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Wirtschaftliches Eigentum an Leasinggegenständen im Rahmen von Sale-and-lease-back-Gestaltungen (Kommentar von Udo Cremer)

23.02.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO des Leasingnehmers an dem Leasinggegenstand kommt nicht in Betracht, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit ist und dem Leasinggeber ein Andienungsrecht eingeräumt ist.

Der Kläger ist als ehemaliger und einziger Kommanditist prozessualer Rechtsnachfolger der während des Revisionsverfahrens im Jahr 2014 vollbeendeten ... GmbH & Co. KG (KG).

Die KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 12.12.2006 gegründet. Der Kläger war an der KG als einziger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 160.000 € beteiligt. Alleinige persönlich haftende Gesellschafterin war zunächst die X-GmbH. Ihr oblag die Geschäftsführung und Vertretung der KG. Sie war am Kapital der KG nicht beteiligt und erhielt u.a. eine jährliche Geschäftsführungs- und Haftungsvergütung in Höhe von 4.000 € sowie Aufwendungsersatz. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen durch Beschluss vom ... Dezember 2008 schied die X-GmbH (wie im Gesellschaftsvertrag vereinbart) aus der KG aus. An ihre Stelle trat durch Vertrag vom 25.8.2008 die Y-GmbH.

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Gegenstand des von der KG betriebenen Unternehmens war das Verleasen von Wirtschaftsgütern. Im Streitjahr 2007 gewann die KG die A-GmbH und die B-GmbH als Leasingnehmerinnen, von denen sie die Leasinggegenstände ankaufte und sogleich an diese als Leasinggeberin zurückverleaste ("Sale-and-lease-back-Verfahren"). Die A-GmbH stellte aus erworbenen Komponenten elektronische Informationssysteme bestehend aus Plasmabildschirmen, Medienrechnern und Wandhalterungen zusammen, die zur Ausstrahlung von Informationsprogrammen und Werbesendungen an werbewirksamen Standorten aufgestellt wurden. Der Neupreis der verschiedenen Hardware-Komponenten eines Informationssystems belief sich auf ca. 3.000 €.

Die KG erwarb im April 2007 zwölf und im Juli 2007 ein weiteres dieser Informationssysteme zum Preis von jeweils ... € zuzüglich Umsatzsteuer. Auf die Rechnungsbeträge von brutto gesamt ... € zahlte die KG Teilbeträge von gesamt ... €. In Höhe der Restkaufpreise von gesamt ... € gewährte die A-GmbH der KG ein Lieferantendarlehen, das in seiner jeweiligen Höhe mit 4,5 % jährlich zu verzinsen war. Die Darlehen sollten in 48 gleichbleibenden Zins und Tilgung enthaltenden Raten zurückgeführt werden. Aufgrund von im April und August 2007 geschlossenen Leasingverträgen überließ die KG die erworbenen Informationssysteme der A-GmbH zur Nutzung. Die Leasingverträge hatten eine Laufzeit von 48 Monaten. Die monatliche Leasingrate pro Gerät belief sich auf ... € zuzüglich Umsatzsteuer.

Ferner schloss die KG mit der A-GmbH Rückkaufvereinbarungen ab. Danach war die A-GmbH auf Verlangen der KG verpflichtet, die Leasingobjekte bei Beendigung des Leasingvertrags zurückzukaufen. Bei Ausübung des Rückkaufverlangens zum Ende der vereinbarten Leasinglaufzeit sollte der Rückkaufpreis 20 % des Nettoverkaufspreises abzüglich eventueller Zulassungs- und Überführungskosten betragen. Durch Beschluss des Amtsgerichts im Oktober 2009 wurde über das Vermögen der A-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet, so dass es nicht zu einer vollständigen Durchführung der Verträge kam.

