Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück (Kommentar von Udo Cremer)

24.05.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Was steuerlich bei der Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück zu beachten ist, verdeutlicht Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

1. Errichtet der Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte (in Ermangelung anderslautender Vereinbarungen) sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen.

Anzeige
Dirk J. Lamprecht
Digitale Rechnungen und E-Invoicing

Ihr Experte Dirk J. Lamprecht klärt alle Fragen zu Vorsteuerabzug, Workflow, Anforderungen an die Archivierung sowie Auswirkungen des ZUGFeRD auf die Rechnungsanforderungen.

Sichern Sie sich Ihren Platz im Praxis-Seminar »

2. Die vom Unternehmer-Ehegatten für die typisierte Verteilung seines eigenen Aufwands gebildete Bilanzposition kann nicht Sitz stiller Reserven sein. Daraus folgt zum einen, dass dem Unternehmer-Ehegatten Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Gebäudeteil eingetreten sind, ertragsteuerrechtlich nicht zugerechnet werden können. Auf der anderen Seite kann der Unternehmer-Ehegatte in dieser Bilanzposition nicht dadurch stille Reserven bilden, dass er hierauf ertragsteuerrechtliche Subventionsvorschriften anwendet, die der Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens vorgesehen hat.

3. Übertragen in derartigen Fällen sowohl der Unternehmer-Ehegatte den Betrieb als auch beide Eheleute ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück samt Gebäude unentgeltlich auf einen Dritten, kann dieser den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten zum Teilwert in seinen Betrieb einlegen und von diesem Wert AfA vornehmen.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 1999 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Mit notariell beurkundetem Übergabevertrag vom 17.6.1994 erhielt der Kläger von seinem Vater (V) im Wege vorweggenommener Erbfolge ein Einzelunternehmen unentgeltlich übertragen. Das Unternehmen sollte als "vom Bilanzstichtag an" (31.12.1993) für Rechnung des Klägers geführt gelten. Nach dem Vertrag sollte die Bilanz des V zum 31.12.1993 "nicht nur den Wert, sondern auch den Umfang der übertragenen Aktiven und Passiven" bestimmen. V trat alle ihm zustehenden Forderungen gegen Dritte an den Kläger ab.

Im Rahmen dieses Übergabevertrags übertrugen V sowie die Mutter (M) des Klägers diesem ferner zwei Grundstücke, deren Miteigentümer sie je zur Hälfte waren. Im Zeitraum zwischen 1960 und 1970 hatte V auf dem einen Grundstück mit eigenen Mitteln mehrere betrieblich genutzte Gebäude errichtet. Auf dem anderen Grundstück hatte er im selben Zeitraum mehrere Mehrfamilienhäuser errichtet, deren Wohnungen an Arbeitnehmer des Betriebs vermietet wurden (Werkswohnungen).

Nach der Errichtung der Gebäude hatte V zunächst den gesamten Grund und Boden und die gesamten Herstellungskosten der Gebäude (auch soweit sie zivilrechtlich auf die der M gehörenden Grundstücksteile entfielen) in seinen Bilanzen unter den Positionen "Grund und Boden" bzw. "Gebäude" aktiviert und auf die gesamten Herstellungskosten AfA nach den für Gebäude geltenden Regeln vorgenommen. Anlässlich einer Außenprüfung für die Jahre 1977 bis 1979 verständigten sich V und das FA darauf, den hälftigen Grund und Boden erfolgsneutral auszubuchen, die zivilrechtlich auf den hälftigen Miteigentumsanteil der M entfallenden Teile der Herstellungskosten der Gebäude als immaterielle Wirtschaftsgüter anzusehen und die AfA insoweit gemäß § 7 Abs. 1 EStG nach Maßgabe einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren vorzunehmen. Die Restbuchwerte dieser Bilanzpositionen beliefen sich zum 31.12.1993 auf 200.454 DM.

Der Kläger behandelte die Übertragung der Grundstücke im Rahmen der Betriebsübergabe wie folgt:

  • Hinsichtlich der zuvor dem V gehörenden hälftigen Miteigentumsanteile am Grund und Boden und der hierauf entfallenden hälftigen Herstellungskosten führte er auf der rechtlichen Grundlage der seinerzeit noch geltenden Vorschrift des § 7 Abs. 1 EStDV (heute § 6 Abs. 3 EStG) die Buchwerte fort. Diese Behandlung ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
  • Die zuvor der M gehörenden hälftigen Miteigentumsanteile am Grund und Boden sah der Kläger als zum Teilwert in sein Betriebsvermögen eingelegt an. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
  • In Bezug auf die zivilrechtlich der M zuzurechnenden Gebäudehälften, deren Herstellungskosten V getragen und bereits größtenteils im Wege der AfA als Betriebsausgaben abgesetzt hatte, nahm V eine erfolgsneutrale Ausbuchung der hierfür gebildeten Bilanzpositionen vor. Demgegenüber ging der Kläger im Rahmen der Übernahme von einer Einlage zum Teilwert aus. Hinsichtlich der Höhe der Teilwerte zum 1.1.1994 legte er ein auf den 1.1.1991 erstelltes Gutachten zugrunde, in dem nach seiner Mitteilung für die Anteile der M an den Gebäudewerten ein Gesamtbetrag von 1.351.397 DM ausgewiesen sein soll. Von diesen Teilwerten nahm er seit 1994 AfA vor. Diese Sachbehandlung ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens streitig.

