Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Thema der Woche: Aufzeichnungspflichten gelten auch bei Prostitution

11.04.2017  — Timm Haase.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Auch unter Berücksichtigung branchenspezifischer Besonderheiten kann bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns aus Eigenprostitution durch Einnahme-Überschussrechnung nicht auf die Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verzichtet werden. Zu dieser Entscheidung kam der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg mit seinem Urteil vom 16.11.2016 (2 K 110/15).

Grundsätzlich sind auch in diesem Bereich Belege über die Betriebseinnahmen und -ausgaben aufzubewahren. Allerdings bedarf es nicht der Führung eines Kassenbuchs.

Anzeige

Reihen- und Dreiecks­geschäfte

Eintägiges Praxis-Seminar


► Wie werden Lieferungen über die Grenze abgerechnet?
► Aktuelle Brennpunkte im Tagesgeschäft
► Prüfungsschwerpunkte der Betriebsprüfung

Urteilsfall

Streitig waren Steuerbescheide, die zum Teil auf Schätzungen gewerblicher Einkünfte beruhten, die die Klägerin, eine in einem sog. Laufhaus tätige Prostituierte in den Streitjahren 2007 bis 2011 aus Eigenprostitution erzielte. Im Zuge von Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle wurde festgestellt, dass die Klägerin seit 2007 in verschiedenen Laufhäusern eine selbständige Tätigkeit als Prostituierte ausgeübt und im Verlaufe des Jahres 2011 eine nichtselbständige Arbeit aufgenommen hatte. Aufgrund dieser Erkenntnisse erließ das Finanzamt Schätzungsbescheide für die bis dahin steuerlich nicht geführte Klägerin über Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer.

Hiergegen richtet sich der Einspruch, mit dem die Klägerin in erster Linie die Höhe der Schätzung beanstandete. In den Jahren 2007 und 2008 habe sie nur an den Wochenenden gearbeitet; es ergäben sich nur 11 Tage in jeweils 10 Monaten. Die zugrunde gelegte Anzahl von drei Kunden pro Tag sei zu hoch; völlig überhöht sei zudem der Ansatz von 160 Euro pro Kunde. Demgegenüber sei der berücksichtigte Zimmerpreis von 120 Euro pro Tag zu niedrig, richtig seien 140 Euro. Die klagende Prostituierte legte entsprechende Einnahme-Überschussrechnungen vor. Anschließend hielt das Finanzamt größtenteils an der Schätzung fest, da die Klägerin keine Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben vorgelegt hatte.

Entscheidungsgründe

Besteuerungsgrundlagen können geschätzt werden, soweit sie ermittelt oder berechnet werden können. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Buchführung den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entspricht oder im Einzelfall ein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit anzuzweifeln.

Die Klägerin hat in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte erzielt und ihren Gewinn entsprechend der eingereichten Gewinnermittlungen durch Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Klägerin war im Rahmen dieser von ihr zulässigerweise vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet.

Betriebseinnahmen sind danach einzeln aufzuzeichnen. Dem Grundsatz nach gilt das auch für Bareinnahmen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Grundsätzlich bedeutet dies nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens oder der Firma und der Anschrift des Vertragspartners. Auf die Befreiung von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung im Einzelhandel kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn die Situation bei Einzelhandelsunternehmen ist mit der bei Ausübung der Prostitution nicht vergleichbar. Anders als im Einzelhandel erbringt eine Prostituierte nicht Leistungen an eine Vielzahl nicht bekannter oder auch nicht feststellbarer Personen.

Zudem beurteilte das Finanzgericht die Schätzungen als moderat und befand, dass sich diese eher am untersten Schätzungsrahmen bewegen.

Quelle:
FG Hamburg, Urteil vom 16.11.2016, 2 K 110/15

 



nach oben