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AfaA auf Grund und Boden (Kommentar von Udo Cremer)

13.09.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Nutzungsvorteile einer Immobilie keine Vermögensgegenstände - keine AfaA auf den Grund und Boden bei schlechter Vermietbarkeit eines Gebäudes

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Der Kläger war im Streitjahr 2009 Gesellschafter einer GbR, die im Jahr 1994 ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus zu bebauendes Grundstück erworben und, nach Fertigstellung des aufstehenden Gebäudes im Jahr 1995, zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt hatte. Das Gebäude besteht aus einem dreigeschossigem Haupthaus und einer eingeschossigen Halle. Im Erdgeschoss des Haupthauses einschließlich seitlichem Hallenanbau befinden sich zwei Läden, das Treppenhaus und ein Technikraum. Die Wohnungen befinden sich im 1. und 2. Obergeschoss des Haupthauses. Der Gesamtkaufpreis für das Objekt betrug 4.393.584 DM; die GbR ermittelte den Wert des Grund und Bodens mit 11 % des Gesamtkaufpreises.

Über die eingeschossige Halle schloss die GbR einen Mietvertrag über 15 Jahre ab. Die Mieterin betrieb darin zunächst einen Supermarkt; nach fünf Jahren schloss die Mieterin den Supermarkt und vermietete die Halle an einen Dritten als Lagerraum unter. Den mit der GbR vereinbarten Mietzins zahlte die Mieterin bis zum Auslaufen des Mietvertrages Anfang Juli 2010 ordnungsgemäß; dieser belief sich in der Vertragslaufzeit auf bis zu 132.000 € jährlich. Nach Auslaufen des 15-jährigen Mietvertrages konnte die GbR die Halle nur noch als Lagerraum für 800 € monatlich vermieten; dieser Umstand zeichnete sich unstreitig bereits im Streitjahr 2009 deutlich ab. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.10.2009 erwarb der Kläger von dem zu diesem Zeitpunkt einzigen weiteren Gesellschafter (K-GmbH) dessen Anteil am Grundbesitz zum Kaufpreis von 200.000 €. Der Kaufpreis war auf ein Konto der K-GmbH bei der H-Bank zu zahlen. Die Übergabe sowie der Übergang von Nutzungen und Lasten erfolgten zum 1.12.2009. Nach den Bestimmungen des notariellen Vertrages vom 16.10.2009 standen die für die vermieteten Flächen geschuldeten Mietzahlungen ab dem Übergabezeitpunkt dem Kläger zu.

Die Übertragung des Eigentums am Grundstück sollte nach § 5 des notariellen Vertrages lastenfrei erfolgen. Im Zeitpunkt der Veräußerung lastete auf dem Grundstück noch eine erstrangige Grundschuld der H-Bank, welche seinerzeit die Finanzierung der Anschaffung des Grundstücks übernommen hatte. Darüber hinaus hatte die GbR vertragsgemäß geschuldete künftige Zahlungen der Mieterin des Supermarkts, die bis zum 30.6.2010 zu leisten waren, bis zu einer Höhe von 6.000 € monatlich an die H-Bank abgetreten. Nach den Bestimmungen in § 4 des Vertrages vom 16.10.2009 sollte der Kläger die im Voraus abgetretenen Mietzahlungen (für Dezember 2009 bis Juni 2010 in Höhe von 7 x 6.000 €) durch eine weitere Zahlung in Höhe von 42.000 € auf ein Konto der K-GmbH bei der H-Bank vorfinanzieren. Dementsprechend erklärte sich die H-Bank mit Schreiben vom 12.11.2009 zur Erteilung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich der noch bestehenden grundbuchrechtlichen Belastungen für den Fall bereit, dass der Kläger den Kaufpreis in Höhe von 200.000 € sowie die bis zum 30.6.2010 anfallenden Mieten in Höhe von 42.000 € bis zum 30.11.2009 entrichtet. Nach der genannten Bestimmung in § 4 des Vertrages war die H-Bank ferner zur Rückzahlung der vorfinanzierten Mieten für den Fall verpflichtet, dass die korrespondierenden Mietzinszahlungen der Mieterin ausbleiben.

