Neue Rechtsprechung: Umzugskosten wegen Homeoffice – Teil 2

20.09.2023  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Umzugskosten können steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Alternativ kann der Arbeitgeber die Umzugskosten steuerfrei ersetzen. Doch wie sieht es beim Homeoffice aus? Lesen Sie hier den zweiten Teil des Fachartikels von Volker Hartmann.

Sie kennen den ersten Teil dieses Fachartikels noch nicht, weil Sie die letzte Ausgabe verpasst haben – oder möchten Ihre Erinnerung noch einmal auffrischen? Dann fangen Sie hier in Ihrer Newsletterausgabe 37/2023 mit dem Lesen an.

Urteil Finanzgericht Hamburg vom 23.02.23 – 5 K 190/22

Werbungskosten liegen grundsätzlich immer dann vor, wenn diese durch den Beruf veranlasst sind. In diesem Zusammenhang muss nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein objektiver Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Beruf bestehen. Die Aufwendungen müssen subjektiv zur Förderung des Berufs bestimmt sein. Bei Aufwendungen, die auch privater Natur sein können, kann hingegen das Fehlen der Üblichkeit, Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ein Anzeichen dafür sein, dass die Aufwendungen aus privaten Gründen getätigt wurden.

Umzugskosten stellen zwar grundsätzlich steuerlich nicht abziehbare Kosten der allgemeinen Lebensführung dar. Die Aufwendungen können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist und private Gründe eine untergeordnete Rolle spielen.

Das Finanzgericht stellte klar, dass im hier streitigen Sachverhalt eine gewisse private Mitveranlassung gegeben ist, weil die Einrichtung eines abgeschlossenen Arbeitszimmers in der neuen Wohnung zur ungestörten Nutzung des ansonsten mit der Arbeitsecke belasteten Wohnraums führe. Eine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs ist hingegen nicht eingetreten.

Wesentliche Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen

Das Finanzgericht ist jedoch nach dem Gesamtbild der Verhältnisse davon überzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen geführt und der Umzug eine ungestörte Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Arbeitnehmer ermöglicht hat. Die Wohnung weicht nicht vom bisherigen Standard ab. Daher bestünde auch kein Anlass zur Annahme, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen. Im Gegenteil, denn statt einer Terrasse mit Zugang zum Gemeinschaftsgarten steht den Arbeitnehmern in der neuen Wohnung lediglich ein Balkon mit einer entsprechenden schlechteren Nutzbarkeit zur Verfügung.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem hier streitigem Sachverhalt um einen Einzelfall handelt und die Finanzverwaltung grundsätzlich nicht an die Rechtsprechung eines Finanzgerichts gebunden ist. Nur höchstrichterliche BFH-Rechtsprechung entfaltet Bindungswirkung für die Finanzverwaltung, und das auch nur, nachdem das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurde.

Revision beim Bundesfinanzhof

Das Finanzamt hat inzwischen Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg eingelegt. Daher ist der streitige Sachverhalt beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 3/23 anhängig. Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.

Auswirkungen für die Praxis

Der hier streitige Sachverhalt betrifft eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmern und ihrem Finanzamt, weil Werbungskosten im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht wurden.

Für den Arbeitgeber ergeben sich im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Auswirkungen, wenn er die seinen Arbeitnehmern entstandenen Werbungskosten steuerfrei erstattet. Im Zeitalter des Fachkräftemangels rückt die Erstattung von Werbungskosten durch den Arbeitgeber zunehmend in den Focus. Soweit das Finanzamt die berufliche Veranlassung des Umzugs nicht anerkennt, führt die Übernahme der Umzugskosten zu steuer- und beitragspflichtigem Arbeitslohn. Der Arbeitgeber haftet gegenüber dem Finanzamt für die nicht ordnungsgemäß einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.

Daher ist es empfehlenswert, bereits im Vorfeld einer Lohnsteueraußenprüfung den Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Weil ein Umzug in eine andere Wohnung in einer Vielzahl von Fällen nicht nur privat, sondern auch beruflich veranlasst ist, ist vom Arbeitgeber der Nachweis zu erbringen, dass der Umzug aus ganz überwiegend beruflichen Gründen erfolgt und eine private Mitveranlassung allenfalls von untergeordneter Bedeutung ist.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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Bild: Sora Shimazaki (Pexels, Pexels Lizenz)

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