Steuerrecht: Urlaubsrückstellungen

20.07.2017  — Arno Scherfer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Arno Scherfer erklärt, was steuerrechtlich bei der Rückstellung von Urlaub zu beachten ist.

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Aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz sind Urlaubsrückstellungen als ungewisse Verbindlichkeiten – mangels abweichender steuerrechtlicher Vorschriften – auch in der Steuerbilanz auszuweisen.

1 Anwendungsbereich

Steuerpflichtige, die aufgrund der handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung und damit zur Bilanzierung verpflichtet sind, müssen diese Pflichten auch für das Steuerrecht erfüllen.

2 Ansatz dem Grunde nach

Für rückständige Urlaubsverpflichtungen sind gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz Rückstellungen zu bilden.

3 Ansatz der Höhe nach

Urlaubsrückstellungen sind in der Steuerbilanz nach der Grundregel des § 6 Abs. 1 Nummer 3a EStG zu bewerten.

Nach Auffassung des BFH handelt es sich um eine Geldschuld, deren Höhe sich danach richtet, was der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte, BFH-Urteil vom 10. März 1993, BStBl II, S. 446. Damit können nur folgende Beträge in die Berechnung einbezogen werden: Bruttoentgelt, Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, das Urlaubsentgelt und lohnabhängige Nebenkosten unter Beachtung der Preisverhältnisse am Bilanzstichtag.

Im Ergebnis kann es zu unterschiedlichen Ansätzen in der Handels- und Steuerbilanz kommen und damit latente Steuern auslösen; i.d.R. aktive latente Steuern. Siehe hierzu auch den Beitrag → Latente Steuern.

Zu beachten sind die Besonderheiten in der Bauwirtschaft: DStR 1993, S. 661.

Urlaubsrückstellungen gehören zu den innerhalb von zwölf Monaten zu erfüllenden Verpflichtungen und sind daher – wie in der Handelsbilanz – auch in der Steuerbilanz nicht abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG).

4 Beispiel

Grundlage zur Berechnung von Urlaubsrückstellungen sind im Regelfall statistische Unterlagen der Personalabteilungen wie z.B. Jahresentgelte laut Lohn- und Gehaltskonten sowie Urlaubskarteien, aus denen das jeweilige Tagesentgelt abgeleitet wird und mit der Anzahl der noch nicht genommenen Urlaubstage multipliziert wird.

Im Gegensatz zum Handelsrecht, bei dem nur 220 Jahresarbeitstage zugrunde gelegt werden dürfen, sind für die Steuerbilanz aufgrund der BFH-Rechtsprechung 250 Jahresarbeitstage zugrunde zu legen. Dies führt dazu, dass in der Steuerbilanz der zulässige Rückstellungsbetrag kleiner ist als in der Handelsbilanz.

In die Urlaubsrückstellungen einzubeziehen sind neben dem Bruttoarbeitsentgelt auch die gesetzlichen und freiwilligen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Nicht einzubeziehen sind Zahlungen für vermögenswirksame Leistungen, Weihnachtsgelder, Tantiemezahlungen, Zuführungen zu Pensionsrückstellungen und ähnliche Sondervergütungen.

Berechnung einer Urlaubsrückstellung in der Steuerbilanz

Resturlaubsansprüche der Mitarbeiter der X-GmbH aus dem Jahr 2010
(Auf der Basis von 250 Arbeitstagen pro Jahr = Ansatz für die Steuerbilanz)

Tage

Brutto

Rückstellung

Frau N.

20,00

2.600,00 Euro

2.496,00 Euro

Frau H.

2,00

2.500,00 Euro

240,00 Euro

Frau L.

16,5

2.914,36 Euro

2.308,17 Euro

Frau P.

19,5

2.500,00 Euro

2.340,00 Euro

Herr K.

142,5

2.812,10 Euro

19.234,69 Euro

Zwischensumme

26.618,86 Euro

21 Prozent Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung

5.589,96 Euro

Zu bildende Gesamt-Urlaubsrückstellung für 2010 nach Abrundung auf volle 100 Euro

32.200,00


Die Arbeitgeberanteile setzen sich hier z.B. wie folgt zusammen:

Durchschnittssatz Krankenversicherung

7,75 Prozent

Pflegeversicherung

0,85 Prozent

Rentenversicherung

9,75 Prozent

Arbeitslosenversicherung

2,50 Prozent

Summe

20,85 Prozent = gerundet 21 Prozent


BFH-Beschluss vom 6. Oktober 2006 – IB 28/06 (NV)

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern führt die Abgeltung von für mehrere Jahre aus betrieblichen Gründen nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaub nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

BFH-Beschluss vom 29. Januar 2008 – IB 100/07 (NV)

Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei der Berechnung von Urlaubsrückstellungen das Jahresgehalt durch die Zahl der regulären Arbeitstage – ohne Berücksichtigung von Urlaubstagen – geteilt wird und mit der Zahl der ausstehenden Urlaubstage multipliziert wird. Durch diesen BFH-Beschluss wird die bisherige BFH-Rechtsprechung, insbesondere die BFH-Urteile vom 8. Juli 1992, vom 10. März 1993 und vom 6. Dezember 1995, bestätigt.

Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juni 2009 – 12 V 12238/08

Ändert sich bei Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr bei einem Mitarbeiter das Gehalt des Vorjahres gegenüber dem Gehalt des laufenden Jahres, ist bei der Berechnung nach Durchschnittswerten nicht vom Durchschnitt der Bezüge während des Wirtschaftsjahres, sondern vom Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Bilanzstichtag auszugehen (§ 11 BUrlG). Vgl. Leitsatz Nummer 2 aus oben genanntem Beschluss.

Stand: 03/2011
Quelle: Verlag Dashöfer GmbH
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