Gender Pay Gap: nicht größer – aber auch nicht kleiner!

25.01.2024  — Samira Sieverdingbeck.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Im langfristigen Vergleich ist der Gender Pay Gap geschrumpft. Ein Gewinn? Naja, denn seit drei Jahren liegt er unverändert bei 18 Prozent. Das Statistische Bundesamt hat die aktuellen Zahlen für 2023 veröffentlicht und wir werden einen Blick darauf.

Bereinigt, unbereinigt – was war das nochmal?

Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht ausschließlich den absoluten Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen. Andere relevante Einflussfaktoren, wie Erfahrung, Qualifikation oder Stundenanzahl werden nicht berücksichtigt.

Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen betrachtet den Lohnunterschied, der unter vergleichbaren Bedingungen besteht. Das bedeutet, es handelt sich um Männer und Frauen in vergleichbaren Positionen, mit vergleichbarem Bildungsweg und ähnlicher Berufserfahrung.

Gender Pay Gap

Die Zahlen

2023 2022 2006
Unbereinigter Gender Pay Gap 18 % 18 % 23 %
Im Osten Deutschlands 7 % 7 % 6 %
Im Westen Deutschlands 19 % 19 % 24 %
Bereinigter Gender Pay Gap 6 % 7 % 8 %

Das Statistische Bundesamt nennt verschiedene Gründe, die fast zwei Drittel des unbereinigten Gender Pay Gaps erklären. Somit arbeiten Frauen deutlich häufiger in Teilzeit oder sind geringfügig beschäftigt, womit häufig auch ein geringerer Stundenlohn einher geht. Außerdem arbeiten Frauen im Allgemeinen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus in denen schlechter bezahlt wird.

Die Rechtsanwältin und Gleichstellungsexpertin Ulrike Schulz schreibt im Handbuch dasGleichstellungswissen passend zu dem Thema: „Je ‚weiblicher‘ ein Beruf ist, desto größer ist die Gefahr, dass das Einkommen niedrig ist, gekoppelt mit schlechteren Arbeitsbedingungen und vor allem auch geringerer gesellschaftlicher Anerkennung.

Diese Tatsache wirkt sich auf ökonomischer Ebene negativ aus und ist gleichzeitig auf gesellschaftlicher Ebene erschreckend. Vielmehr noch, da Frau Schulz anfügt: „Einkommensunterschiede zu Gunsten von Männern sind aber auch dann zu verzeichnen, wenn Frauen Männerberufe ausführen oder Männer in Frauenberufen arbeiten.

Dies bestätigt der bereinigte Gender Pay Gap. Die vom unbereinigten Wert übrigbleibenden 6 Prozent zeigen, dass einige Frauen auch dann weniger Gehalt erhalten, wenn ihre Position, ihr Bildungsweg und ihre Erfahrung vergleichbar mit der eines männlichen Kollegen sind.

Gehaltsknick durch Familienzeit?

Das Statistische Bundesamt weist darauf hin, dass „die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stünden“. Dazu zählen sie zum Beispiel „Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen“.

Bezüglich der Elternschaft zeigt der Bericht doch auch jetzt schon spannende Erkenntnisse. Durchschnittlich sind Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes rund 30 Jahre alt. Ab diesem Alter stagniert das Wachstum ihres Gehalts. Bei Männern hingegen steigt es auch nach dem dreißigsten Geburtstag noch stetig. Die Wachstumsflaute beim Gehalt der Frauen könnte sich also dadurch erklären, dass Frauen „im Laufe ihres Erwerbslebens familienbedingt häufiger ihre Karriere unterbrechen und in Teilzeit arbeiten,“ so das Statistisch Bundesamt. „Karrieresprünge und Lohnerhöhungen werden für Frauen somit seltener.“

Fazit

Der Bericht des Statistischen Bundesamts zeigt weiterhin – oder viel treffender immer noch – großen Handlungsbedarf beim Thema Gender Pay Gap. Das betrifft auf der einen Seite das tatsächliche Gehalt, dass Unternehmen auszahlen. Denn für gleiche Arbeit, sollte gleich bezahlt werden. Jedoch adressiert das nur den bereinigten Gender Pay Gap. Der unbereinigte zeigt hingegen, dass Berufe, die primär von Frauen ausgeübt werden, immer noch schlechter bezahlt sind. Er zeigt, dass Frauen höchstwahrscheinlich auch weniger verdienen, weil sie Kinder bekommen und sich um diese oder Angehörige kümmern.

Das verdeutlicht erneut, dass die gesellschaftlich und familiendynamisch so wichtige Care-Arbeit, deutliche Nachteile für Frauen hat. Schließlich ist der dadurch resultierende Erwerbsverlust ein wichtiger Faktor für die stark vermehrte Altersarmut bei Frauen gegenüber Männern. Die Vermächtnisstudie 2023 zeigte, dass selbst in heterosexuellen Paarbeziehungen, in denen beide Vollzeit arbeiten, die Frauen nach wie vor den Hauptanteil der Care-Arbeit übernimmt.

Der Gender Pay Gap zeigt mit seinen wenigen Zahlen wichtige Probleme auf: die schlechtere Reputation und Bezahlung von „weiblichen“ Berufen, Karriereknicks und schlechtere Gehälter bei Frauen ab 30. Diese Erkenntnisse sollten gesellschaftliche Diskussionen und Veränderungen anstoßen und letztlich zu mehr Gleichstellung führen. Im Allgemeinen lässt sich über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen für die gleiche Arbeit jedoch auch ohne Diskussion ein Urteil fällen: Wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil es 2023 treffend formulierte, ist das eindeutig „ökonomischer Unsinn“!

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Bild: Yan Krukov (Pexels, Pexels Lizenz)

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