Die B-GmbH stellte Bakterienkulturen her, die im Bereich der Aquaristik eingesetzt wurden, um die für die Aufzucht und Erhaltung der Fischpopulationen erforderlichen Bedingungen zu schaffen. Die Bakterienkulturen konnten dem Wasser entweder in Tablettenform oder in flüssiger Form zugeführt werden. Die Zuführung in flüssiger Form erfolgte durch Dosierautomaten, die vor allem in Zoofachhandlungen aufgestellt wurden und dort zugleich als Verkaufsautomaten für die flüssigen Bakterienkulturen dienten.

Die KG schloss im März 2007 mit der B-GmbH Verträge ab, die den mit der A-GmbH getroffenen Vereinbarungen entsprachen. Sie erwarb 46 Dosierautomaten zum Stückpreis von ... € zuzüglich Umsatzsteuer. Über zwei Drittel des Nettokaufpreises gewährte die Verkäuferin der KG ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes und in 48 Monatsraten zurückzuführendes Lieferantendarlehen. Die Laufzeit des Leasingvertrags betrug ebenfalls 48 Monate, die Leasingrate belief sich auf monatlich ... € zuzüglich Umsatzsteuer. Am Ende der Vertragslaufzeit war die B-GmbH auf Verlangen der KG verpflichtet, die Dosierautomaten zu einem Preis von ... € zuzüglich Umsatzsteuer zurückzukaufen.

Im Juni 2010 reichte die KG beim FA für das Jahr 2007 (Streitjahr) eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und einen Jahresabschluss auf den 31.12.2007 ein. In der Bilanz waren die Leasinggegenstände (Informationssysteme und Dosierautomaten) als ihr Anlagevermögen ausgewiesen. In den erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb (Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft) in Höhe von ./. ... € war die der Komplementärin zustehende Geschäftsführungs- und Haftungsvergütung in Höhe von 4.000 € enthalten, so dass sich die Höhe des laufenden (allein dem Kläger zuzurechnenden) Gesamthandsgewinns auf ./. ... € belief.

Bei der Ermittlung der Einkünfte hatte die KG auf die Leasinggegenstände degressive AfA in Höhe von 30 % der Anschaffungskosten vorgenommen. Dies entsprach einem Betrag von ... €. In dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) 2007 vom 5.8.2010 stellte das FA u.a. einen laufenden Gesamthandsgewinn der KG in Höhe von ... € fest. Darin nicht berücksichtigt war die als Betriebsausgabe erklärte AfA in Höhe von ... €, da die Leasinggegenstände nach Ansicht des FA nicht der KG zuzurechnen seien. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20.7.2011 als unbegründet zurück.

Die daraufhin erhobene Klage hatte teilweise Erfolg (Urteil des FG vom 3. Juli 2013 4 K 188/11). Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (BFH-Urteil 13.10.2016). Soweit das FG zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Informationssystemen im Rahmen des gewählten "Sale-and-lease-back-Verfahrens" bei der A-GmbH verblieben sei, hat es § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO rechtsfehlerhaft ausgelegt.

Wirtschaftsgüter sind nach § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Diese Definition des wirtschaftlichen Eigentums umfasst eine Mehrzahl ungleichartiger "zivilrechtlicher Rechtslagen", die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen.

Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfordert deshalb nach der Rechtsprechung die Bildung von Fallgruppen und deren wertende Zuordnung. Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wird u.a. angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Ein schuldrechtlich oder dinglich Nutzungsberechtigter hat in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut.

Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Nutzungsberechtigte statt des Eigentümers die Kosten der Anschaffung oder Herstellung eines von ihm selbst genutzten Wirtschaftsguts trägt und ihm auf Dauer, nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer, Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts wirtschaftlich zustehen. Dies gilt gleichermaßen für das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Ob Substanz und Erträge des Leasingguts während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (ausnahmsweise) vollständig dem Leasingnehmer zustehen, ist in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen zu beurteilen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt eine Zurechnung des Leasingguts zum Vermögen des Leasingnehmers insbesondere in Betracht (Fallgruppen), wenn

  • der Leasinggegenstand speziell auf die Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist und nach Ablauf der Grundmietzeit nur noch beim Leasingnehmer eine sinnvolle Verwendung finden kann (Spezialleasing)
  • sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes und die Grundmietzeit annähernd decken oder
  • die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zwar länger als die Grundmietzeit ist, dem Leasingnehmer aber ein Recht auf Verlängerung der Nutzungsüberlassung oder eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zusteht, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen ist.

