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Strukturwandel hin zu Dienstleistungen ist keine Wachstumsbremse

11.12.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Die steigende Bedeutung wissensintensiver Dienstleistungen trägt in der Europäischen Union positiv zur gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung bei. Die vielfach befürchteten Wachstumsverluste aus der Tertiärisierung bestätigen sich demnach nicht.

Der strukturelle Wandel von der Industrie zu Dienstleistungen bringt für die europäischen Regionen keinerlei produktivitätsdämpfende Effekte mit sich. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). Solche negativen Effekte der Tertiärisierung auf Produktivitätswachstum und Wirtschaftswachstum waren mit dem Argument geringerer Möglichkeiten zu Effizienzsteigerungen bei Dienstleistungen immer wieder erwartet worden.

Dass negative Effekte ausbleiben, liegt den Studienautoren Matthias Firgo und Peter Mayerhofer zufolge daran, dass die Tertiärisierung vorrangig durch das Wachstum von wissensintensiven, unternehmensnahen Dienstleistungen getrieben war. Diese wirken wegen ihrer besonderen Rolle in Wissenstransfer und unternehmerischen Innovationsprozessen positiv auf die Produktivität in anderen Branchen.

Die beiden Autoren analysierten unter Einsatz komplexer statistischer Verfahren mehr als 260 Regionen der EU 27 seit den 1990er-Jahren und finden einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen regionaler Produktivitätsentwicklung und dem Bedeutungsgewinn von wissensintensiven Unternehmensdiensten bzw. Marktdienstleistungen insgesamt.

Dies ist insofern beachtlich, als Potentiale für Effizienzgewinne in Dienstleistungen – anders als im industriell-gewerblichen Sektor mit seinem raschen technologischen Fortschritt und seinen Größenvorteilen in der Produktion – lange als gering angesehen wurden: Tatsächlich lässt sich etwa im Bildungsbereich kaum Lehrpersonal reduzieren, ohne die Qualität des Unterrichts zu senken; Frisöre bzw. Frisörinnen benötigen heute ähnlich lange für einen (identischen) Haarschnitt wie vor 20 Jahren; auch die Aufführung eines Musikorchesters erfordert heute etwa die gleiche Vorbereitungszeit wie in der Vergangenheit.

Neuere Ergebnisse der ökonomischen Forschung lassen an dieser pessimistischen Sicht allerdings Zweifel aufkommen: So sind auch im Dienstleistungsbereich viele Branchen mit hohen Produktivitätsniveaus bzw. hohen Produktivitätszuwächsen zu finden – nicht zuletzt viele wissensintensive bzw. unternehmensnahe Dienste wie etwa die boomenden Informations- und Telekommunikationsdienste. Vor allem aber können diese (stark wachsenden) wissensintensiven Unternehmensdienste auch Produktivitätsgewinne in anderen Branchen anregen: Erstens sind solche Dienste (etwa Softwareproduktion, Forschung und Entwicklung, Ingenieursdienste) oft selbst hoch innovativ, und ihre Innovationen sind für viele andere Wirtschaftsbereiche relevant. Zweitens sind solche Dienstleister häufig für unterschiedliche Unternehmen tätig und verbreiten so Best-Practice-Beispiele in anderen Unternehmen. Drittens ermöglichen es diese Dienste gerade kleinen Unternehmen, hoch spezialisiertes Wissen zu nutzen, das sonst nicht zur Verfügung steht.

Nach Ansicht der Autoren sprechen diese Ergebnisse für eine wirtschaftspolitische Strategie, die den fortschreitenden Wandel zum Dienstleistungsbereich als Bestandteil moderner Wirtschaftsentwicklung begreift und aktiv begleitet. Wesentlich wird es daher etwa sein, bereits verfügbare Förderprogramme stärker auf immaterielle Investitionen und Dienstleistungsinnovationen auszurichten, und die Vorteile (und Grenzen) einer Nutzung von unternehmensnahen Diensten stärker als Gegenstand in Informations- und Beratungsinitiativen für kleinere Unternehmen zu verankern.

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