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(Vorläufige) Zinssätze veröffentlicht: Übergangsregelungen zur Abzinsung von Rückstellungen

14.10.2009  — Dirk J. Lamprecht.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Zinssatz, nach dem Rückstellungen i.S.d. § 249 HGB n.F. abzuzinsen sind, ist nunmehr von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht worden.

Rückstellungen sind nach neuem Recht mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen, d.h. künftige Preis- und Kostenerwartungen werden am Bilanzstichtag bei der Rückstellungsbemessung einfließen. Der so ermittelte Betrag ist bei einer Laufzeit von mehr als einem Jahr abzuzinsen. Daher ergibt sich einerseits ein höherer Rückstellungsbetrag, der andererseits durch die verpflichtende Abzinsung vermindert wird.

Liegt eine Rückstellung in Form einer Fremdwährungsverpflichtung vor und weicht der Marktzins wesentlich vom vorgegebenen Zinssatz ab, so kann dieser selbst ermittelt oder von privaten Anbietern bezogen und verwendet werden (Begr. BilMoG-RegE (Fn. 5) S. 119).

Damit die Entwicklung des Bilanzpostens "Rückstellungen" für den Abschlussadressaten transparenter wird, ist es sinnvoll, einen Rückstellungsspiegel zu erstellen (Vgl. IAS 37.84 ff.). In dem Rückstellungsspiegel werden die Auswirkungen aus der Ab- und Aufzinsung gesondert darstellt.

Beispiel: Rückstellung für Rückbauverpflichtung aus langfristigem Pachtvertrag

Die Laufzeit des Pachtvertrags beträgt 20 Jahre. Die erwarteten Kosten für den Rückbau betragen nach aktuellem Preisniveau 100.000 Euro, aufgrund des zu erwarteten künftigen Preisniveaus 120.000 Euro. Der Zinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB n.F. beträgt 4 Prozent p.a. Der Pachtvertrag wird am 1.1.2010 mit sofortiger Wirkung geschlossen.


Bilanzierung vor BilMoG:

Nach altem Recht hätte der Kaufmann jährlich 5.000 Euro in die Rückstellung eingestellt (100.000 Euro: 20 Jahre = 5.000 Euro/Jahr).

Jährlich wären 5.000 Euro als Aufwand verrechnet worden.

Buchungssatz:

Sonstiger betrieblicher Aufwand an Sonstige Rückstellungen mit 5.000 Euro


Bilanzierung nach BilMoG:

Nach neuem Recht werden jährlich 6.000 Euro in die Rückstellung eingestellt (120.000 Euro : 20 Jahre = 6.000 Euro/Jahr).

Jahr 2010:
6.000 Euro : 1,0419 = 2.847,85 Euro als Zuführungsbetrag zur Rückstellung *

Buchung per 31.12.2010:

2.847,85 Euro Sonstiger betrieblicher Aufwand an Sonstige Rückstellungen

Stand der Rückstellung zum 31.12.2010:

2.847,85 Euro (zum Vergleich: vor BilMoG: 5.000,00 Euro)

Bewertung zum 31.12.2011:

Die aus dem Jahr 2010 vorhandene Rückstellung i.H.v. 2.847,85 Euro unterliegt der Aufzinsung mit 4 Prozent = 113,91 Euro.

Für das Jahr 2011 ist der Rückstellungsbetrag i.H.v. 6.000 Euro : 1,0418 = 2.961,77 Euro als Zuführung zur Rückstellung einzubuchen.

