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Teilweise betrieblich genutzte Doppelgarage; Widmung als Voraussetzung für die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen (Kommentar von Udo Cremer)

26.02.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Gehört eine Doppelgarage mit unterschiedlichen Nutzungen zum notwendigen Betriebsvermögen? Und wie sind Teile eines Gebäudes, das auf unterschiedliche Weisen genutzt wird, zu differenzieren? Unser Experte Udo Cremer klärt auf.

  1. Hinsichtlich der Zuordnung zum Betriebsvermögen ist bei selbstständigen Gebäudeteilen auf den Raum als Ganzes abzustellen.
  2. Eine im Revisionsverfahren nachgereichte Vollmacht genehmigt sowohl die Revisionseinlegung als auch die Erhebung der Klage. Sie wirkt bis ins Einspruchsverfahren zurück.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte als Einzelunternehmer. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG. Im Streitjahr übertrug der Kläger seinen Miteigentumsanteil an dem von den Klägern selbst bewohnten Einfamilienhaus einschließlich Doppelgarage auf die Klägerin. In der Doppelgarage, die dem Haupthaus angegliedert war, waren sowohl die im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens aktivierten als auch die privaten PKW der Kläger geparkt. Im Rahmen einer im Jahre 1987 durchgeführten Betriebsprüfung waren u.a. deshalb 11 % des Gesamtgrundstücks (nach der Feststellung des FG entsprechend dem Miteigentumsanteil des Klägers) als eigenbetrieblich genutzt aktiviert worden. Diese Aktivierung geschah ausweislich des Betriebsprüfungsberichts (S. 5 f.) als "Einlage des betriebsnotwendigen Grundstücksteils ..." bzw. "Einlage des betriebsnotwendigen Gebäudeanteils ...". In diese 11 % waren zudem neben der hälftigen Doppelgarage Lagerräume als Teil des Betriebsvermögens eingegangen. Seit einem Umzug des Betriebs des Klägers im Jahr 1989 werden diese Lagerräume privat genutzt. Der Kläger aktivierte daraufhin bis zum Streitjahr das hälftige Garagengrundstück in seinem Einzelunternehmen. Nach Durchführung einer Außenprüfung erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2009. Das FA ging dabei von einer Zwangsentnahme des hälftigen Garagengrundstücks aus und ermittelte entsprechende Entnahmewerte. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab (EFG 2016, 887). Der hälftige Garagenanteil sei aufgrund der Aktivierung Betriebsvermögen gewesen, infolgedessen habe die Übertragung auf die Klägerin zu einer Entnahme geführt.

Die Revision ist begründet (BFH Urteil vom 10.10.2017, X R 1/16). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Nach den Grundsätzen, die für die bilanzsteuerrechtliche Aufteilung von Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungen gelten, hat die Doppelgarage im Streitfall nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört. Die Realisierung eines Entnahmegewinns würde daher voraussetzen, dass die Doppelgarage Teil des gewillkürten Betriebsvermögens des Klägers war; hierzu hat das FG bisher jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Zu deren Nachholung geht die Sache an das FG zurück. Zur bilanzsteuerrechtlichen Zuordnung von Gebäuden, deren Teile in unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die folgenden Grundsätze entwickelt: Teile eines Gebäudes, die in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, sind selbständige Wirtschaftsgüter. Wird ein (zivilrechtlich einheitliches) Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils durch Vermietung zu fremden Wohnzwecken oder teils zu eigenen Wohnzwecken genutzt, bilden die einzelnen, in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehenden Gebäudeteile bilanzsteuerrechtlich selbständige Wirtschaftsgüter und sind gesondert zu behandeln, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder als notwendiges Privatvermögen. Eine weitere Differenzierung ist nicht zulässig. Die Aufteilung ist grundsätzlich nach dem Größenverhältnis der für den einen oder anderen Zweck eingesetzten Nutzflächen vorzunehmen. Wird ein einzelner Raum eines Gebäudes für mehrere Zwecke genutzt, ist keine weitere Aufteilung vorzunehmen; vielmehr ist ein solcher Raum als Ganzes zu beurteilen. Nur ein Raum (und nicht ein Teil davon) ist die kleinste Einheit, die einer gesonderten Zuordnung fähig ist. Die Annahme eines selbständigen Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser durch Bauteile wie Decken, Wände, Fenster und Türen umschlossen und abgeschlossen, also ein Raum ist. Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung einer Garage. Sie ist bei Ein- oder Zweifamilienhäusern bilanzsteuerrechtlich kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern unselbständiger Teil des Gebäudes bzw. in den Bilanzansatz desjenigen selbständigen Gebäudeteils einzubeziehen, mit dem sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht. Von diesen (in erster Linie für Zwecke der Absetzung für Abnutzung entwickelten) Grundsätzen ist aber die Frage zu unterscheiden, ob eine Garage unter dem Gesichtspunkt eines im Verhältnis zum übrigen Gebäude abweichenden Nutzungs- und Funktionszusammenhangs als Betriebsvermögen zu qualifizieren ist.

