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Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für beruflich genutzte und in die häusliche Sphäre eingebundene Räume (Kommentar von Udo Cremer)

30.09.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die nicht nur untergeordnete private Mitbenutzung eines in die häusliche Sphäre eingebundenen Raums schließt den Abzug von Betriebsausgaben für diesen Raum auch dann aus, wenn es sich um einen nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechend eingerichteten Raum handelt.


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Die Kläger wurden in den Streitjahren (2004 bis 2006) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin übte eine Tätigkeit als sog. Coach aus, für die sie einen Gewinn aus selbständiger Arbeit auf der Grundlage einer Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Die Klägerin machte in der Gewinnermittlung für einen Raum in der von den Klägern angemieteten Wohnung Miet- und Mietnebenkosten als Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Die Aufwendungen betrugen 7.021,50 € (2004), 5.231,12 € (2005) und 5.166,18 € (2006). Das FA führte am 7.4.2006 in der Wohnung der Kläger eine Ortsbesichtigung durch. Hierbei traf das FA die Feststellung, dass das 37 qm große Arbeitszimmer der Klägerin im Untergeschoss der angemieteten Wohnung lag. Im Untergeschoss waren ansonsten noch eine Diele, eine Wohnküche, ein Gäste-WC und ein Arbeitszimmer des Klägers vorhanden. Der als Arbeitszimmer der Klägerin bezeichnete Raum war mit einem Schreibtisch, einem Flipchart, einem langen Tisch mit sechs Stühlen, einem Regal und einem Kachelofen mit umlaufender Bank ausgestattet. Im Obergeschoss der Wohnung befanden sich ein Bad und ein Wohn- sowie ein Schlafzimmer. Das FA versagte im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 10.5.2006, im Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 30.4.2007 und im Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 10.7.2008 und den danach für alle Streitjahre ergangenen Änderungsbescheiden vom 17.8.2010 die Anerkennung der streitigen Aufwendungen für das Arbeitszimmer der Klägerin.

Gegen die Änderungsbescheide erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Das FG wies die Klage mit seinem in EFG 2012, 1825 veröffentlichten Urteil vom 31.5.2011 - 13 K 2979/10 als unbegründet ab.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (BFH Urteil vom 22.3.2016, VIII R 24/12). Der Senat ist an die Feststellung des FG, dass das Zimmer im Untergeschoss der Wohnung der Kläger in den Streitjahren in nicht unerheblichem Umfang auch privat genutzt wurde, gebunden. Diese tatsächliche Würdigung des FG ist möglich, wird von den Klägern nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und ist daher für den Senat bindend. Auf dieser Grundlage scheidet der Abzug von Betriebsausgaben für dieses Zimmer unabhängig davon aus, ob der Senat den Raum nicht als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ansieht oder man das Zimmer als ein häusliches Arbeitszimmer i.S. der Regelung einordnet, das unmittelbar unter die Abzugsbeschränkung fällt. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Häusliches Arbeitszimmer im vorstehenden Sinne ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Er ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist.

Aufwendungen für Räume innerhalb des privaten Wohnbereichs des Steuerpflichtigen, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechen, können gleichwohl unbeschränkt als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar sein, wenn sie betrieblich/beruflich genutzt werden und sich der betriebliche/berufliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objektiver Kriterien feststellen lassen. Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild durch seine Einrichtung mit Büromöbeln dem Typus des Arbeitszimmers, muss er als Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug überdies nachweisbar (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden. Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers, gilt der für die Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG maßgebliche Grund der nicht auszuschließenden privaten Mitbenutzung nicht, wenn sich bereits aus der Ausstattung des Raums und/oder wegen seiner Zugänglichkeit durch dritte Personen eine private Mitbenutzung ausschließen lässt.

Auf dieser Grundlage scheidet wegen der für den Senat bindend festgestellten nicht untergeordneten privaten Mitbenutzung des Raums im Untergeschoss der Wohnung der Kläger der Betriebsausgabenabzug aus. Ist der Raum ein häusliches Arbeitszimmer, scheitert der Betriebsausgabenabzug an der Voraussetzung, dass der Raum nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden muss. Dies gilt auch dann, wenn wie im Fall der Klägerin der Raum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit bildet. Handelt es sich wegen der Prägung des Raums durch den "Behandlungstisch" (und nicht durch den auch im Zimmer vorhandenen Schreibtisch) um ein nicht unter die gesetzliche Abzugsbeschränkung fallendes Zimmer (wie das FG angenommen hat) steht die nicht untergeordnete private Mitbenutzung des Raums durch die Kläger in den Streitjahren dem Betriebsausgabenabzug ebenfalls entgegen. Denn auch insoweit ist es erforderlich, dass der Raum ausschließlich beruflich genutzt wird. Ist ein zwar nicht durch die büromäßige Einrichtung geprägter Raum trotz einer geringfügigen Widmung für den Publikumsverkehr aufgrund seiner Ausstattung auch privat nutzbar und wird er tatsächlich auch privat genutzt, führt die gemischte Nutzung nach den Vorgaben des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265 ebenfalls zur vollständigen Versagung des Betriebsausgabenabzugs.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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