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Nur die Hälfte aller Unternehmen verfolgt eine Strategie zur Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit

05.08.2020  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Mercer Deutschland GmbH.

Einst als vermeintliches Nischen- oder Randthema abgetan, zeigt die globale Studie "When Women Thrive" der Unternehmensberatung Mercer, dass Diversity & Inclusion im Bewusstsein der Unternehmen angekommen ist. Dabei beweisen immer mehr Beispiele, wenn Frauen erfolgreich sind, sind auch die Unternehmen erfolgreich.

„Diversity & Inclusion ist für Unternehmen weder ein Selbstzweck noch ein Selbstläufer, doch sie sind die Voraussetzung für geschäftlichen Erfolg“, ordnet Achim Lüder, Senior Partner und Geschäftsführer von Mercer Deutschland, ein. An der diesjährigen Studie nahmen im Herbst 2019 weltweit über 7 Millionen Mitarbeitende, davon 2,8 Millionen Frauen, aus 1.157 Unternehmen teil. Sie beinhaltet erstmalig auch einen separaten Blick auf die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Zunächst die gute Nachricht: Nahezu zwei Drittel (64 Prozent) der Organisationen in der DACH-Region haben sich dazu verpflichtet, Vielfalt zu fördern und eine inkludierende Unternehmenskultur anzustreben. Sie engagieren sich aktiv, um konkrete Schritte umzusetzen und ihren Kurs zu ändern – dabei liegen viele Ergebnisse über dem weltweiten Durchschnitt.

Auch mit Blick auf die Entgeltgerechtigkeit wurden weltweit Fortschritte gemacht. Immer mehr Unternehmen wenden konsequentere Methoden an, um diese zu erreichen. So geben 82 Prozent der Unternehmen in der DACH-Region an, dass Entgeltgerechtigkeit zu ihrer Vergütungsphilosophie oder -strategie gehört. Dieser Wert liegt über dem weltweiten Durchschnitt von 74 Prozent. Entgeltgerechtigkeit ist zwar tendenziell als Geschlechterfrage formuliert – dies aber in beide Richtungen. Daher können auch unterbezahlte Männer von einer korrigierenden Anpassung profitieren.

Auch bei anderen Maßnahmen schneidet die DACH-Region besser ab. So erheben 73 Prozent der Unternehmen – im Vergleich zu 64 Prozent weltweit – Daten zur Geschlechterrepräsentation nach Karrierestufe. 64 Prozent der Unternehmen – im Vergleich zu 50 Prozent weltweit – geben an, dass ihr Unternehmen formale quantitative Ziele oder Vorgaben zu Diversity & Inclusion-Ergebnissen festlegt. Und 77 Prozent der Unternehmen bieten – im Vergleich zu 66 Prozent weltweit – eine Vielzahl flexibler Arbeitsmodelle an.

Auf diese erfreuliche Erkenntnis folgt jedoch die Ernüchterung. Auch mit flexiblen Arbeitszeitregelungen fehlt es den Beschäftigten an Wertschätzung. Weniger als die Hälfte (45 Prozent) derjenigen, die zu gleichen Teilen außerhalb des Büros arbeiten, geben an, dass sie Wertschätzung von ihren Unternehmen im gleichen Maße erhalten – was dem globalen Durchschnitt von 44 Prozent entspricht. Und in nur 9 Prozent der Unternehmen haben Teilzeitmitarbeitende die gleichen Chancen sich weiterzuentwickeln, wie Vollzeitmitarbeitende, was deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt (45 Prozent) liegt.

Um Diversity & Inclusion in der Unternehmenskultur zu verankern, sind Vereinbarungen für die Flexibilisierung der Arbeitszeit entscheidend. Mitarbeitende aus unterschiedlichen demografischen Gruppen schätzen die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten, um die Arbeit mit anderen Interessen und Verantwortlichkeiten in Einklang zu bringen. Das ist nicht nur für „Millennials“ und die Generation Z wichtig, sondern auch für erfahrene Mitarbeiter, die häufig für die Pflege von Angehörigen verantwortlich sind.

Die COVID-19-Pandemie wird sich hoffentlich nachhaltig und positiv darauf auswirken, wie Unternehmen flexible Arbeit sehen und bewerten, nachdem Millionen von Beschäftigten für einen längeren Zeitraum des Jahres 2020 effektiv ins Home-Office gewechselt sind.

