Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

OLG Köln zur Aufklärungspflichten bei Affiliate-Tätigkeiten

04.02.2021  — Rolf Becker.  Quelle: WIENKE & BECKER - KÖLN.

Vergleichs- und Testportale und Seiten, die deren Inhalte nutzen, gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Das Geschäftsmodell finanziert sich regelmäßig über Affiliate-Links oder Angebotsvermittlungen zu den vorgestellten Produkten und Leistungen. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER - KÖLN erläutert die rechtlichen Hinweispflichten, die hierbei gelten.

In dem Verfahren vor dem OLG Köln ging es um die Bewerbung von Matratzen über ein redaktionell aufgemachtes Technik und Verbraucherportal. Wie mittlerweile üblich, finanzierte sich das Portal neben anderen Einnahmequellen über Erlöse durch das Setzen sogenannter „Affiliate-Links“ in ihren Beiträgen. Die Links führen auf Online-Shops Dritter oder sonstige Einkaufsmöglichkeiten für das im Bericht beschriebene Produkt. Tätigt der Leser einen Kauf, erhält der Affiliate eine Vergütung.

Der Vertreiber einer bekannten Matratze mahnte das Portal ab und klagte auf Unterlassung unter Bezug auf die konkrete Werbung. Der Beitrag berichtete über die Ergebnisse von Matratzentests der Stiftung Warentest. Dabei sollten lt. Beitrag die „aktuell am besten bewerteten Matratzen“ aus verschiedenen Kategorien vorgestellt werden und es folgten Angaben zu Testsiegern.

Nach Ansicht des klagenden Matratzenvertreibers handelte es sich um sog. redaktionelle Werbung, die wettbewerbswidrig sei, weil nicht hinreichend deutlich das Affiliate-Verhältnis offengelegt sei. Zudem machte er unter weiteren Aspekten Irreführungen geltend. Das LG Köln (Beschl. v. 06.10.2020, Az. 84 O 168/20) hatte den Antrag noch abgewiesen, doch das OLG Köln sah eine Verletzung (Urt. v. 16.12.2020, Az. 6 W 102/20) im Sinne einer mangelnden Transparenz der geschäftlichen Tätigkeit.

Der Portalbetreiber verwies auf einen dem Beitrag vorangestellten Hinweis, dem ein Einkaufswagensymbol vorangestellt war.

Auch bei klassischen Anzeigen würde zur Einhaltung des Trennungsgebots der „Anzeigenhinweis“ oberhalb der Werbeanzeige graphisch abgetrennt angezeigt. Diese Übung habe sie übernommen. Sowohl die Werbungen als auch die Affiliate-Links würden zwar im Kontext der journalistisch-redaktionellen Beiträge angezeigt. Dies ändere jedoch nichts an der Natur der unabhängig erstellten Beiträge. Diese seien nicht käuflich und stellten keine Werbung dar. Die Beiträge seien auch nicht irreführend. Dem konnten die Kölner Richter nicht folgen.

Kommerzielle Zweck nicht deutlich gemacht

Gemäß § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Der 6. Senat sah jedenfalls im Setzen eines Affiliate-Links eine geschäftliche Handlung und ließ dahinstehen, ob damit der gesamte Beitrag als eine solche Handlung angesehen werden kann. Die Verlinkung auf die Shop-Seiten der Anbieter der Matratzen sei auf die Förderung des Absatzes dieser Matratzen gerichtet, u.a. um wiederum selbst Einnahmen zu generieren. Dieser kommerzielle Zweck sei nicht ausreichend deutlich gemacht worden und ergebe sich auch nicht unmittelbar aus der Veröffentlichung.

Abweichung vom klassischen Anzeigenmodell

Der sog. „durchschnittlich informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher“ konnte diesen kommerziellen Zweck nach Wertung der Richter nicht klar und eindeutig erkennen. Insbesondere reichte den Richtern der vorangestellte umrahmte Hinweis auf das Vergütungsmodell, welcher den Beiträgen jeweils vorangestellt war nicht aus. Verbraucher würden diesen dem Beitrag nicht zuordnen und deshalb keine Veranlassung sehen, sich vor der Lektüre des Beitrags mit dessen Inhalt zu beschäftigen.

