Darlehen einhergehenden Kapitaldienst schuldete.

Der pRAP ist entsprechend der Laufzeit des Darlehens aufzulösen. Er dient dazu, die Ertragswirkung der Einnahmen (hier: des Zinszuschusses) in das Wirtschaftsjahr zu verlagern, in dem die korrespondierenden Aufwendungen anfallen. Die Höhe des pRAP richtet sich deshalb grundsätzlich nach dem Verhältnis der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Gegenleistung. Da der Zuschuss den tatsächlich entstehenden Zinsaufwand über den gesamten Zeitraum verbilligen will, ist der pRAP demnach in dem Umfang aufzulösen, in dem er auf den bisher erbrachten Zinsaufwand entfällt. Ausgehend von der zuvor dargelegten Verknüpfung des vereinnahmten Zuschusses mit dem Zinsaufwand, ist der pRAP zudem bei jeder anteiligen (Sonder-)Tilgung des Darlehens, die zu einem Wegfall des zukünftigen Zinsaufwands führt, anteilig aufzulösen.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG betrug der pRAP zum 31. Dezember 2010 ... EUR. Hiervon gehen auch die Beteiligten aus. Daraus folgt, dass das bezuschusste Darlehen am 31. Dezember 2010 noch bestand und damit auch weiterhin ein künftiger Zinsaufwand des Klägers gegeben war. Der Kläger hatte also seine für den Zinszuschuss geschuldete Gegenleistung am Bilanzstichtag noch nicht vollständig erbracht. Es bestand am Bilanzstichtag eine Verpflichtung des Klägers zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) zu erbringenden Gegenleistung. Damit lagen die Voraussetzungen für den Ansatz des pRAP in der Schlussbilanz des Klägers auf den 31. Dezember 2010 (weiterhin) vor. Denn der pRAP ist in der Schlussbilanz (nur) in dem Umfang aufzulösen, in dem er auf den bisher erbrachten Zinsaufwand entfällt. Der Ertrag aus dem Zinszuschuss, der durch die Bildung des pRAP (zeitanteilig) neutralisiert werden soll, war am Bilanzstichtag der Schlussbilanz noch nicht vollständig realisiert. Dies rechtfertigt es, den pRAP auch in der letzten (normalen) Schlussbilanz weiterhin zu passivieren.

In der Aufgabebilanz konnte der pRAP hingegen nicht mehr ausgewiesen werden. Das (fortbestehende) Darlehen wurde durch die Betriebsaufgabe zu Privatvermögen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schweinestall einem anderen Betriebsvermögen des Klägers gewidmet wurde, liegen nicht vor. Die Gegenleistung des Klägers für den Zinszuschuss, also der mit dem bezuschussten Darlehen einhergehende Kapitaldienst, lag mit der Überführung des Darlehens in das Privatvermögen folglich nicht mehr im steuerbaren Bereich. Für eine nicht (mehr) steuerbare Gegenleistung kann aber in der Aufgabebilanz trotz fortbestehender Verpflichtung kein pRAP gebildet werden.

Die Entnahme der Darlehensforderung in das Privatvermögen führt zum vollständigen Wegfall des (künftigen) steuerbaren Zinsaufwands. Damit ist auch für den Ansatz des pRAP kein Raum mehr. Zutreffend ist das FG deshalb davon ausgegangen, dass die Auflösung des streitigen pRAP vorliegend nicht nur in einem engen zeitlichen, sondern auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe steht. Unter den Umständen des Streitfalls ist der pRAP allein wegen der Betriebsaufgabe nicht länger bilanziell auszuweisen. Der Umstand, dass es sich bei einem RAP nicht um ein Wirtschaftsgut handelt, sondern der außerordentliche Ertrag auf der Auflösung eines Bilanzpostens beruht, der der periodengerechten Zuordnung von Einnahmen dient, steht dessen Zuordnung zum Aufgabegewinn nicht entgegen. Insbesondere wird dadurch der Gewinnbegriff des § 16 Abs. 2 EStG entgegen der Auffassung des FA nicht verkannt. Aufgabegewinn ist der Betrag, um den die Summe aus dem Veräußerungspreis für die im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußerten Wirtschaftsgüter, aus dem gemeinen Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter und aus den in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufgabe angefallenen sonstigen Erträgen oder Aufwendungen nach Abzug der Aufgabekosten den (Buch-)Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Aufgabe übersteigt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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