13.11.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DIW Berlin.
Eine Abschaffung der pauschalen Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte in Höhe von 25 Prozent ist weder aus fiskalischer noch aus verteilungspolitischer Sicht sinnvoll, solange die Zinsen so niedrig sind. Würde man Kapitaleinkünfte wieder in den Einkommensteuertarif integrieren, wären bei vollem Werbungskostenabzug und einem Besteuerungsanteil von 60 Prozent bei Dividenden und Veräußerungsgewinnen (Teileinkünfteverfahren) sogar leichte Steuerausfälle von 73 Millionen Euro zu erwarten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Auch für die Steuergerechtigkeit bringt eine Abschaffung der Abgeltungsteuer derzeit wenig, sofern man darunter eine stärkere Besteuerung von hohen Kapitaleinkommen versteht“, sagt DIW-Steuerexperte Stefan Bach. Hohe Einkommen würden durch die Abschaffung der Abgeltungsteuer kaum belastet, mittlere und niedrige Einkommen bei den Dividenden sogar geringfügig entlastet. Darüber hinaus stiege der bürokratische Aufwand des Besteuerungsverfahrens. Dagegen würde eine Erhöhung des Abgeltungsteuersatzes zu moderaten Steuermehreinnahmen führen und progressiv wirken, könnte aber die Investitionsbedingungen in Deutschland verschlechtern.
Seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 werden Kapitaleinkommen – also Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne – nur noch pauschal mit 25 Prozent besteuert. Damit sollte Kapitalflucht ins Ausland verhindert werden. Da dieses wesentliche Argument für die Abgeltungsteuer in Zeiten des internationalen Informationsaustauschs zwischen den Finanzämtern zunehmend obsolet geworden ist, mehren sich zuletzt Stimmen, die Abgeltungsteuer wieder abzuschaffen. Die DIW-Forscher Stefan Bach und Hermann Buslei haben in verschiedenen Szenarien berechnet, was dies sowohl für die öffentlichen Kassen als auch für die Steuerpflichtigen nach Einkommensklassen bedeuten würde.
Stärker belastet würden bei einer Abschaffung der Abgeltungsteuer lediglich die Zinseinkünfte der Steuerpflichtigen mit hohen Einkommen, weil bei einer Rückkehr zur persönlichen Besteuerung nur für diese Kapitaleinkünfte der Einkommensteuersatz bei hohen steuerpflichtigen Einkommen deutlich höher liegt als 25 Prozent. Zinseinkünfte spielen aber bei sehr hohen Einkommen eine relativ geringe Rolle. Bei Dividenden und Veräußerungsgewinnen würde dagegen der Großteil der Steuerpflichtigen entlastet und die Steuerpflichtigen mit den sehr hohen Einkommen nur geringfügig belastet werden. Denn bei diesen Einkünften würde bei der Rückkehr zur persönlichen Besteuerung das „Teileinkünfteverfahren“ gelten, das diese Einkünfte nur mit einem Besteuerungsanteil von 60 Prozent in das steuerpflichtige Einkommen einbezieht. Damit soll die Vorbelastung mit Unternehmensteuern ausgeglichen werden. Dieses Verfahren – in Verbindung mit der Möglichkeit zum Abzug von Werbungskosten – führt dazu, dass Steuerpflichtige in den obersten Einkommensperzentilen nur sehr moderat belastet würden.
Insgesamt würde die Reform zu Mindereinnahmen führen. Erst wenn die Zinsen wieder steigen, könnten sich moderate Mehreinnahmen ergeben. Dies würde vor allem Sparer und Sparerinnen mit mittleren und höheren Einkommen treffen, deren Kapitaleinkünfte hauptsächlich aus Zinsen bestehen.
Wenn man statt einer Rückkehr zur persönlichen Besteuerung den Abgeltungsteuersatz auf 28, 30 oder 32 Prozent anheben würde, würden sich Mehreinnahmen in Höhe von 0,9, eineinhalb oder zwei Milliarden Euro pro Jahr ergeben. Diese würden nur die Steuerpflichtigen im obersten Einkommensdezil belasten. Auf der anderen Seite könnten sich die Investitionsanreize in Deutschland verringern, wenn Dividenden und Veräußerungsgewinne einschließlich der Vorbelastung mit Unternehmensteuern mit über 50 Prozent belastet würden. Dies wäre auch bei einer möglichen Erhöhung des Besteuerungsanteils im Teileinkünfteverfahren auf über 60 Prozent der Fall.
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