Aufgrund der Unähnlichkeit des vorliegenden Werbe- und Vergütungsmodells im Vergleich zu klassischen Anzeigemodellen sah das Gericht auch keine Verbrauchergewöhnung an eine solche Platzierung. Das beklagte Portal hatte auf die klassischen Anzeigen verwiesen. Auch dort werde der Hinweis „Anzeige“ stets oberhalb der Werbeanzeige erscheinen. Der Verbraucher stellt auch aufgrund der weiteren Einkaufswagensymbole im Text bei den Links keine Verknüpfung zum Hinweis oberhalb des Beitrags dar:

Vorliegend handelt es sich bei den Beiträgen nach Ansicht der Antragsgegnerin bereits nicht um eine Werbeanzeige, es fehlt an einer Umrandung und daran, dass der Hinweis unmittelbar an einer Umrandung angebracht ist. Damit ist allein die Anbringung oberhalb des in Bezug zu nehmen-den Beitrags übernommen worden. Nicht jeder oberhalb eines Beitrags dargestellte Hinweis wird jedoch vom Verbraucher - ohne weiterreichende Anhaltspunkte wie etwa Sternchenhinweise o.ä. – als zum nachfolgen-den Beitrag gehörend aufgefasst. ….
Durch die verschiedenen, ebenfalls hervorgehobenen Werbeanzeigen, die oberhalb und neben dem Beitrag sichtbar sind, aber auf dem ersten Blick erkennbar nicht zum redaktionellen Beitrag gehören, ist der Hinweis mit dem Einkaufswagensymbol jedenfalls in der konkreten Zusammenstellung nicht geeignet, den Leser darüber aufzuklären, dass ein Zusammenhang zwischen dem Hinweis und dem nachfolgenden Beitrag besteht. Dass das Einkaufswagensymbol allgemein mit Hinweisen auf Affiliate-Links in Verbindung gebracht würde, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Einkaufswagensymbol vor Link reicht nicht

Zwar könnte man das Einkaufswagensymbol als einen entsprechenden Hinweis zum Linkziel auf eine Bestellseite ansehen. Für die Aufklärung über den kommerziellen Zweck der Linkzielsetzung für das Portal selbst reichte dies den Richtern aber ebenfalls nicht aus:

Zwar sind auch innerhalb des Beitrags die Links farblich hervorgehoben und in der Regel mit einem Einkaufswagensymbol gekennzeichnet. Dadurch wird dem Leser deutlich gemacht, dass es sich um Links auf kommerzielle Seiten Dritter handelt. Dass die Verlinkungen in dem Beitrag den Leser jedoch nicht nur über Erwerbsmöglichkeiten informieren und ihn auf kommerzielle Seiten leiten wollen, sondern auch der Generierung von Erlösen der Antragsgegnerin dienen, wird nicht deutlich.

Verbraucher wird beeinflusst

Das Gericht sah auch die weitere Voraussetzung als erfüllt an, wonach die nicht ausreichende Kenntlichmachung des kommerziellen Charakters der Beiträge auch geeignet sein muss, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Vergütung für Kauf über Link ist relevante Information

Die Vergütungsvereinbarung sei eine relevante Information für den Verbraucher.

…bereits das Bestehen solcher Vereinbarungen [ist] eine für den Verbraucher relevante Information. Nur in Kenntnis des kommerziellen Interesses der Antragsgegnerin an der Vorstellung bestimmter Produkte in ihrem Beitrag kann er eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob er den Angaben im Beitrag vertraut oder ob er andere oder weitere Informationsquellen heranziehen möchte.

Wettbewerbsförderung

Der Matratzenvertreiber konnte auch gegen das Portal klagen, da das Portal fremden Wettbewerb förderte. Im Fall der Förderung fremden Wettbewerbs ist es ausreichend, wenn zwischen dem durch das Portal geförderten Unternehmen und dem Anspruchsteller ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

Fazit:

Das Urteil des OLG Köln ist zwar auf den konkreten Fall und die dortige Gestaltung ausgerichtet. Dennoch reicht es in seiner Wirkung weit darüber hinaus. Der 6. Zivilsenat macht klar, dass Affiliates, die ihre Werbung in ein redaktionelles Umfeld einbetten, gehalten sind, nicht nur kenntlich zu machen, dass Verweise auf kommerzielle Bestellmöglichkeiten führen. Vielmehr müssen sie den Verbraucher klar und verständlich darüber informieren, dass Geld fließt, wenn über den Link gekauft wird. Die Information darf nicht irgendwo versteckt werden, sondern muss so platziert sein, dass der Verbraucher diese Links unmittelbar zuordnen kann. Auch wenn sich nur die I. Instanz mit der Auswertung der Testergebnisse der Stiftung Warentest beschäftigte wird klar, dass hier mit großer Präzision und Vorschicht bei der Darstellung agiert werden muss, insbesondere wenn mehrere Tests angesprochen werden. Hier muss immer klar erkennbar werden, zu welchen konkreten Tests die Ausführungen erfolgen.

Bild: geralt (Pixabay, Pixabay License)

nach oben