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Betriebsrat online?

10.02.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: none.

Sachmittelausstattung gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG

Einleitung

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Der § 40 BetrVG kann ohne weiteres als zentrale Vorschrift des Betriebsverfassungsrechts zum oben genannten Thema verstanden werden. In § 40 Abs. 1 BetrVG ist insoweit zunächst geregelt, dass der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt. Weiter heißt es in § 40 Abs. 2 BetrVG, dass der Arbeitgeber für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen hat.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Betriebsrat berechtigt wäre, sich die Sachmittel oder das Büropersonal selber zu beschaffen. Vielmehr handelt es sich um einen Überlassungsanspruch, der durch den Arbeitgeber im Wege der Naturalleistung zu erfüllen ist. Ausnahmen können sich im Einzelfall ergeben, wenn z.B. die ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit ohne die sofortige Anschaffung gefährdet wäre. In diesem Fall ist der Betriebsrat berechtigt, die Sachmittel auf Kosten des Arbeitgebers selber zu beschaffen.

Häufiger Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist die „Erforderlichkeit“ des jeweiligen Sachmittels. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der arbeitsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Mit der Aufnahme der Informations- und Kommunikationstechnik in den Gesetzeswortlaut durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I. S. 1852) wurde dabei dem Umstand Rechnung getragen, dass sich angesichts der fortschreitenden Technisierung und Modernisierung immer mehr diesbezügliche Fragen stellten. Themen wie PC, Laptop, Software, Intranet sowie Homepage des Betriebsrats fallen hierunter und sind regelmäßig Gegenstand der Rechtsprechung. Ein „Klassiker“ ist insoweit die Frage, ob dem Betriebsrat auch ein Internetanschluss zur Verfügung zu stellen ist. Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht nunmehr erneut beschäftigt.


Sachverhalt

In dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2010 (Az.: 7 ABR 79/08), von dem bislang nur die Pressemitteilung vorliegt, war dem Betriebsrat von der Arbeitgeberin bereits ein PC zur Verfügung gestellt worden. Nunmehr begehrte der Betriebsrat darüber hinaus auch noch die Zurverfügungstellung eines Internetanschlusses. Die Leitung der Arbeitgeberin, die einen Baumarkt betreibt, verfügt ihrerseits über einen Internetanschluss. Durch die Freischaltung für den Betriebsrat entstehen für sie keine zusätzlichen Kosten. Berechtigte Belange, die einer Zugänglichmachung für den Betriebsrat entgegengestanden würden, hatte die Arbeitgeberin nicht vorgetragen. Das Arbeitsgericht Berlin hatte die Arbeitgeberin mit Beschluss vom 05. Dezember 2007 (Az.: 30 BV 7578/07) verpflichtet, dem Betriebsrat einen Internetzugang zur Verfügung zu stellen. Diese Entscheidung wurde vom LAG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 09. Juli 2008 (Az.: 17 TaBV 607/08) bestätigt. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin.


Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) hat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und sie verpflichtet, dem Betriebsrat auch einen Internetanschluss zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Anspruch des Betriebsrats bestehe zumindest dann, wenn der Betriebsrat bereits über einen PC verfüge, im Betrieb ein Internetanschluss vorhanden sei, die Freischaltung des Internetzugangs für den Betriebsrat keine zusätzlichen Kosten verursache und der Internetnutzung durch den Betriebsrat keine sonstigen berechtigten Belange des Arbeitgebers entgegenstünden. Insoweit gehöre das Internet zu der für die laufende Geschäftsführung in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellenden Informations- und Kommunikationstechnik gem. § 40 Abs. 2 BetrVG.


Praxishinweis

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt die bisherige Linie des Gerichts, den Internetzugang wenn auch nicht pauschal, so doch zumindest unter bestimmten Bedingungen grundsätzlich zuzulassen. Allerdings erscheinen diese Bedingungen nunmehr weniger streng, als das Bundesarbeitsgericht sie noch mit Beschluss vom 23. August 2006 (Az.: 7 ABR 55/05) aufgestellt hatte.

Allein die Möglichkeit der schnelleren Informationsbeschaffung sollte danach zur Begründung der Erforderlichkeit nicht ausreichen. Vielmehr musste der Betriebsrat unter anderem konkrete betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben benennen, deren Erledigung gerade eine Informationsbeschaffung aus dem Internet bedarf. Die notwendige Erforderlichkeitsprüfung im Rahmen des § 40 Abs. 2 BetrVG war also anhand der konkreten betrieblichen Verhältnisse im Einzelfall vorzunehmen.

Dieser Sichtweise hatte sich hier insbesondere die Vorinstanz entgegengestellt. Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) ist es ohne Belang, welche konkreten Aufgaben der Betriebsrat bei der Internetnutzung wahrnimmt. Soweit jedenfalls die im hier besprochenen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2010 genannten Bedingungen vorliegen, dürften für betroffene Arbeitgeber im Ergebnis wenige Möglichkeiten bestehen, sich erfolgreich gegen ein solches Begehren des Betriebsrats zur Wehr setzen zu können. Insoweit erscheint fraglich, ob vor dem Hintergrund der weit verbreiteten „flatrates“ überhaupt noch unzumutbare Kosten geltend gemacht werden können.

Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass es einen uneingeschränkten Internet-Anspruch des Betriebsrats nach wie vor nicht gibt. Daher erscheint es nicht ausgeschlossen, je nach Unternehmensgegenstand mit dem Risiko der Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch die Eröffnung eines weiteren Tors in die digitale Welt gegen den Anschluss zu argumentieren bzw. zumindest dessen Absicherung zu fordern. Auch die sich aus der Zurverfügungstellung ergebenden Folgefragen bleiben interessant. So erscheint nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass der Zugriff des Betriebsrats im Einzelfall auf die für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Seiten beschränkt wird. Außerdem wird der Betriebsrat bei der Internetnutzung auf die Wahrung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 BetrVG hinzuweisen sein. Dieses darf nicht zur öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber oder zur Stimmungsmache missbraucht werden. Gleiches gilt im Übrigen für das Intranet. Das Thema bleibt mithin „online“.

Quelle: Lars C. Möller (Taylor Wessing Frankfurt)
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