Steuerrecht: Abschlagszahlung

20.07.2017  — Ulrike Fuldner.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

In diesem Fachartikel erläutert Ihnen unsere Expertin Ulrike Fuldner die Besonderheiten von Abschlagszahlungen in Bezug auf das Steuerrecht.

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Abschlagszahlungen sind Teilzahlungen auf Geldforderungen, die dem Grunde nach schon feststehen, deren endgültige Höhe jedoch u.U. noch nicht bekannt ist.

Abschlagsrechnungen sind Rechnungen, die für bereits ausgeführte Teilleistungen einer Gesamtleistung gestellt werden. Zahlungen auf Abschlagsrechnungen sind beim Empfänger regelmäßig Betriebseinnahmen und beim Zahlungsverpflichteten Betriebsausgaben bzw. Anschaffungskosten. Eine Abschlagsrechnung steht unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, die dann als Schlussrechnung bezeichnet wird.

In der Praxis sind vor allem die Themen Umsatzsteuer bei Abschlagszahlungen und Schlusszahlungen im Rahmen von Werkverträgen von Bedeutung.

Abgrenzungen:

Unter Vorschuss versteht man Zahlungen, die vor jeglicher Leistungserbringung beim Dienstvertrag erbracht werden.

Anzahlungen liegen vor, wenn z.B. bei einem Kaufvertrag der Käufer den Kaufpreis für den Kaufgegenstand schon teilweise oder voll vor der Übergabe der Kaufsache leistet. Es handelt sich dann um eine Vorleistung aus dem Kaufvertrag im Rahmen eines schwebenden Geschäfts; d.h. es ist noch keine Gegenleistung erfolgt.

Auch Steuervorauszahlungen auf die voraussichtliche Jahressteuerschuld werden als Abschlagszahlungen vom Steuerpflichtigen geleistet.

Einige Arbeitgeber leisten Abschlagszahlungen (z.B. in der Baubranche) an ihre Arbeitnehmer. Eine Abschlagszahlung ist in diesem Fall eine Zahlung auf bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Arbeitslohn (Arbeitsentgelt). Abschlagszahlungen können bei schwankenden Bezügen (besonders bei Leistungslohn) vereinbart werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber bei der Lohnsteuer § 39b Abs. 5 EStG beachten. Wenn der Arbeitgeber Abschlagszahlungen zahlt, muss er auch Beiträge zur Sozialversicherung einbehalten und am nächsten Fälligkeitstag abführen.

Im Folgenden wird nur auf praxisrelevante Probleme bei Abschlagszahlungen im Rahmen von Werkverträgen eingegangen.

1 Abschlagszahlungen beim Werkvertrag – Zivilrecht

Jeder Auftragnehmer (z.B. Handwerker) kann von dem Besteller für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung vom Besteller auch nicht verweigert werden (§ 632a BGB).

Die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) regelt, welche Abschlagszahlungen bei Werkverträgen verlangt werden können, die die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand haben, insbesondere

  • wie viele Abschläge vereinbart werden können,

  • welche erbrachten Gewerke hierbei mit welchen Prozentsätzen der Gesamtbausumme angesetzt werden können,

  • welcher Abschlag für eine in dem Vertrag enthaltene Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums angesetzt werden kann und

  • welche Sicherheit dem Besteller hierfür zu leisten ist.

Vertragliche Regelungen, nach denen Abschlagszahlungen früher zu leisten sind, als es die MaBV vorsieht, sind nichtig. Es gelten dann die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches*.

Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Klausel, dass der Auftragnehmer zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von zehn Prozent der Auftragssumme zu stellen hat, ist unwirksam, wenn in dem Vertrag zusätzlich bestimmt ist, dass die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnforderungen des Auftragnehmers nur zu 90 Prozent bezahlt werden*.

Der Werkunternehmer, der bei einem BGB-Bauvertrag Abschlagszahlungen fordert, muss darlegen und beweisen, dass seine Leistungen keine oder nur unerhebliche Mängel aufweisen*. Die erbrachten Leistungen muss der Werkunternehmer durch solch eine Aufstellung nachweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglicht. In einem BGB-Bauvertrag ist ein Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht fällig, wenn die Werkleistung nicht abnahmefähig ist*.

Auch für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, kann der Auftragnehmer Abschlagszahlungen verlangen, wenn er dem Besteller entweder das Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet hat.

