Nettolohnoptimierung: Anwendung der Sachbezugsfreigrenze bei einer Gruppenkrankenversicherung

03.04.2023  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Sachbezüge, die mit dem ortsüblichen Endpreis am Abgabeort zu bewerten sind, bleiben beim Arbeitnehmer nach Maßgabe von § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG (Sachbezugsfreigrenze) steuerfrei, soweit der Wert der Zuwendungen des Arbeitgebers abzüglich evtl. Zuzahlungen insgesamt 50 Euro monatlich (einschließlich Umsatzsteuer) nicht übersteigt.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt die Sachbezugsfreigrenze grundsätzlich auch bei der Gewährung von Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers zur Anwendung, vgl. BFH-Urteil vom 07.06.2018, VI R 13/16. Die Sachbezugsfreigrenze ist hingegen nicht anwendbar bei einem verwendungsbezogenen Zuschuss des Arbeitgebers (vgl. BFH-Urteil vom 04.07.18, VI R 16/17).

Zeitpunkt des Zuflusses

In der lohnsteuerlichen Praxis taucht immer wieder die Frage auf, ob die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 50 Euro monatlich bei wiederkehrenden Beitragszahlungen des Arbeitgebers zur Anwendung kommt und wann der Arbeitslohn als zugeflossen gilt.

Soweit einem Arbeitnehmer in einem Kalendermonat Sachbezüge zufließen, die die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 50 Euro übersteigen, ist der Gesamtbetrag der Sachzuwendungen sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen. Daher ist es von zentraler Bedeutung, ob bei Zahlung einer Jahresprämie ein monatlicher Zufluss vorliegt.

§ 8 Absatz 2 Satz 11 EStG (Sachbezugsfreigrenze)

Beschluss Finanzgericht Baden-Württemberg vom 21.10.22, 10 K 262/22

Der streitige Sachverhalt

Im hier streitigen Sachverhalt leistete ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung. Gegenstand der Versicherung waren Zusatzleistungen zur Krankenversicherung (Vorsorge, Reise, Zahnbehandlung und Zahnersatz). Laut Versicherungsbedingungen waren die Beiträge als Monatsbeiträge kalkuliert und als laufende Monatsbeiträge zu zahlen.

Der Arbeitgeber leistete die Beiträge jährlich als Einmalzahlung. Weil die Sachbezugsfreigrenze durch die jährliche Beitragszahlung des Arbeitgebers überschritten war, vertrat das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, dass die Beitragszahlungen des Arbeitgebers der Lohnversteuerung zu unterwerfen seien,

Beschluss Finanzgericht Baden-Württemberg vom 21.10.22, 10 K 262/22

Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgte der Auffassung des Finanzamtes jedoch nicht. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist für die Berechnung, ob die monatliche Freigrenze eingehalten ist, der Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich. Für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht auf das Innehaben von Ansprüchen gegen den Arbeitgeber, sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an.

Zuflußzeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt, also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. Ist Gegenstand der Sachzuwendung ein Recht, bei einem Dritten eine vergünstigte Sach- oder Dienstleistung zu beziehen, ist der Vorteil und damit der Arbeitslohn nicht bereits mit Einräumung des Bezugsrechts durch den Arbeitgeber, sondern erst mit Ausübung des Rechts, d. h. der Inanspruchnahme der Sach- oder Dienstleistung durch den Arbeitnehmer zugeflossen.

Daher erlangten die Arbeitnehmer im hier streitigen Sachverhalt unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls die wirtschaftliche Verfügungsmacht mit der monatlichen Gewährung des Versicherungsschutzes.

Nach den Versicherungsbedingungen mussten die Beiträge als laufende Monatsbeiträge gezahlt werden. Sie waren als Monatsbeiträge kalkuliert. Hinsichtlich der Fälligkeit hatte der Arbeitgeber die Möglichkeit, mehrere Monatsbeiträge im Voraus zu zahlen, um einen Beitragsnachlass zu erhalten. Dies stellt eine Vereinbarung im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmen zur Erlangung eines Beitragsrabatts dar. Es ändert sich nichts an der vereinbarten monatlichen Zahlungsperiode. Mit der jährlichen Vorauszahlung der Beiträge war den Arbeitnehmern der Sachbezug "Versicherungsschutz" bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht zugeflossen.

Nach Auffassung des Finanzgerichts hat der Arbeitgeber mit der Zahlung der Versicherungsprämie sein Leistungsversprechen gegenüber den Arbeitnehmern noch nicht erfüllt. Die Arbeitnehmer hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Anspruch auf Versicherungsschutz für das gesamte Versicherungsjahr. Dieser setzte ein weiterbestehendes Dienstverhältnis voraus.

Ergebnis

Weil im hier streitigen Sachverhalt monatliche Bemessungsgrundlagen zwischen 8,27 Euro und 36,08 Euro je Arbeitnehmer zugrunde zu legen sind, ist die Sachbezugsfreigrenze entsprechend anzuwenden.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)

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