Frauen, die Geschichte machen: Olympe de Gouges

02.05.2019  — Markus Hiersche.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein geflügelter Ausspruch besagt: „Männer machen Geschichte“. Dass das zu kurz gegriffen ist, zeigt unsere Reihe „Frauen, die Geschichte machen“. Erleben Sie Frauen, die den Mut hatten, für Ihre Überzeugungen einzutreten – und so die Welt veränderten. Heute: Olympe de Gouges (1748-1793).

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – aber nicht für alle

„Frau, erwache! Der mahnende Ruf der Vernunft erschallt im ganzen Universum. Erkenne deine Rechte!“ Mit eindringlichen Worten mahnt Olympe de Gouges ihre Geschlechtsgenossinnen in der Postambel ihrer wohl wichtigsten Schrift, der „Erklärung der Menschenrechte für die Frau und Bürgerin“, 1791 zum Kampf für gleiche Rechte für Frauen.

Der Anlass war eine sich abzeichnende politische Fehlentwicklung: Nur zwei Wochen zuvor hatte die revolutionäre französische Nationalversammlung die Verfassung einer konstitutionellen Monarchie erlassen und in ihr die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ verankert. Das Problem daran war, dass das viel beschworene und allen versprochene Mantra „Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit“ nur für Männer galt, nicht für Frauen. Denn trotz ihrer wesentlichen Rolle in der Französischen Revolution verwehrte ihnen die rein von Männern besetzte Nationalversammlung nach dem Sieg über Aristokratie und Ständegesellschaft grundlegende Rechte: Als mündige Bürger waren nur Männer definiert. Wahlrecht, Eigentumsrechte und weitere Selbstbestimmungsrechte waren dem weiblichen Teil der französischen Gesellschaft daher verwehrt.

Kein Subjekt: Der „natürliche Geschlechtscharakter“ der Frau

Das ist kein Zufall. Denn selbst im auf dem ersten Blick so fortschrittlichem „Zeitalter der Aufklärung“ blieben Frauen Menschen zweiter Klasse. Ursächlich daran sei nach Ansicht führender Aufklärer der "natürliche Geschlechtscharakter" der Frau. Danach wurde Frauen kein Subjekt-Status anerkannt – sie galten als unmündige, nicht autonome Menschen, über die ein Mann eine Geschlechtsvormundschaft auszuüben hatte. Letztlich bedeutete dies für Frauen die Verbannung ins Haus, da das Öffentlich-Politische „naturgemäß“ Männern vorbehalten blieb.

Erklärung der Menschenrechte für die Frau und Bürgerin

Dagegen wehrte sich die in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Olympe de Gouges, die sich im Selbststudium Lesen und Schreiben beibrachte, in der Präambel zur „Erklärung der Menschenrechte für die Frau und Bürgerin“ scharf:

„Mann, bist du fähig gerecht zu sein? Eine Frau stellt dir diese Frage (…) Sag an, wer hat dir diese selbstherrliche Macht verliehen, mein Geschlecht zu unterdrücken (…) Blind und aufgeblasen (…) fällt der Mann in diesem Jahrhundert der Aufklärung und Vernunft in gröbste Unwissenheit zurück und glaubt, despotisch über ein Geschlecht verfügen zu können, das alle intellektuellen Fähigkeiten besitzt.“

In siebzehn Artikeln, die sich an der „Erklärung der Menschenrechte“ orientierten und die sie der Nationalversammlung vorlegte, klagte de Gouges gleiche Rechte für Frauen ein. „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten“, lautet Artikel Eins ihrer Deklaration. Überhaupt ruhe, so Artikel drei, die Staatsgewalt in der Nation, „nichts anderes ist als die Wiedervereinigung von Frau und Mann“. In Artikel sieben hält sie deshalb auch eindeutig fest, dass Sonderrechte für Frauen nicht statthaft sind und in Artikel zehn erklärt sie fast prophetisch: „Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen; sie muss gleichermaßen das Recht haben, die Tribüne zu besteigen“.

Bei den männlichen Revolutionären dringt sie mit ihrer politischen Schrift jedoch nicht durch – sie lehnen das Ansinnen der unbequemen de Gouges ab. Zu revolutionär erscheint der Schritt, die potentiell gefährliche de Gouges wird den Revolutionären zunehmend ein Dorn im Auge.

Der „Terror“ greift um sich: Tod auf dem Schafott

Als de Gouges sich gegen die sich abzeichnende Terrorherrschaft der Jakobiner äußert und in einer weiteren Schrift, „Die drei Urnen“, eine Volksabstimmung über die mögliche Staatsform Frankreichs (Republik, Monarchie oder Girondismus) fordert, wird sie festgenommen und vor ein Revolutionsgericht gestellt. Das Urteil fiel, wie zu erwarten, gegen die französische Frauenrechtlerin aus: Sie wurde wegen „Anschlag auf die Volkssouveränität“ zum Tode verurteilt am 3. November 1793 auf der Place de la Concorde durch die Guillotine hingerichtet.

Lange Zeit vergessen, wurde de Gouges erst im 19. Jahrhundert von Suffragetten und in den 1970ern im Zuge der neuen Frauenbewegung als Vorkämpferin wiederentdeckt. Seitdem hat sie ihren verdienten Platz in der Erinnerungskultur Frankreichs – und in der europäischen Frauenrechtsgeschichte.

Quellen und Hintergründe





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