2 Bauabzugsteuer bei Abschlagszahlungen

Unternehmerisch tätige Auftraggeber von Bauleistungen (Leistungsempfänger) im Inland müssen einen Steuerabzug von 15 Prozent der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vornehmen, wenn nicht eine gültige, vom zuständigen Finanzamt des Leistenden ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden (§ 48 EStG)*.

Die Verpflichtung zum Steuerabzug entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Gegenleistung erbracht wird, d.h. beim Leistungsempfänger selbst abfließt (§ 11 EStG)*. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Gegenleistung als Abschlagszahlung erbracht wird.

3 Umsatzsteuer bei Abschlags- bzw. Teilzahlungen

Wie Werklieferungen bzw. Werkleistungen werden im Umsatzsteuerrecht auch Teile einer Leistung behandelt, für die das Entgelt gesondert vereinbart und abgerechnet wird*.

Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile, für die das Entgelt gesondert vereinbart wird. Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer müssen sich darüber einig sein, dass eine bestimmte Gesamtleistung wirtschaftlich, rechtlich und tatsächlich in Teilleistungen aufgespalten werden soll und kann; danach muss dann auch verfahren werden.

Der Begriff der Teilleistung ist an vier Voraussetzungen geknüpft:

  • Wirtschaftliche Teilbarkeit

    Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.

  • Gesonderte Abnahme

    Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, abgenommen worden sein; ist er Teil einer Werkleistung, muss er vollendet oder beendet worden sein.

  • Gesonderte Vereinbarung

    Es muss vereinbart worden sein, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind.

  • Gesonderte Abrechnung

    Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 1 UStG entsteht die Steuer bei Berechnung nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Werklieferung oder Werkleistung bzw. Teile davon ausgeführt worden ist.

Die Umsatzsteuer entsteht in den Fällen, in denen ein Teil des Entgelts, d.h. die Abschlagszahlung vor Ausführung der Teilleistung, gezahlt wird, bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG). Dabei mindert ein evtl. durchzuführender Steuerabzug für Bauleistungen nach den §§ 48 ff. EStG das Teilentgelt nicht (siehe oben). Zum umsatzsteuerlichen Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gehören auch Zahlungen des Leistungsempfängers an Dritte.

Beispiel:Der Bauunternehmer erteilt dem Leistungsempfänger für erbrachte Bauleistungen eine Abschlagsrechnung über 50.000 Euro zzgl. 9.500 Euro Umsatzsteuer.

Das umsatzsteuerliche Entgelt beträgt 50.000 Euro, auch wenn der Leistungsempfänger lediglich 50.575 Euro überweist (59.500 Euro abzüglich 15 Prozent Steuerabzug 8.925 Euro).

Für eine Abschlagszahlung entsteht die Umsatzsteuer auch dann, wenn der Unternehmer keine Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG erteilt hat.

Die Umsatzsteuer muss nach § 18 Abs. 1 UStG binnen zehn Tagen* nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes angemeldet und entrichtet werden, in dem die Teilleistungen ausgeführt bzw. die Abschlagszahlungen vereinnahmt worden sind.

Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. den Absätzen 1-4 UStG ist der Unternehmer berechtigt und ggf. verpflichtet, über das vor der Ausführung der umsatzsteuerpflichtigen Leistungen vereinnahmte Entgelt eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer zu erteilen. Aus der Rechnung muss hervorgehen, dass damit Voraus- oder Abschlagszahlungen abgerechnet werden, z.B. durch Angabe des voraussichtlichen Zeitpunkts der Leistung.

Bei Anzahlungsrechnungen kann die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG erst für den Besteuerungszeitraum abgezogen werden, in dem die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.* Zahlt der Unternehmer einen geringeren als den in der Rechnung angeforderten Betrag, kann er nur die Vorsteuer abziehen, die auf die jeweilige Zahlung entfällt.

4 Umsatzsteuerfalle: Schlussrechnung

In der Endrechnung erfolgt vom Unternehmer die Abrechnung über die insgesamt erbrachten Leistungen. Er muss die vor der Ausführung der Leistung vereinnahmten Entgelte oder Teilentgelte sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge absetzen, sofern über diese Entgelte oder Teilentgelte Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt worden sind (§ 14 Abs. 5 Satz 2 UStG)*.

