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Soziokratie: Die Macht der Kreise

22.11.2021  — Nele Röder.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Top down? Pyramide? Unternehmen streben immer mehr nach Alternativen zu den traditionellen Entscheidungsstrukturen. Statt autokratischen Prozessen setzt die Soziokratie auf Selbstorganisation in Kreisprozessen.

Kreise über Kreise

Die Soziokratie funktioniert in Kreisprozessen. Statt Einzelpersonen sind semi-autonome Kreise mit gemeinsamem Ziel für Entscheidungen zuständig. Ein allgemeiner Kreis entscheidet auf Organisationsebene, weitere Kreise dann bei spezifischen Projekten. Der wesentliche Unterschied zu reinen Abteilungen besteht darin, dass eine Person Mitglied in mehreren Kreisen sein kann.

Jeder Kreis besitzt eine Kreisleitung, diese wird durch offene Wahlen bestimmt. Jede:r begründet dabei, warum er eine bestimmte Person als Leitung wählt. Die Verbindung zwischen zwei Kreisen besteht dann aus der Kreisleitung und einem Delegierten aus einem anderen Kreis. Jeder Kreis organisiert sich selbst, nicht nur in Bezug auf die Führungsperson, sondern auch bei Rollen, Ansprechpartner:innen, Teilzuständigkeiten und Delegationen.

Die Entscheidungen erfolgen nach dem „Konsent-Prinzip“. Dabei ist „Konsent“ als Wortneuschöpfung vom demokratischen „Konsens“ zu unterscheiden. Statt „Wer ist dafür?“ wird gefragt „Wer ist dagegen?“. Heißt also: Wenn niemand einen schwerwiegenden Einwand gegen die Lösung hat, wird dieser Vorschlag beschlossen.

Die wunderbare Welt der Soziokratie

Die Vorteile der Organisationsmethode liegen auf der Hand: Die Verantwortung und die Macht werden auf mehrere Schultern verteilt. Dadurch werden Führungskräfte entlastet und andere Kreismitglieder stärker beteiligt. Auch das Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitendem ändert sich. Es wird die Angst genommen, sich ausschließlich zustimmend zu äußern, da die Führungsperson beispielsweise keine Gewalt mehr über Personalentscheidungen hat.

In Kreisversammlungen wird einer Person nach der anderen das Wort gegeben. Das kann Sitzungen durchaus in die Länge ziehen und wird manch stark Introvertierten vielleicht eher belasten, aber es besteht für jede:n die Möglichkeit, Ideen und Meinungen zu äußern.

Die erhöhte Mitbestimmung und Eigenverantwortung im Vergleich zu autokratischen Organisationen können dazu führen, dass sich Mitarbeitende nicht nur stärker mit einzelnen Projekten, sondern mit dem Unternehmen an sich identifizieren.

Schwächen des Systems

Die oben erwähnte Miteinbeziehung eines jeden Teilnehmenden kann natürlich schnell zum Problem werden, wenn jemand beispielsweise nur aufgrund seines Egos eine Entscheidung blockieren möchte.

Zudem ist die Soziokratie an sich nicht umfassend definiert. Es gibt die vier Grundprinzipien (Kreisaufteilung, Konsent-Prinzip, offene Wahlen, Kopplung der Kreise), aber abgesehen davon kann die Soziokratie umgewandelt und angepasst werden. Das kann natürlich auch häufig ein Vorteil sein, um das Modell noch passender für das eigene Unternehmen zu machen. Es besteht jedoch auch die Gefahr, dass die Kreise falsch gewählt, die Entscheidungen zu kleinschrittig oder aber Prozesse zu einschränkend gestaltet werden.

Als Schwächen werden außerdem fehlende Karrierechancen genannt, da klassische Aufstiegschancen nicht gegeben sind. Zudem kann die Soziokratie durchaus sehr bürokratisch werden und so langsam und starr sein.

Quellen und Hintergründe:

Bild: Gladson Xavier (Pexels, Pexels Lizenz)

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