Gleichstellungspolitik: EU im Stillstand

06.01.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Deutscher Frauenrat.

Aus Brüssel kommen zum Jahresende keine guten Nachrichten: Die von vielen geforderte Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2016 – 2020 ist nicht in Sicht. Auch eine EU-Richtlinie zur Förderung von Frauen in Führungspositionen ist nicht vorangekommen.

Letzte Hoffnungen für ein Einlenken der EU-Kommission hinsichtlich der Gleichstellungsstrategie gab es am 14. Dezember. Da trat die für Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin Vera Jourová zu diesem Thema vor dem Europäischen Parlament auf. Doch Jourová, keine Verfechterin einer neuen Strategie, verteidigte dort das geplante Arbeitspapier ihres Hauses für die Kommissionsdienststellen als ausreichend. Eine neue verbindliche Strategie sei nicht notwendig, um die Gleichstellung in der EU voranzubringen.

Alle Hoffnung auf niederländische Ratspräsidentschaft

Das sieht die Mehrheit des Europäischen Parlaments ganz anders: Anders als ein Arbeitspapier signalisiere eine als „communication“ deklarierte Strategie, dass die gesamte Kommission sie verabschiedet habe und damit Verbindlichkeit. Diese habe daher einen sehr viel höheren symbolischen Wert, so heißt es aus Kreisen der Europaabgeordneten. Eine ernsthafte Diskussion zwischen der gleichstellungspolitisch eher unwilligen EU-Kommissarin und dem Parlament gab es aus Zeitgründen nicht.

Was bleibt? Die Hoffnung auf die Niederlande, die ab 1. Januar 2016 turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft für sechs Monate übernehmen werden. Sie wollen das Thema Gleichstellungsstrategie auf der Tagesordnung halten.

Deutschland hält EU-weite Einführung einer Frauenquote auf

Stillstand auch bei der EU-Richtlinie zur Förderung von Frauen in Führungspositionen. Bei der Sitzung des EU-Sozialrats am 7. Dezember fand ein Kompromissvorschlag der luxemburgischen Präsidentschaft keine Mehrheit. Deutschland forderte eine weitere Prüfung, was faktisch eine Enthaltung bedeutete.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) kritisierte die Entscheidung. „Dass Deutschland der EU-Richtlinie zur Förderung von Frauen in Führungspositionen nicht zustimmt, sondern sich enthält, ist eine vertane Chance und aus meiner Sicht ein Fehler“, sagte sie. Aus Regierungskreisen hieß es, in der Koalition habe es keine Einigung gegeben. Warum Deutschland hier weiter auf der Bremse steht, ist nicht nachvollziehbar. Denn mit seinem neuen Gesetz für eine Frauenquote in Aufsichtsräten erfüllt es bereits alle Voraussetzungen für die geplante EU-Richtlinie, Nachbesserungen wären nicht notwendig. Da fast alle EU-Mitgliedsstaaten sich dafür ausgesprochen haben, steht die EU-Richtlinie zur Förderung von Frauen in Führungspositionen noch auf dem Arbeitsprogramm der Kommission und ist noch nicht zurückgezogen worden. Ein Schicksal, das erst in diesem Jahr der geplanten EU-Mutterschutzrichtlinie widerfahren ist, nachdem sie jahrelang abgeblockt worden war - unter anderem von Deutschland.




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