Buchung per 31.12.2011:
  1. 113,91 Euro Zinsaufwand an Sonstige Rückstellungen
  2. 2.961,77 Euro Sonstiger betrieblicher Aufwand an Sonstige Rückstellungen

Stand der Rückstellung zum 31.12.2011:

5.923,53 Euro (2.847,85 + 113,91 + 2.961,77 = 5.923,53) (zum Vergleich: vor BilMoG: 10.000 Euro)

Übergangsregelungen bei Rückstellungen

  • Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB a.F. dürfen nach BilMoG nicht mehr gebildet werden. Ein Wahlrecht (Art. 67 Abs. 3 EGHGB) ermöglicht die (auch nur teilweise) Beibehaltung der zum Übergangszeitpunkt bestehenden Rückstellungen.
  • Bei Nichtausübung des Wahlrechts sind die Rückstellungen erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen einzustellen, unter Beachtung von passiven latenten Steuern.
  • Ausnahme: Die Beträge, die den Rückstellungen im letzten Jahr vor BilMoG zugeführt wurden, müssen erfolgswirksam aufgelöst werden. Damit vermeidet der Gesetzgeber die missbräuchliche Gesetzesauslegung, Art. 67 Abs. 3 Satz 2 EGHGB.
  • Bei Ausübung des Wahlrechts sind die bestehenden Rückstellungen fortzuführen und werden bei Verbrauch bzw. dessen Auflösung in den folgenden Jahren u.U. erfolgswirksam.
  • Zu beachten ist, dass das Wahlrecht nur im Jahr der Umstellung ausgeübt werden kann!
  • Die Bewertung bei Beibehaltung der Rückstellungen richtet sich nach dem HGB a.F., d.h. ohne Abzinsung. Ebenso wenig sind künftige Kosten- und Preissteigerungen zu berücksichtigen. Eine ratierliche Ansammlung darf in den Folgejahren nicht weiter durchgeführt werden.
  • Nach Artikel 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB besteht für sämtliche Rückstellungen, deren Wertansatz aufgrund der geänderten Bewertung von Verpflichtungen an sich gemindert werden müsste, ein Beibehaltungswahlrecht, soweit der Wertminderungsbetrag bis spätestens zum 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste. Hierbei ist der Grundsatz der Einzelbewertung zu beachten. Bei den Ansammlungsrückstellungen umfasst der hypothetische Zuführungsbetrag neben den Effekten aus der Aufzinsung auch die Effekte aus der regulären Ansammlung der Rückstellung.
  • Wird von dem Beibehaltungswahlrecht Gebrauch gemacht, ist der Betrag der Überdeckung im Anhang anzugeben, Artikel 67 Abs. 1 Satz 4 EGHGB. Die Anhangangabe ist jährlich an den Stand der Überdeckung anzupassen.
  • Erhöht sich aufgrund der geänderten Bewertung von Verpflichtungen der Wertansatz der hierfür zu bildenden Rückstellung, ist der erforderliche Zuführungsbetrag sofort aufwandswirksam zu erfassen.

Übergangsregelungen bei Pensionsrückstellungen

  • Ergibt sich ein Zuführungsbetrag, ist dieser erfolgswirksam zuzuführen. Dies kann entweder in einem Einmalbetrag zum Umstellungszeitpunkt oder bis spätestens zum 31.12.2024 in jedem Geschäftsjahr zu mindestens 1/15 erfolgen.
  • Das Beibehaltungswahlrecht, bei dem die Rückstellung beibehalten werden kann, soweit der Wertminderungsbetrag bis spätestens zum 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste, ist in einer Gesamtbetrachtung auf den Posten "Pensionsrückstellungen" bezogen (nicht auf einzelne Zusagen).
  • Wird von dem Beibehaltungswahlrecht Gebrauch gemacht, ist der Betrag der Überdeckung im Anhang anzugeben (Artikel 67 Abs. 1 Satz 4 EGHGB). Die Anhangangabe ist jährlich an den Stand der Überdeckung anzupassen.

Deutsche Bundesbank

Das Bundesministerium für Justiz hat den Entwurf der RückAbzinsV sowie die auf dessen Basis ermittelten, vorläufigen Abzinsungszinssätze zur Verfügung gestellt:

http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zinsen.php#abzinsung

* Bei der Berechnung ist von 19 Jahren Laufzeit auszugehen, da das letzte Jahr der Rückstellungslaufzeit nicht abgezinst wird, § 253 Abs. 2 S. 1 HGB.
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