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Abziehbarkeit von Fahrtaufwendungen eines selbständigen Dozenten nach Geschäftsreisegrundsätzen (Kommentar von Udo Cremer)

16.06.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erläutert die Fahrtkostenregelung bei einem selbständigen Dozenten.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin ist nichtselbständig tätig in X. Der Kläger war in den Streitjahren (2001 bis 2003) als Personalberater tätig. Seine Tätigkeit bestand vor allem in der Übernahme von vorbereitenden Tätigkeiten bei der Auswahl von qualifizierten Bewerbern für die jeweiligen Auftraggeber. Diese Tätigkeit übt der Kläger von einer Betriebsstätte im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses in Y aus. Im 2. Obergeschoss des Hauses befindet sich auch die gemeinschaftliche Ehewohnung der Kläger. Eine weitere Wohnung im 1. Obergeschoss steht leer. Neben der Tätigkeit als Personalberater war der Kläger in den Streitjahren außerdem als Dozent bzw. Prüfer an verschiedenen Bildungseinrichtungen in unterschiedlichen Orten tätig. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für 2001, für 2002 und für 2003 machten die Kläger, ohne gesonderten Ausweis in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, Betriebsausgaben des Klägers für Fahrten zu den Bildungseinrichtungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen geltend.

Aufgrund einer Außenprüfung ging das FA davon aus, bei den Fahrten handele es sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßigen Betriebsstätten i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG, so dass die Betriebsausgaben nur beschränkt abziehbar seien.

Gegen die entsprechenden Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 bis 2003, die während des Einspruchsverfahrens aus anderen Gründen geändert und in dieser Fassung zum Gegenstand des Verfahrens geworden waren, erhoben die Kläger nach Zurückweisung des Einspruchs Klage, deren Gegenstand nur der Streit über die Berücksichtigung der Fahrtaufwendungen blieb.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Anschlussrevision der Kläger ist unbegründet und zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 11.11.2014, VIII R 47/11).

Die Revision des FA ist zurückzuweisen, weil das FG zu Recht die angefochtenen Steuerbescheide unter Ansatz weiterer Fahrtkosten für die Dozententätigkeit des Klägers als Betriebsausgabe geändert hat. Denn die streitigen Fahrtaufwendungen des Klägers für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und den Bildungseinrichtungen sind nicht nur im Umfang der Entfernungspauschale nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, sondern nach Geschäftsreisegrundsätzen nach § 4 Abs. 4 EStG gewinnmindernd als Betriebsausgabe anzusetzen.

Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben absetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Dabei dürfen ihre Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG nicht mindern, soweit nicht in den folgenden Sätzen der Vorschrift etwas anderes bestimmt ist. So bestimmt Satz 2 der Vorschrift, dass zur Abgeltung dieser Aufwendungen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden ist; diese Regelung sieht in Bezug auf Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte vor, dass für jeden Arbeitstag, an dem der Steuerpflichtige die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte anzusetzen ist.

Die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs für Aufwendungen im Zusammenhang mit Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG gilt auch für Steuerpflichtige, die als Unternehmer Gewinneinkünfte erzielen und Aufwendungen für Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der Betriebsstätte ihres Auftraggebers haben. Nach ständiger Rechtsprechung der für die Gewinneinkünfte zuständigen Senate des BFH ist als Betriebsstätte bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmer, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, der Ort anzusehen, an dem oder von dem aus er die geschuldete Leistung zu erbringen hat, in der Regel also der Betrieb des Auftraggebers. Der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO ist hingegen nicht maßgeblich.

Auf dieser Grundlage ist nach dem BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 701 die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG auf Aufwendungen eines freiberuflichen EDV-Dozenten für Fahrten anzuwenden, die er vom Ort seines häuslichen Arbeitszimmers zu den für die Lehrtätigkeit (von dem Träger der Lehrveranstaltung) zur Verfügung gestellten Gebäuden unternommen hat. Dies gilt nach dieser Entscheidung unabhängig von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu ständig wechselnden Einsatzstellen auch auf die Fälle des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG selbst bei mehreren Tätigkeiten eines Unternehmers, wenn sie alle in einem eng umgrenzten Gebiet wie einer einzigen (Groß-)Stadt ausgeübt werden.

Im Übrigen gelten aber für solche Fahrtaufwendungen zu mehreren Tätigkeitsstätten im Zusammenhang mit der Erzielung von Gewinneinkünften (wie im Streitfall bei der Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit) die für die Einsatzwechseltätigkeit von Arbeitnehmern entwickelten Ausnahmen von der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, sofern die Tätigkeit des Unternehmers der Tätigkeit von Arbeitnehmern (entsprechend der früheren Terminologie) als solche an ständig wechselnden Einsatzstellen entspricht.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht angesichts der in unterschiedlichen Orten belegenen Unterrichtsstätten die Abziehbarkeit der Fahrtaufwendungen nach Geschäftsreisegrundsätzen bejaht. Die Fahrten des Klägers im Rahmen seiner Dozententätigkeit sind zwar solche zwischen seiner Wohnung und der jeweiligen Bildungseinrichtung als Betriebsstätte. Denn das in seinem (ausschließlich mit seiner Familie bewohnten) Wohnhaus unterhaltene Büro kann mit Blick auf die außerhalb des Büros auszuübende Dozententätigkeit keine Betriebsstätte sein.

Auf die Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und den jeweiligen Bildungseinrichtungen hat das FG aber zutreffend die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Kosten für Fahrten von Arbeitnehmern zu ständig wechselnden Einsatzstellen entsprechend angewendet, weil die verschiedenen Einsatzstellen nicht innerhalb eines in sich geschlossenen, nicht weit auseinandergezogenen und überschaubaren Gebiets, sondern sehr weit auseinander in unterschiedlichen Städten liegen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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