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Dashöfer

Wo nacherfüllen, wenn die Kaufsache mangelhaft ist

25.09.2017  — Rolf Becker.  Quelle: .

Ist eine Kaufsache defekt oder sonst mit Fehlern behaftet, taucht immer wieder die Frage auf, wo sich der Ort für das sogenannte Nacherfüllungsverlangen befindet. Ist der Käufer ein Verbraucher, liegt die Vermutung nahe, dass das der Sitz des Verbrauchers ist. Das ist aber ein häufiger Irrtum. Im Zweifel ist nämlich der Sitz des Verkäufers maßgeblich.

Der Bundesgerichtshof hat dies in einem aktuellen Urteil noch einmal bestätigt. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN, berichtet über die Folgen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte es in seinem jüngst veröffentlichen Urteil (BGH, Urteil vom 19. Juli 2017, Az. VIII ZR 278/16) mit einem Gebrauchtwagenkauf zu tun. Die Klägerin hatte in einem Internetportal ein Fahrzeug für 2.700 Euro erworben. Nach einem von ihr behaupteten Motordefekt wandte sie sich an den in Berlin ansässigen Händler. Der bot eine Mängelbeseitigung in Berlin an. Daraufhin verlangte die Käuferin einen Transportkostenvorschuss von 280 Euro. Der PKW sei wegen des Mangels nicht fahrbereit. Der Verkäufer zahlte nicht. Die Käuferin ließ nach Fristsetzung das Fahrzeug anderweitig reparieren und verlangte durch die Instanzen Schadensersatz. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Käuferin sei es zumutbar gewesen, das Fahrzeug auch ohne Transportkostenvorschuss nach Berlin zu verbringen. Dort sei der richtige Ort am Sitz des Verkäufers für das Nacherfüllungsverlangen.

Der BGH sah dies anders. Er betonte allerdings, dass der Ort der Nacherfüllung nicht am Sitz der Käuferin gewesen sei, sondern am Sitz des Verkäufers. Allerdings habe die Käuferin mit dem Verlangen eines nicht von vorn herein unangemessenen Transportkostenvorschusses bzw. dem Angebot, die Abholung dem Verkäufer zu überlassen. ihre Rechte nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt.

Ein taugliches Verlangen auf Mängelbeseitigung setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, dem Ort der Nacherfüllung, voraus. Fehlen Vereinbarungen, so ist dies der Wohn- bzw. Geschäftssitz des Verkäufers. Deshalb müssen Käufer bei Mängeln in aller Regel die Kaufsache zum Verkäufer bringen. Im Versandhandelskauf müssen Sie die Ware an den Verkäufer senden. Das ist zwar lästig für den Verbraucher. Aber die Lästigkeit wird durch einen Kostenerstattungsanspruch für die Transport- und Wegekosten kompensiert.

Wenn sich schon der Verkäufer nicht auf ein Nacherfüllungsverlangen einlassen muss, ohne die Sache zuvor untersuchen zu können, muss er andererseits den Käufer in die Lage versetzen, die Ware am rechten Ort zu präsentieren. Der Verkäufer hätte also die Transportkosten vorschießen müssen.

Fazit:

Das Urteil hat Bedeutung über den Fall hinaus. Es zeigt zum einen, dass der BGH trotz vielfacher Kritik daran festhält, dass in aller Regel der Ort der Nacherfüllung auch beim Verbrauchsgüterkauf am Sitz des Verkäufers liegt. Allerdings trägt der Verkäufer die Kosten für die Mängelerforschung. Er muss also kostenfrei untersuchen, ob der behauptete Mangel vorliegt. Zudem trägt der Verkäufer die Transport- und Wegekosten (Hin- und Rücktransport der Ware) bei der Gewährleistung. Das Urteil macht klar, dass dem Käufer ein Vorschussanspruch zusteht. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Präsentation der Kaufsache nicht einfach möglich ist. Ob das Urteil anderes ausgefallen wäre, wenn die Käuferin mit fahrtüchtigem Fahrzeug hätte einfach nach Berlin fahren können, hat der BGH nicht entschieden.

Damit trägt der Verkäufer noch mehr Risiken, da er auf eine bloße Mängelbehauptung hin in Vorleistung treten muss. Das gilt auch im B2B-Handel. Der Verkäufer kann sich kaum schützen. Er kann allenfalls eine Voruntersuchung vor Ort vornehmen. Stellt sich heraus, dass der Mangel nicht besteht, gibt es nur Schadensersatz, wenn der technisch nicht versierte Käufer dies zwingend hätte erkennen müssen.

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