„Individualität und Flexibilisierung war lange Zeit schwierig zu administrieren. Jetzt stehen den Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung Tools zur Verfügung, die helfen, das Ganze umzusetzen“, erklärt Lüder. „Bei praktisch allen Aspekten der Bemühungen um Diversity & Inclusion – von der Datenanalyse über den Talent Acquisition-Prozess und die Mitarbeiterauswahl, -entwicklung und -kommunikation bis hin zu Gesundheit und finanziellem Wohlbefinden – können Technologien systematische und skalierbare Veränderungen vorantreiben, um Unternehmen wirklich zu transformieren.“ Dennoch hat die Mercer-Studie ergeben, dass weniger als die Hälfte der Unternehmen in der DACH-Region tatsächlich Technologien für diese Zwecke nutzen.

Insgesamt gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen Haltung und konsequenter Handlung. „Auch, wenn Diversity & Inclusion im Bewusstsein der Unternehmen angekommen ist, hat der kulturelle Wandel innerhalb der Unternehmen noch nicht stattgefunden,“ so Lüder. „Viel zu wenige Unternehmen haben die notwendige Umgebung oder Kultur geschaffen, in denen Frauen die Chance zum Erfolg haben.“ Dass Frauen in der DACH-Region in Führungspositionen weiterhin deutlich weniger vertreten sind als Männer, ist einer der Indikatoren. Viele Frauen stagnieren in ihrer Karriere oder verlassen das Unternehmen ganz. Um die nach wie vor bestehenden Missstände bei der geschlechtsspezifischen Diversität in Unternehmen zu beseitigen, reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus.

Datenbasierte Prognosen zeigen, dass mit den aktuellen Bemühungen in Talentprozessen erst in 100 Jahren eine Gleichverteilung zwischen Männern und Frauen in Top-Management- und Senior Executive-Positionen erreicht werden kann. In den kommenden zehn Jahren wird sich der Anteil der Frauen um gerade einmal fünf Prozentpunkte erhöhen. Die Zahlen zeigen somit, dass bei Einstellung, Beförderung und Bindung eine zielgerichtete Überrepräsentation von Frauen gegenüber Männern erforderlich ist, um Geschlechterparität zu erreichen.

Geschlechtervielfalt beginnt damit, dass Unternehmen in die eigenen Fähigkeiten vertrauen, Frauen zu rekrutieren, fördern und halten zu können. Diesbezüglich fehlt Organisationen in der DACH-Region im weltweiten Vergleich der Optimismus. So hat mehr als jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) Bedenken, ob es möglich ist, Frauen als Mitarbeitende zu gewinnen und zu fördern, während der weltweite Vergleichsmaßstab bei 32 Prozent liegt.

Zudem ist eine Verankerung auf allen Ebenen erforderlich. Führungskräfte und Vorstände, männliche wie weibliche, sind wesentliche Treiber von Diversity & Inclusion, besonders wenn es darum geht, eine engagierte Führung, persönliches Engagement und Beharrlichkeit zu demonstrieren.

Doch trotz des hohen Engagements von Vorstandsmitgliedern und leitenden Führungskräften hinkt die DACH-Region bei der Einbeziehung des mittleren und unteren Managements weit hinterher. Dass der kulturelle Wandel nicht bis zum unteren Management vorgedrungen ist, das über die Einstellung, Beförderung und Bindung von Frauen entscheidet, ist ein ernsthaftes Hindernis und eine verpasste Gelegenheit.

Männer sind wichtig für die erfolgreiche Verwirklichung von Zielen in Bezug auf Diversity & Inclusion, doch sie stehen in allzu vielen Fällen außerhalb des Diskurses. In der DACH-Region geben nur 27 Prozent der Unternehmen an, dass Männer aktiv an Programmen und Initiativen für Diversity & Inclusion beteiligt sind – mehr als 20 Prozentpunkte weniger als der weltweite Durchschnitt von 48 Prozent.

Diversitäts-Maßnahmen, -Programme und -Richtlinien eines Unternehmens müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, um zu einem inklusiven Umfeld beizutragen, in dem es nicht nur eine gleichberechtigte Vertretung der Geschlechter, sondern auch Gleichheit in Bezug auf Chancen, Arbeitsumgebung und Bezahlung auf allen Ebenen gibt. Eine konsequente Messung von Kennzahlen kann dabei helfen, Veränderungen eine Richtung zu geben und Fortschritte nachzuhalten. Die Verankerung auf allen Führungsebenen braucht zudem eine gezielte Befähigung, um mit gestärktem Commitment zu agieren und die Veränderung einzuleiten.

„Das Konzept Diversity & Inclusion muss sich im Mindset und den Verhaltensweisen der Mitarbeiter auf allen Ebenen eines Unternehmens verwurzeln. Dies ist ein Transformationsprozess“, bringt Lüder es auf den Punkt. „Auf dieser letzten Meile müssen noch gezieltere und tiefergreifende Veränderungen umgesetzt werden, nicht nur innerhalb der Unternehmen, sondern auch in der Gesellschaft.“

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