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Zutrittsrecht eines Betriebsratsmitglieds zum Betrieb nach ausgesprochenem Hausverbot

15.11.2010  — none .  Quelle: none.

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass Arbeitgeber Hausverbote gegenüber Betriebsratsmitgliedern aussprechen. Im Extremfall mag dies gerechtfertigt sein. Im Regelfall jedoch ist dies unzulässig und stellt eine mitunter strafbare Behinderung des Betriebsrats dar. Betroffene Betriebsratsmitglieder sollten sich dagegen wehren. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts trägt der Arbeitgeber, § 40 Abs. 1 BetrVG.

§ 78 BetrVG schützt die Tätigkeit der Betriebsverfassungsorgane. Die Erteilung eines Hausverbotes stellt in der Regel eine unzulässige Behinderung dar. Der Begriff der Behinderung in § 78 S.1 BetrVG ist weit zu verstehen. Er umfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder Verhinderung der Betriebsratstätigkeit. Die Verweigerung des Zugangs zum Betrieb erfüllt den Tatbestand des § 78 S. 1 BetrVG (BAG 21.09.89, AP Nr. 72 zu § 99 BetrVG 1972).

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„Grundsätzlich hat nicht nur der Betriebsrat in seiner Gesamtheit, sondern ebenso jedes einzelne Betriebsratsmitglied ein materielles Recht auf ungestörte Amtsausübung; dies folgt aus § 78 BetrVG (vgl. Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Rz. 813; LAG Düsseldorf DB 1977, 1053). Daraus resultiert nach ganz herrschender Meinung auch ein Anspruch auf Zutrittsgewährung zum Betrieb (vgl. Walker a. a. O.; LAG Düsseldorf a. a. O.). Voraussetzung dafür ist le-diglich, dass die Person, für die das Zutrittsrecht geltend gemacht wird, dem Betriebsrat noch angehört und der Arbeitgeber nicht ausnahmsweise zur Zutrittsverweigerung berechtigt ist (vgl. Walker a. a. O.; LAG München NZA-RR 2003, 641). Auch während eines Verfahrens auf Ausschluss eines Betriebsratsmitgliedes aus dem Betriebsrat gem. § 23 Abs. 1 BetrVG und eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG besteht das Arbeitsverhältnis und das Betriebsratsamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung fort und das Betriebsratsmitglied hat deshalb weiterhin grundsätzlich ei-nen Anspruch auf ungestörte Amtsausübung und damit auf Zutritt zum Betrieb; daran ändert auch ein Hausverbot durch den Arbeitgeber nichts (vgl. Walker, a. a. O. Rz. 16; Fitting u. a., § 103 BetrVG Rz. 44; LAG Hamm DB 1975, 111; LAG Düsseldorf DB 1977, 1053; ArbG Elmshorn AiB 1997, 173; Richardi § 103 BetrVG Rz. 95; Galperin/Löwisch § 103 BetrVG Rz. 35). Betriebsratstätigkeit ist eine auf den Betrieb bezogene Tätigkeit, für die der Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 2 BetrVG in erforderlichem Umfang Räume und sachliche Mittel zur Verfügung zu stellen hat; sie findet somit grundsätzlich im Betrieb statt.“ (LAG München 28.09.2005 – 9 TaBV 58/05)

Das Recht eines Betriebsratsmitglieds auf Zutritt zum Betrieb kann auch nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt werden, da die Betriebsratstätigkeit zu jeder Zeit erforderlich sein kann.

„Wie das Arbeitsgericht im Einzelnen zutreffend erläutert hat, dürfen die Mitglieder des Betriebsrats gemäß § 78 BetrVG bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit nicht behindert werden. Da die Aufgaben des Betriebsrats regelmäßig im Betrieb zu erledigen sind, folgt aus dem Recht auf ungestörte Amtsausübung auch ein Recht auf Zutritt zum Betrieb. Dieses Recht ist nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt. Vielmehr kann eine Tätigkeit des Betriebsrats zu jeder Zeit im Betrieb erforderlich werden. Die Betriebsratsmitglieder müssen deshalb auch jederzeit die Möglichkeit haben, den Betrieb zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu betreten. Das Zugangsrecht ist ausschließlich an die Mitgliedschaft im Betriebsrat gebunden. Es wird weder von einer individualrechtlichen Freistellung von der Arbeit noch von der Absicht des Arbeitgebers berührt, das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds zu beenden (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2009, Az.: 17 TaBVGa 1372/09 zit. n. Juris). Soweit individualrechtlich eine Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds anerkannt ist, sich beim Verlassen des Arbeitsplatzes zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben abzumelden und sich nach Beendigung dieser Tätigkeit wieder zurückzumelden, dient dies der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, von der Dauer der Abwesenheit Kenntnis zu erlangen und ihn in die Lage zu versetzen, inhaltliche Dispositionen zu treffen. Eine solche Verpflichtung ist jedoch nicht durch den Zweck gerechtfertigt zu kontrollieren, ob das Betriebsratsmitglied von seinem Beurteilungsspielraum in richtiger Weise Gebrauch gemacht hat. Letzteres würde das Betriebsratsmitglied einem mit dem Behinderungsverbot nicht vereinbaren Rechtfertigungszwang aussetzen (Fitting u.a., 24. Auflage, § 37, Rz. 50-53).“ LAG München 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09

Anmerkung: Häufig kommt es vor, dass dem Betriebsratsmitglied auferlegt wird, “stichpunktartig” über den Inhalt seiner Tätigkeit Rechenschaft abzulegen. Der Arbeitgeber will dadurch prüfen können, ob die konkrete Tätigkeit des Betriebsrats erforderlich im Sinne des § 40 ABs. 1 BetrVG war. Liefert der Betriebsrat diese Stichpunkte, Berichtsheft oder ähnliches nicht, so wird ihm mit Lohnabzug gedroht. Auch das ist eine unzulässige Behinderung des Betriebsrats.

„Der Beteiligte zu 2) hat danach ein zeitlich nicht beschränktes Recht, den Betrieb der Arbeitgeberin zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats zu betreten, ohne der Arbeitgeberin hiervon unter Angabe der Art der wahrzunehmenden Aufgabe Meldung machen zu müssen. Er ist nach wie vor Mitglied des Betriebsrats.

[...]

Aber auch die Tatsache, dass die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden hat, ist für sein Zutrittsrecht ohne Belang. Die Freistellung spricht sogar gegen die von der Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 2) auferlegte Anzeigepflicht. Im laufenden Arbeitsverhältnis folgt die Rechtfertigung einer Meldepflicht des nicht freigestellten Betriebsratsmitglieds aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit haben muss, über die Arbeitskraft des Betriebsratsmitglieds zu disponieren. Diese Notwendigkeit entfällt, nachdem die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat und damit ausdrücklich auf eine Disposition über seine Arbeitskraft verzichtet hat. Auch die von der Arbeitgeberin postulierte Kontrollnotwendigkeit kann die Anzeigepflicht nicht rechtfertigen. Die Arbeitgeberin hat nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Beteiligte zu 2) in irgendeiner Weise die Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben auf dem Betriebsgelände dazu nutzen werde, der Arbeitgeberin Schaden zuzufügen oder Betriebsabläufe zu stören.“ LAG München 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09


Quelle: Kanzlei Volker Lehmann

PS: Praxis-Informationen über die Betriebsversammlung »

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