Börsenverein: Schwarzer Tag für Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen

20.04.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V..

Börsenverein kritisiert Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Streit um § 52b UrhG zwischen Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt und dem Verlag Eugen Ulmer KG / Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde wird geprüft / Appell an Bundesregierung

Mit scharfer Kritik hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf eine am 16.04.2015 ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs reagiert. Das Gericht hat es Bibliotheken erlaubt, ihren Bestand uneingeschränkt zu digitalisieren, damit sich ihre Nutzer die Bücher auf USB-Sticks kopieren oder ausdrucken können. Auf bestehende Lizensierungsangebote soll es ebenso wenig ankommen, wie auf die daraus entstehenden Schäden der Wissenschaftsverlage. „Das ist ein schwarzer Tag für Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen. Wenn die Hauptzielgruppen wissenschaftlicher Werke – nicht nur von Lehrbüchern – sich gratis an den Download-Stationen der Bibliotheken versorgen, dann gibt es keine wirtschaftliche Basis mehr dafür, dass künftig solche Werke überhaupt noch entstehen können“ sagte der Vorsitzende des Urheber- und Verlagsrechtsausschusses des Börsenvereins, der Göttinger Wissenschaftsverleger Gerhard-Jürgen Hogrefe. „Ich befürchte, wir sind auf dem Weg dahin, dass es in einigen Jahren an den Bibliotheksterminals gar nichts mehr zu kopieren gibt.“

Der Börsenverein will nun die Begründung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs abwarten, um gemeinsam mit dem Verlag Eugen Ulmer zu prüfen, ob gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt wird. Für die Verlage kommt diese Auslegung des Urheberrechtsgesetzes einer vollständigen Enteignung gleich. Nach dem Wortlaut von § 52b ist zwar vorgesehen, dass die Bibliotheken für ihre Nutzungen eine angemessene Vergütung an eine Verwertungsgesellschaft zahlen. Aufgrund einer anderen Entscheidung des Bundesgerichtshofs erhalten Verlage bis auf weiteres jedoch keine Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort mehr. Für derart weit reichende Eigentumseingriffe hätte es zumindest einer gesetzlichen Grundlage bedurft.

„Die Wettbewerbsfähigkeit einer Wissensgesellschaft entscheidet sich nicht nur am Abschneiden bei PISA. Ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges Angebot an Lehr- und Schulbüchern ist essentiell“, sagt Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins. „Die Bundesregierung muss nun erklären, ob sie die Zukunft der universitären Lehre in Deutschland in immer weitergehenden Urheberrechtsschranken sieht, die keinen Raum für eine Vielfalt an hochwertigen Lehrmedien mehr lassen. Zudem möchten wir wissen, ob und mit welchen Maßnahmen das bewährte Instrument gemeinsamer Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlagen politisch geschützt werden soll.“

Zur Presseerklärung des Bundesgerichtshofs zu der Entscheidung

Zur Presseerklärung der VG Wort zur Einstellung von Ausschüttungen an Verlage (PDF)


Newsletter:

dasBibliotheks­wissen

Aktuelle News und Informationen zum Bibliothekswesen und zum Bibliotheksmanagement

Aktuelle Ausgabe Jetzt abonnieren
nach oben