Das FA folgte im Ergebnis zunächst der Behandlung durch den Kläger, nahm im Gegenzug aber (unter Berufung auf den damaligen Stand der Rechtsprechung) an, bei V sei in Höhe der Differenz zwischen den Teilwerten und den Buchwerten ein Aufgabegewinn angefallen (infolge eines Übertragungsfehlers vom FA mit 1.130.943 DM ermittelt). Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 1994 vom 8.7.1996 legten V und M Einspruch ein. Sie vertraten die Auffassung, es sei "lediglich wirtschaftliches Eigentum durch rechtliches Eigentum ersetzt" worden.

Während des mehrjährigen Einspruchsverfahrens wurden die Einkommensteuerbescheide der Kläger für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1998 unter Zugrundelegung der seinerzeit übereinstimmenden Rechtsauffassung der Kläger und des FA bestandskräftig. Im Jahr 2002 verstarb M; der Kläger wurde als deren Alleinerbe ihr Gesamtrechtsnachfolger. Nach Ergehen des BFH-Urteils vom 14. Mai. Mai 2002 VIII R 30/98 (BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741) vertrat das FA die Auffassung, V sei wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften gewesen, so dass im Rahmen der Betriebsübertragung die Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 EStDV auch insoweit anzuwenden sei. Es kündigte daher an, dem Einspruch der Eltern des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 stattzugeben, und zog den Kläger am 28.4.2004 zu diesem Einspruchsverfahren hinzu. Auf den Einspruch des Klägers gegen die Hinzuziehung, den dieser mit dem Eintritt der Festsetzungsverjährung bezüglich seiner Einkommensteuerveranlagung 1994 begründete, hob das FA die Hinzuziehung wieder auf, half dem Einspruch der Eltern des Klägers gegen deren Einkommensteuerbescheid 1994 aber gleichwohl in vollem Umfang ab.

Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 19.10.2004 änderte das FA die für die Kläger ergangene - noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende - gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.1999 dahingehend, dass keine AfA von den Teilwerten der von M übernommenen Miteigentumsanteile an den Gebäuden mehr berücksichtigt wurden. Das FA vertrat vielmehr die Auffassung, der Kläger sei im Rahmen der Betriebsübernahme auch insoweit zur Buchwertfortführung verpflichtet gewesen. Es änderte die Ansätze in der Anfangsbilanz des Klägers zum 1.1.1999 in der Weise, dass die zum 31.12.1993 vorhandenen Buchwerte des von V aktivierten Aufwands übernommen und nach Abzug von AfA bis zum 1.1.1999 fortentwickelt wurden. Danach überstieg die Summe der vom Kläger in den bestandskräftig veranlagten Jahren 1994 bis 1998 vorgenommenen AfA bereits die zum 31.12.1993 vorhandenen Restbuchwerte. Das FA machte daher die vom Kläger für 1999 abgezogenen AfA von 76.063 DM in vollem Umfang rückgängig.

In der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2006 nahm das FA im Hinblick auf zwei Übertragungsfehler, die ihm im angefochtenen Änderungsbescheid bei den nicht abziehbaren Betriebsausgaben unterlaufen waren, nach vorherigem Hinweis eine Verböserung vor. Der verbleibende Verlustvortrag wurde nunmehr auf 225.922 DM festgestellt. Hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren interessierenden Rechtsfrage ging das FA weiterhin davon aus, V sei wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M stehenden Gebäudeteile gewesen. Eine Einlage zum Teilwert würde voraussetzen, dass zuvor V eine Entnahme aus seinem Betriebsvermögen getätigt hätte. Hiervon könne aber keine Rede sein, da der Kläger nach dem Willen des V den gesamten Betrieb einschließlich der Nutzung der Betriebsgebäude habe fortführen wollen. Danach hätten sich die Gebäudeteile ununterbrochen im Betriebsvermögen befunden.

Das FG wies die Klage ab. Zwar sei V nicht wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften gewesen, weil keine Nutzungsvereinbarung existiere, die M auf Dauer von der Einwirkung auf diese Gebäudehälften habe ausschließen können. Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387 habe der für den aktivierten Aufwand des V im Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch vorhandene Restbuchwert aber die beim Kläger fortzuführenden Herstellungskosten erhöht. Dies habe dieselbe bilanzielle Auswirkung wie das vom FA angenommene wirtschaftliche Eigentum.

Die Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 9.3.2016, X R 46/14). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.1999. Das FG hat die Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Behandlung von Aufwendungen für die Errichtung betrieblich genutzter Gebäude auf fremdem Grund und Boden nicht in vollem Umfang nachvollzogen. Aus diesen Entwicklungen ergibt sich, dass die zuvor im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Gebäudehälften (auch ertragsteuerrechtlich) zu dessen Privatvermögen gehört haben und die beim Unternehmer-Ehegatten zur Verteilung von dessen eigenem Aufwand gebildete Bilanzposition nicht zur Verhaftung stiller Reserven geeignet ist. Hieraus folgt, dass diese Bilanzposition vom Anwendungsbereich solcher steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, die auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens beschränkt sind und der gezielten Legung stiller Reserven dienen, ausgeschlossen ist. Danach können die im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der M stehenden Gebäudehälften nur im Wege der Einlage in das Betriebsvermögen des Klägers gelangt sein. Diese Einlagen sind mit dem Teilwert zu bewerten. Der Teilwert ist auch die Bemessungsgrundlage für die vom Kläger vorzunehmenden AfA. Die Einwendungen, die das FA erstmals im Klageverfahren gegen die vom Kläger auf der Grundlage eines Gutachtens angesetzten Teilwerte erhoben hat, sind nicht substantiiert, so dass dem Kläger die begehrten AfA zustehen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

Die aktuellen Seminartermine von Udo Cremer finden Sie hier »




nach oben