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Übernahme von Bußgeldern durch Arbeitgeber (Kommentar von Udo Cremer)

04.02.2014  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Sind Bußgelder, die bei Verstoß gegen die Lenk- und Ruhezeiten erhoben werden, als steuerpflichtiger Arbeitslohn einzustufen? Diese Frage klärt unser Experte Udo Cremer.

1. Übernimmt der eine Spedition betreibende Arbeitgeber die Bußgelder, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden sind, handelt es sich dabei um Arbeitslohn

2. Vorteile haben keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Das ist der Fall, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Ein rechtswidriges Tun ist keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung.

Die Klägerin betreibt eine internationale Spedition. Sie hatte Bußgelder, die gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzt worden waren, für ihre Fahrer bezahlt, ohne dafür Lohnsteuer einzubehalten. Das FA erließ daraufhin im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung einen Nachforderungsbescheid, nachdem die Klägerin beantragt hatte, die insoweit streitigen Beträge nach § 40 Abs. 1 EStG nach Durchschnittssätzen zu versteuern. Die gegen den Nachforderungsbescheid erhobene Klage hat das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 518 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Die Klägerin wendet sich dagegen mit der Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts; sie beantragt, das Urteil des FG Köln vom 22.9.2011 und die Einspruchsentscheidung des FA vom 25.2.2010 insgesamt sowie den Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 27.1.2009 insoweit aufzuheben, als diese einen Betrag von 5.274,41 EUR übersteigen.

Die Revision ist unbegründet (BFH-Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Zahlung der gegen die Arbeitnehmer der Klägerin verhängten Bußgelder durch die Klägerin bei deren Arbeitnehmern zu Arbeitslohn führt. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind u.a. solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.

Der erkennende Senat bejaht in ständiger Rechtsprechung ein solches ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse, wenn im Rahmen einer im Wesentlichen den FG als Tatsacheninstanz obliegenden Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen der Zuwendung zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung.

Dementsprechend hat das FG das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin zu Recht im Wesentlichen damit verneint, dass es nicht darauf gerichtet sein könne, generell die Fahrer anzuweisen, Lenk- und Ruhezeiten zu überschreiten, so dass dementsprechende Weisungen des Arbeitgebers unbeachtlich seien. Weiter hat es im Rahmen der Gesamtwürdigung zu Recht ebenfalls berücksichtigt, dass es angesichts der gegen einzelne Fahrer verhängten Bußgeldbescheide über rund 2.950 € und 3.640 € nicht nur gelegentliche und geringfügige Verstöße waren.


Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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