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Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei Nutzung eines zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Kfz (Kommentar von Udo Cremer)

27.10.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Den Umgang mit Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte erläutert Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

Die Kläger sind als Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät freiberuflich tätig. Die Sozietät ermittelte für das Jahr 2009 (Streitjahr) ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung durch Einnahmenüberschussrechnung. Beide Kläger nutzten im Streitjahr jeweils ein zu mehr als 50 % betrieblich genutztes Kfz sowohl für Privatfahrten als auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Aus der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung vom 9.12.2011 ergibt sich, dass die Bruttolistenpreise für die genannten Kfz 50.920 € und 43.270 € betragen haben. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte belief sich beim Kläger zu 1 auf 6 km, beim Kläger zu 2 auf 10 km. Die Sozietät erklärte für das Streitjahr Betriebseinnahmen aus der privaten Nutzung beider Kfz für private Fahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte in Höhe von 13.959 €. Daneben machte sie als abziehbare Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte einen Betrag von 2.657 € geltend (beim Kläger zu 1: 0,03 % x 50.920 € x 6 km x 12 Monate = 1.100 €; beim Kläger zu 2: 0,03 % x 43.270 € x 10 km x 12 Monate = 1.557 €). Das FA folgte dem insoweit nicht, als es im Gewinnfeststellungsbescheid für 2009 die erklärten Betriebsausgaben für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte in Höhe von 2.657 € wieder dem Gewinn hinzurechnete, weil diese Kosten bereits in den laufenden Kfz-Kosten enthalten seien. Für diese Wegstrecken ließ das FA nur die jeweilige Entfernungspauschale - beim Kläger zu 1 in Höhe von 378 € (= 6 km x 210 Arbeitstage x 0,30 €) und beim Kläger zu 2 in Höhe von 630 € (= 10 km x 210 Arbeitstage x 0,30 €) - gewinnmindernd zum Abzug zu. Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 9.12.2011) und Klage hatten keinen Erfolg. Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (BFH-Beschluss vom 20.8.2015, III B 108/14). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es u.a., wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist. Im Streitfall lässt sich die aufgeworfene Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten.

Der Gesetzgeber hat bei Steuerpflichtigen, die Gewinneinkünfte erzielen, die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte dem betrieblichen Bereich zugeordnet, den Betriebsausgabenabzug hierfür allerdings nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG begrenzt. Werden die genannten Fahrten (wie im Streitfall) mit einem zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz zurückgelegt, das pauschal mit der sog. 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG besteuert wird, greift § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 Halbsatz 1 EStG ein. Danach dürfen derartige Aufwendungen den Gewinn in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 % des inländischen Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ergebenden Betrag nicht mindern; die Betriebsausgabenkürzung wird daher durch eine entsprechende Gewinnzurechnung erreicht. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, dass für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte jedenfalls nicht mehr als die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG pro Entfernungskilometer zu berücksichtigenden Beträge abgezogen werden können. Diese Gewinnzurechnung tritt gesondert neben die mit der 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG besteuerte Privatnutzung des Kfz. Damit werden im Ergebnis Steuerpflichtige, die Gewinneinkünfte erzielen, ebenso behandelt wie Steuerpflichtige, die Überschusseinkünfte beziehen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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