Da es sich auch bei dem "Sale-and-lease-back-Verfahren" grundsätzlich um ein Leasing handelt, finden die genannten Grundsätze auch auf solche Gestaltungen Anwendung. Das "Sale-and-lease-back" ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Leasinggeber den Leasinggegenstand nicht von einem Dritten, sondern vom Leasingnehmer beschafft. Der Leasinggegenstand wird zunächst von dem Leasingnehmer auf den Leasinggeber übertragen (Übertragungsgeschäft) und dann vom Zweit- an den Erstgenannten im Rahmen eines Leasingvertrags zur Nutzung überlassen. Wird bei einem "Sale-and-lease-back" der Leasingvertrag derart ausgestaltet, dass das wirtschaftliche Eigentum dem Leasingnehmer zuzurechnen ist, verbleibt es durchgehend beim Leasingnehmer. Es findet kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Leasinggeber und wieder zurück auf den Leasingnehmer statt.

Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers auch dann in Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist, allerdings nicht dem Leasingnehmer ein Optionsrecht (Verlängerungs- oder Kaufoption), sondern dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein Andienungsrecht zu so günstigen Konditionen eingeräumt ist, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen ist. Diese Frage ist zu verneinen.

§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfordert, dass ein anderer den zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Es wird zwar nur ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers verlangt. Aus dem Wortlaut dieser Norm ("kann") ergibt sich aber, dass der andere diesen Ausschluss bewirken können muss. Ist in Leasingfällen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit, kann der Leasingnehmer (der "andere") den Leasinggeber nur dann für die verbleibende Nutzungsdauer von der Einwirkung auf den Leasinggegenstand ausschließen, wenn ihm eine entsprechende rechtliche Befugnis zusteht. Der Senat stimmt daher insoweit der Rechtsauffassung des Klägers zu, wonach der Nutzungsberechtigte (Leasingnehmer) in solchen Fällen über eine den wirtschaftlichen Ausschluss herbeiführende Befugnis (z.B. Verlängerungs- oder Kaufoption) verfügen muss.

Ist in einem derartigen Fall darüber hinausgehend mit der Ausübung dieses Rechts durch den Leasingnehmer bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung zu rechnen, wird der Leasingnehmer den Leasinggeber auf Dauer von jeglicher Einwirkung auf den Leasinggegenstand ausschließen; der Leasinggegenstand ist dem Leasingnehmer als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen. Hingegen kann dem Leasingnehmer kein wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit ist und dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein Andienungsrecht eingeräumt ist.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ausübung dieses Andienungsrechts für den Rechtsinhaber (Leasinggeber) wirtschaftlich vorteilhaft ist. Für Wahrscheinlichkeitserwägungen ist an dieser Stelle kein Raum. Denn in einem solchen Fall ist der Leasingnehmer rechtlich nicht in der Lage, den Leasinggeber i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO für die gesamte Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich auszuschließen. Vielmehr ist der Leasinggeber in der Lage, nach Ablauf der Grundmietzeit nach seinem Belieben mit dem Wirtschaftsgut zu verfahren. Selbst dann, wenn von vornherein eine vertragliche Gestaltung gewählt wurde, welche die Ausübung des Andienungsrechts als wirtschaftlich vernünftig erscheinen lässt, bleibt es dabei, dass es sich hierbei um eine rechtliche Befugnis des Leasinggebers und nicht um eine solche des Leasingnehmers handelt. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG rechtsfehlerhaft entschieden, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Informationssystemen bei der A-GmbH verblieben sei, weil der KG ein Andienungsrecht zugestanden habe, das die KG unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten (zwingend) habe ausüben müssen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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