Vorliegend hat die Doppelgarage nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört. Notwendiges Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs sind die Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind. Es bedarf dazu einer nach Art und Einsatz im Betrieb besonders engen betrieblichen Beziehung. Abzustellen ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb. Die Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung. Die (objektive) Zugehörigkeit eines solchen Wirtschaftsguts zum notwendigen Betriebsvermögen hängt jedoch nicht davon ab, dass es in der Bilanz aktiviert worden ist. Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie überwiegend, d.h. zu mehr als 50 %, eigenbetrieblich genutzt werden. Nichts anderes gilt in Bezug auf die betriebliche Nutzung eines gemischt genutzten Raumes, will man im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls das Gepräge dieses Raumes beurteilen. Die so umschriebene Funktion als notwendiges Betriebsvermögen kann der Doppelgarage im vorliegenden Fall nicht zukommen. Höchstens die Hälfte dieser Doppelgarage ist durch das Unterstellen der jeweiligen Betriebs-PKW betrieblich genutzt worden. In mindestens gleichem Ausmaß ist die Doppelgarage privat genutzt worden. Eine endgültige Funktionszuweisung der Doppelgarage zum (notwendigen) Betriebsvermögen ist in einem solchen Fall gerade nicht möglich.

Ob der Kläger im Streitjahr einen Entnahmegewinn unter dem Gesichtspunkt realisiert hat, dass die Doppelgarage zu seinem gewillkürten Betriebsvermögen gehört hat, kann der Senat wegen insoweit fehlender Feststellungen des FG nicht entscheiden. Zum gewillkürten Betriebsvermögen können Wirtschaftsgüter gehören, die objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Fehlt es (wie hier) an einer eindeutigen Beziehung zu dem einen oder dem anderen Bereich, steht es dem Unternehmer weitgehend frei zu bestimmen, ob er ein solches Wirtschaftsgut der Förderung betrieblicher Zwecke widmen will oder nicht. Unabhängig von der Gewinnermittlungsart verlangt eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen allerdings, dass dies unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentiert wird. Die Widmung eines Wirtschaftsguts zu betrieblichen Zwecken wird in der Regel durch den Ausweis der damit zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge in der Buchführung und durch dessen Aktivierung zum Ausdruck gebracht. Allerdings setzt die Widmung einen klar nach außen in Erscheinung tretenden Willensentschluss des Steuerpflichtigen voraus. Eine von einem Betriebsprüfer vorgenommene Zuordnung zum Betriebsvermögen führt nach der Rechtsprechung des BFH selbst dann nicht zu einer solchen Widmung, wenn der Steuerpflichtige die Auffassung des Prüfers nur deshalb übernommen haben sollte, weil er glaubte, ihr nicht mit Erfolg entgegentreten zu können. Ob im Streitfall die für eine solche Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nötige Widmung des Klägers (in der Vergangenheit) vorliegt, hat das FG nicht festgestellt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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