Deutschland hat ein Rassismus-Problem

29.03.2023  — Samira Sieverdingbeck.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Internationale Tag gegen Rassismus findet jährlich am 21. März statt. Anlass genug, um einen Blick auf die Lage in Deutschland zu werfen. Auch hier gehören rassistische Erfahrungen für viele Menschen nach wie vor zur Realität, das zeigt die Studie „Rassistische Realitäten“.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus besuchte dieses Jahr den Verein GePGeMi. Die Gesellschaft für Psychosoziale Gesundheitsförderung bei Migrantengruppen unterstützt im Besonderen Menschen aus dem ostasiatischen Kulturraum. Diese waren besonders während der Corona-Pandemie massiven Anfeindungen ausgesetzt. Das Modellprojekt „Asiat*innen aktiv“ soll zivilgesellschaftliches Engagement fördern und Rassismuserfahrungen sichtbar machen.

Rassismus ist Realität

Die im Mai 2022 erschienene Studie „Rassistische Realitäten“ zeigt die traurige Präsenz von Rassismus in Deutschland. Die Studie verdeutlicht dadurch die Dringlichkeit von antirassistischen Projekten und Maßnahmen. 90 % der Befragten stimmten der Aussage zu, dass es Rassismus in Deutschland gibt. Wir schauen nochmal auf die Zahlen und Fakten: Rassismus ist Realität – Wie schlimm ist es?

Wer kommt mit Rassismus in Berührung?

In Deutschland haben 22 % der Gesamtbevölkerung Rassismus schon einmal selbst erfahren. 49 % der Befragten gibt an, mindestens eine Person zu kennen, die von eigenen rassistischen Erfahrungen berichtet. 45 % geben an, schon einmal einen rassistischen Vorfall beobachtet zu haben. Menschen, die sich selbst zu Gruppen zählen, die potenziell von Rassismus betroffen sind, geben deutlich häufiger an, Rassismus erfahren zu haben (58 %). Auf folgende Gruppen wurden für die Studie der Fokus gelegt: „Schwarze Menschen, Muslim*innen, Asiat*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Jüdinnen und Juden sowie Osteuropäer*innen“. Insgesamt haben nur 35 % der Bevölkerung angegeben, noch nie Rassismus erlebt oder beobachtet zu haben.

Rassistische Vorurteile sind nach wie vor weit verbreitet: 49 % der Befragten geben an, an die Existenz menschlicher „Rassen“ zu glauben. Besonders ältere Befragte (61 % der über 65-Jährigen) glauben an besagte „Rassen“. Auch Vorurteile über die Zielstrebigkeit oder sogar den generellen Wert bestimmter ethnischer Gruppen halten sich hartnäckig bei ca. einem Drittel der Bevölkerung. Nichtsdestotrotz gaben 65 % der Befragten an, dass es falsch sei den Begriff „Rasse“ im menschlichen Kontext zu verwenden.

Antirassismus

Innerhalb der letzten fünf Jahre haben fast die Hälfte der Befragten (47 %) mindestens einmal einer rassistischen Äußerung widersprochen zu haben. „Ein Großteil der Bevölkerung ist potenziell bereit, sich auf verschiedene Weise gegen Rassismus zu engagieren“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Dieser Großteil beläuft sich auf 70 % – insgesamt ein positiver Ausblick. Wer schon einmal Rassismus (mit-)erlebt hat, ist außerdem motivierter, Maßnahmen gegen Rassismus zu ergreifen.

Antirassistischen Handlungen?

Die Studie erfasst vier Formen von antirassistischen Handlungen: die Teilnahme an Demonstrationen, Widerspruch bei rassistischen Aussagen, Unterschriftenaktionen gegen Rassismus und das Spenden an antirassistische Organisationen. Der Widerspruch gegen rassistische Aussage oder Sprache erhält von den Befragten am meisten Zuspruch. Insgesamt sind auch die anderen Handlungen potenziell für die Befragten interessant, jedoch werden wenige tatsächlich aktiv. 18,2 % der Befragten unterschrieben innerhalb der letzten fünf Jahre eine Unterschriftensammlung gegen Rassismus, doch weitere 48,6 % wären laut der Studie bereit dazu. Ähnlich groß ist der Unterschied bei tatsächlich Demonstrierenden (8,5 %) gegenüber Personen, die bisher nur in Betracht, ziehen zu einer Demonstration zu gehen (34 %).

Rassismus ist Realität – Und es ist schlimm!

Anfang des Jahres stellte die Integrationsbeauftragte und Beauftragte für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan, den „Lagebericht Rassismus“ vor. Die Ministerin berichtet darin ehrlich, „dass Rassismus in seinen Ausprägungen viel zu lange verschwiegen, als Phänomen der Vergangenheit abgetan oder auf extremistische, neonazistische Kreise enggeführt wurde.“ Die Bundesregierung wolle sich nun für „mehr Respekt, direkte Unterstützung, Prävention und konsequentes Ahnden von Rassismus“ einsetzen.

Für Bürgerinnen und Bürger ist es oft am realistischsten, mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen, rassistischen Aussagen zu widersprechen und dort, wo es gefahrlos möglich ist, sich für Opfer von Rassismus stark zu machen. Bis zum 02.04.2023 läuft deutschlandweit die Internationale Woche gegen Rassismus, dieses Jahr unter dem Motto „Misch dich ein“. Auch die Stiftung gegen Rassismus informiert regelmäßig über Aktionen.

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