Weist der Unternehmer in der Schlussrechnung die Abschlagszahlungen nur in einem Bruttobetrag aus, muss er die bereits in den Abschlagszahlungen enthaltene Umsatzsteuer noch einmal an das Finanzamt abführen (§ 14c UStG)*. Auch wenn die Rechnungen später erfolgreich berichtigt werden, entsteht immer ein Schaden dadurch, dass er für die Dauer des doppelten steuerlichen Ausweises Zinsen gem. § 233a AO in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat an das Finanzamt zahlen muss*. Denn die Korrektur einer Rechnung wirkt sich bekanntlich erst in dem Voranmeldungszeitraum aus, in dem die berichtigte Schlussrechnung dem Leistungsempfänger zugeht.* Werden Voraus- oder Anzahlungen nachträglich im Rahmen der Endabrechnung widerrufen oder zurückgenommen, so müssen in der Endabrechnung die voraus gezahlten Entgelte oder Teilentgelte und der darauf entfallende Steuerbetrag gleichwohl ausgewiesen werden, § 14 Abs. 5 S. 2 UStG.*

Muster für Schlussrechnungen

Variante 1:

Errichtung eines Mehrfamilienhauses: Endabnahme: 6. Juni 2012.

Summe

Preis

Entgelt

19 Prozent Umsatzsteuer

3.570.000 Euro

3.000.000 Euro

570.000 Euro

./.

Abschlagszahlungen

5. Januar 2012

595.000 Euro

500.000 Euro

95.000 Euro

2. Februar 2012

595.000 Euro

500.000 Euro

95.000 Euro

4. März 2012

595.000 Euro

500.000 Euro

95.000 Euro

3. April 2012

1.190.000 Euro

2.975.000 Euro

1.000.000 Euro

190.000 Euro

Verbleibende Restzahlung

595.000 Euro

500.000 Euro

95.000 Euro


Variante 2:

Liegen mehrere Voraus- und Anzahlungen vor, dann kann auch der Gesamtbetrag der voraus gezahlten Entgelte oder Teilentgelte und die Summe der darauf entfallenden Steuerbeträge ausgewiesen werden.

Preis

Entgelt

19 Prozent Umsatzsteuer

3.570.000 Euro

3.000.000 Euro

570.000 Euro

./.

Abschlagszahlungen

am 5. Januar 2012, 2. Februar 2012 und 4. März 2012

595.000 Euro

500.000 Euro

95.000 Euro

Verbleibende Restzahlung

2.975.000 Euro

2.500.000 Euro

475.000 Euro


Variante 3:

Es können auch die Gesamtbeträge der Voraus- oder Anzahlungen abgesetzt und die darin enthaltenen Steuerbeträge zusätzlich angegeben werden.

Ablieferung und Annahme am 10. Juli 2012

Entgelt insgesamt

750.000 Euro

Zzgl. 19 Prozent Umsatzsteuer

142.500 Euro

Gesamtpreis

892.500 Euro

./.

Abschlagszahlungen am 1. Februar und 7. Mai 2012

714.000 Euro

Verbleibende Restzahlung

178.500 Euro

darin enthaltene Umsatzsteuer

28.500 Euro

* in den Abschlagszahlungen enthaltene Umsatzsteuer

114.000 Euro


Der Unternehmer kann auch eine sog. Restrechnung erteilen, in der er über das restliche Entgelt oder den verbleibenden Restpreis abrechnet. In einer Restrechnung sind die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte und die darauf entfallenden Steuerbeträge jedoch nicht anzugeben. Zur Nachvollziehbarkeit ist es jedoch zulässig, dass das Entgelt und die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte ausgewiesen werden, jedoch ohne Gesondertenausweis der Umsatzsteuer.*

5 Umkehr der Steuerschuldnerschaft und Abschlagszahlungen

Erbringt z.B. ein Bauunternehmen Bauleistungen an ein anderes Bauunternehmen, so geht die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG auf den Leistungsempfänger über. Auf diese Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist in der Rechnung hinzuweisen. Alle Abschlagsrechnungen und die Schlussrechnung sind ohne Umsatzsteuer zu stellen. Von dem Rechnungsbetrag der Schlussrechnung sind die Abschlagsrechnungen einzeln oder in einer Summe abzuziehen*.

Stand: 04/2012
Quelle: Verlag Dashöfer GmbH
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