Queeres Leben gilt ab heute in Russland als Extremismus

25.01.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Lesben- und Schwulenverband (LSVD).

Am 30. November 2023 hat der Oberste Gerichtshof Russlands die sogenannte “internationale LGBT-Bewegung” als extremistisch eingestuft und ihr jegliche Aktivitäten verboten – dieses Urteil tritt heute in Kraft. Beschuldigten drohen insbesondere Strafverfahren, die voraussichtlich bis zu zwölf Jahren Gefängnis vorsehen.

Bereits unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes kam es zu ersten Razzien an Community-Orten. Zusätzlich häufen sich Berichte über Erpressungen, Kündigungen, Drohungen und Angriffe, die die Betroffenen nicht anzeigen können. Dazu erklären Lesben- und Schwulenverband (LSVD), Quarteera, Equal PostOst und ILGA Europe gemeinsam:

Ein sicheres Leben für queere Menschen war de facto in Russland bereits in der Vergangenheit nicht möglich. Hassgewalttaten gegen LSBTIQ* werden nicht aufgeklärt. Der öffentliche Raum wird von Hassreden gegen LSBTIQ* bestimmt. Mit der letzten Entscheidung des Gerichtshofes setzt Russland seine LSBTIQ*-feindliche Politik fort. Es findet Stück für Stück eine Rekriminalisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt statt. Deswegen fordern wir die Bundesregierung, aber insbesondere Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser, dringend dazu auf, verfolgte und besonders schutzbedürftige LSBTIQ* aus Russland aufzunehmen. Dies ist gemäß dem Aktionsplan “Queer leben” der Bundesregierung und den Leitlinien für eine feministische Außenpolitik dringend geboten.

Die Einstufung als eine extremistischen Organisation und Bewegung eröffnet die Grundlage für eine willkürliche staatliche Verfolgung von LSBTIQ* Personen und Unterstützer*innen. Das Urteil trifft einen unbestimmten Personenkreis, darunter nicht nur Mitglieder von LSBTIQ* Organisationen, Aktivist*innen und Journalist*innen, sondern auch Personen, die schlicht Teil der LSBTIQ* Community sind, mit dieser sympathisieren oder auch dafür gehalten werden. Dieses Urteil ist eine menschenrechtliche Bankrotterklärung, da es eine strafrechtliche Verfolgung von Einzelpersonen ermöglicht – aufgrund ihrer (vermeintlichen) Zugehörigkeit.

Zum Hintergrund:

Bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurden die Menschenrechte von LSBTIQ* immer weiter eingeschränkt. Dazu zählen das sog. „Anti-Propaganda-Gesetz“, das durch die Duma im Januar 2013 auf den Weg gebracht und im Jahr 2022 zusätzlich verschärft wurde. Im Juli 2023 verabschiedete die Duma das trans*feindliche Gesetz, das zusätzlich in die individuellen Freiheitsrechte von trans*Personen eingreift. Insbesondere trans*Personen, die bereits eine Personenstandsänderung durchgeführt haben, sind dem Staat bekannt und daher eine leichte Zielscheibe. Als stellvertretendes Symbol für den “Westen” und seine Werte wird die LSBTIQ* Community zur Zielscheibe von Politik und Justiz Russlands gemacht.

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Bild: Pavel Danilyuk (Pexels, Pexels Lizenz)

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