Absprachegemäß überwies der Kläger den Kaufpreis von 200.000 € sowie den Ablösebetrag für die abgetretenen Mieten in Höhe von 42.000 € am 26.11.2009 auf das Konto der K-GmbH bei der H-Bank. Die Anschaffung des Anteils der K-GmbH am Grundbesitz finanzierte der Kläger durch einen neu abgeschlossenen Darlehensvertrag bei einem anderen Kreditinstitut. In Ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr ermittelte die GbR AfaA für die Anteile des Klägers am Grund und Boden sowie am Gebäude. Zur Begründung für die Geltendmachung von AfaA wurde vorgetragen, dass eine Verwendung der auf die Bedürfnisse der ehemaligen Mieterin eingerichteten Halle als Supermarkt nicht mehr möglich sei. Die GbR habe nach Auslaufen des 15-jährigen Mietvertrages trotz intensiver Bemühungen keinen anderen Mieter gefunden. Der Restwert des Grundbesitzes sei daher auf den tatsächlichen (Gesamt-)Wert von 100.000 € (Grundstück: 30.000 €; Gebäude 70.000 €) abzuschreiben. Zudem machte der Kläger den auf das Konto der K-GmbH bei der H-Bank gezahlten Betrag in Höhe von 42.000 € als Sonderwerbungskosten bei den gesondert festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die "vorfinanzierten" Mietvorauszahlungen nicht als Anschaffungskosten zu beurteilen seien.

Das FA berücksichtigte im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 21.11.2011 weder die "vorfinanzierten" Mieten in Höhe von 42.000 € noch die geltend gemachten AfaA als (Sonder-)Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften der GbR aus Vermietung und Verpachtung. Der Einspruch des Klägers hatte insoweit Erfolg, als das FA in seinem im Zuge des Einspruchsverfahrens geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 4.11.2013 die geltend gemachten AfaA hinsichtlich des Supermarkt-Gebäudes zum Abzug zuließ; demgegenüber berücksichtigte das FA weiterhin weder die "vorfinanzierten" Mieten in Höhe von 42.000 € noch die geltend gemachten AfaA (in Höhe von 63.351,55 €) hinsichtlich des Grund und Bodens. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 463 veröffentlichten Urteil ab.

Die Revision ist begründet (BFH Urteil vom 10.5.2016, IX R 33/14). Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG. Der Schluss des FG, der zur Vorfinanzierung von Mieten geleistete Betrag in Höhe von 42.000 € führe nicht zu Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern zu Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB, ist nicht von ausreichenden Feststellungen getragen. Demgegenüber ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten AfaA auf den Grund und Boden im Streitfall nicht in Betracht kommt.

Nach den vom FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der nach den Bestimmungen in § 4 des notariell beurkundeten Vertrages vom 16.10.2009 zur Vorfinanzierung von Mieten geleistete Betrag in Höhe von 42.000 € zu Sonderwerbungskosten des Klägers bei den gesondert festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder zu Anschaffungskosten auf den erworbenen Grundstücksanteil führt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden Werbungskosten grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Was demgegenüber zu den Anschaffungskosten einer Immobilie rechnet, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den so definierten Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Im Streitfall ist das FG davon ausgegangen, dass die vom Kläger erbrachte Leistung dem lastenfreien Erwerb des Grundstücks gedient habe und deshalb den Anschaffungskosten zuzurechnen sei. Denn die an die Verkäuferin der Grundstücksanteile gerichtete Zahlung sei u.a. Voraussetzung dafür gewesen, dass die H-Bank die Löschungsbewilligung für eine zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld abgab. Überdies habe der Kläger mit der Vorfinanzierung der Mieten eine Schuld der K-GmbH erfüllt, die jene als Grundstückseigentümerin gegenüber der finanzierenden H-Bank gehabt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Zahlung des Klägers durch die Erfüllung einer fremden Schuld und die Erlangung des lastenfreien Eigentums und nicht durch den bloßen Erwerb einer Mietforderung veranlasst gewesen. Dieser Schluss des FG berücksichtigt nicht, dass neben den oben geschilderten Veranlassungszusammenhängen ein weiterer Veranlassungszusammenhang tritt: Denn der Kläger hat den maßgeblichen Betrag zur Vorfinanzierung der im Innenverhältnis von der K-GmbH geschuldeten (abgetretenen) Mietzahlungen auch deshalb geleistet, um für das Objekt eine (durch erstrangige Grundbuchstelle gesicherte) Nachfolgefinanzierung bei einem anderen Kreditinstitut zu erlangen und damit mittelbar sichergestellt, dass das maßgebliche Immobilienobjekt weiterhin der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen konnte. Da das FG diesen Umstand nicht weiter geprüft hat, ist das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.

Zutreffend hat das FG eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten AfaA auf den Grund und Boden abgelehnt. Zwar gehören zu den Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG auch AfaA. Diese setzen entweder eine Substanzeinbuße eines bestehenden Wirtschaftsgutes (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) voraus. Die außergewöhnliche "Abnutzung" geschieht durch Einwirken auf das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung. Nach diesen Grundsätzen kann eine AfaA etwa dann zu berücksichtigen sein, wenn bei Beendigung eines Mietverhältnisses erkennbar wird, dass ein abnutzbares Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nicht oder nur eingeschränkt an Dritte vermietbar ist. Bei einem nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut wie dem Grund und Boden kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einer möglichen Wertminderung nicht durch eine AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG Rechnung getragen werden.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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