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Neues BMF-Schreiben zur betrieblichen Gesundheitsförderung – Teil 1

15.06.2021  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Mit BMF-Schreiben vom 20.04.21 hat sich das Bundesfinanzministerium umfassend zu den Rahmenbedingungen für die Steuerfreiheit von Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge nach § 3 Nr. 34 EStG geäußert.

Wie bei nahezu allen Steuerbefreiungsvorschriften ist die Steuerfreiheit an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gekoppelt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor oder kann der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht nachweisen, handelt es sich um Arbeitslohn, der sowohl der Regelversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist.

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Nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes ist die Steuerfreiheit im Wesentlichen an sozialversicherungsrechtliche Bedingungen geknüpft (vgl. §§ 20 und 20b SGB V). Bitte beachten Sie, dass Sie als Arbeitgeber nachweisen müssen, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vorgelegen haben. Es ist ein Trugschluss, dass das Finanzamt nachweisen muss, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Steuerliche Anerkennung von steuerfreien Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 34 EStG

Nach Maßgabe von § 3 Nr. 34 EStG sind

  • zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte
  • Leistungen des Arbeitgebers
  • zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und
  • zur Förderung der Gesundheit in Betrieben,
  • die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) genügen,

steuerfrei, soweit sie 600 Euro je Kalenderjahr und Arbeitnehmer nicht übersteigen.

Zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

Um in den Genuss der Steuerfreiheit zu kommen, muss es sich grundsätzlich um zertifizierte Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention handeln. Unter bestimmten Voraussetzungen können jedoch auch nicht zertifizierte Leistungen steuerlich begünstigt sein.

Die Zertifizierung der Leistungen erfolgt über die Krankenkasse durch die Zentrale Prüfstelle Prävention und das Team Gesundheit GmbH. Soweit die jeweilige Krankenkasse direkt mit dem Arbeitgeber abrechnet und einen Zuschuss leistet, ist dieser Zuschuss steuerfrei.

Wenn der Arbeitnehmer in Vorleistung tritt und die Kosten für die Maßnahme zunächst verauslagt, kann er bei seinem Arbeitgeber bei Vorlage der entsprechenden Nachweise eine nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfreie Kostenerstattung erhalten. Hierbei handelt es sich nicht um eine nachträgliche Kostenerstattung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 EStG.

Um Doppelförderungen zu vermeiden, also eine Zuschussgewährung sowohl vom Arbeitgeber als auch von der Krankenkasse, hat der Arbeitnehmer eine entsprechende Erklärung abzugeben. Diese Nachweise sind vom Arbeitgeber aufzubewahren und als Anlage zum Lohnkonto zu nehmen.

Steuerlich begünstigt sind nicht nur Präventionskurse, die unmittelbar von der Krankenkasse erbracht werden, sondern auch zertifizierte Präventionskurse, die auf Veranlassung des Arbeitgebers von einem Dritten erbracht werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Leistungen durch eine Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten zertifiziert sind.

Nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

Auch nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers können steuerlich begünstigt sein. Soweit ein Präventionskurs ohne Beteiligung einer Krankenkasse erfolgt, besteht grundsätzlich keine Möglichkeit der Zertifizierung im Sinne von §§ 20 und 20b SGB V.

Nicht zertifizierte Maßnahmen können ausnahmsweise steuerfrei sein, soweit

  • die Leistungen Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind, der nach § 20b SGB V bezuschusst wurde, beziehungsweise wird, oder
  • die nicht zertifizierten Präventionskurse hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20 SGB V genügen und sie im Auftrag eines Arbeitgebers allein für dessen Beschäftigte durchgeführt sowie vom Leistungsanbieter nicht mit demselben Konzept auch für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden.

Die finale Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 vorliegen, wird im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung durch das Finanzamt getroffen. Um Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzamt zu vermeiden, ist es empfehlenswert, sich im Vorfeld der Maßnahme durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen abzusichern und sich vom jeweiligen Anbieter ausdrücklich bestätigen zu lassen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Präventionsmaßnahme vorliegen.

Die Steuerfreiheit gilt für die im GKV-Leitfaden Prävention beschriebenen und dem Arbeitnehmer persönlich zuordenbaren Leistungen im Handlungsfeld Gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil mit den Präventionsprinzipien

  • Stressbewältigung und Ressourcenstärkung (Rz. 22)
  • Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte (Rz. 23)
  • Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag (Rz. 24) sowie
  • Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb (Rz. 25).

In der nachfolgenden Aufstellung sind den Präventionsprinzipien beispielhaft mögliche Inhalte zugeordnet:

Rz. 22: Stressbewältigung und Ressourcenstärkung

  • Sensibilisierung und Information zu durch Stress bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung,
  • Vermittlung und praktische Einübung von Selbstmanagement-Kompetenzen in Bereichen wie systematisches Problemlösen, Zeitmanagement und persönliche Arbeitsorganisation,
  • Vermittlung von Methoden zur Ressourcenstärkung, insbesondere kognitive Umstrukturierung zur Einstellungsänderung, positive Selbstinstruktion, Stärkung der Achtsamkeit, Resilienz, Balance von Berufs- und Privatleben sowie deren praktische Einübung,
  • Vermittlung und praktische Einübung von Entspannungsverfahren (zum Beispiel Autogenes Training und Progressive Relaxation, Hatha Yoga, Tai Chi und Qigong),
  • Vermittlung von Selbstbehauptungs- und sozialkommunikativen Kompetenzen,
  • Anleitungen für Übungen außerhalb der Trainingssitzungen.

Rz. 23: Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte

  • Sensibilisierung und Information zu durch Bewegungsmangel und körperliche Fehlbelastungen bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung,
  • angeleitete Gesundheitssportangebote zur Reduzierung von Bewegungsmangel: Vermittlung von Wissen und Aufbau von Handlungskompetenzen zur Vorbeugung von bewegungsmangelbedingten und durch Fehlbeanspruchungen induzierten Beschwerden und Erkrankungen (zum Beispiel Pausengymnastik, Ausgleichsgymnastik, Krafttraining mit bis zu 50 % Geräteeinsatz, Ausdauertraining auch im Wasser),
  • Anleitung zur Bewältigung von Schmerzen und Beschwerden im Bereich des Muskel-und Skelettsystems (zum Beispiel Rückenschule, Muskelaufbautraining auch mit bis zu 50 % Geräteeinsatz).

Rz. 24: Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag:

  • Sensibilisierung und Information für einen gesundheitsgerechten Ernährungsstil, auch durch Erstellung individueller Gesundheitsprofile (zum Beispiel Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Metabolisches Syndrom),
  • Gruppen- und Einzelberatungen zur Vermeidung/Reduzierung von Übergewicht sowie von Mangel- und Fehlernährung,
  • Gruppenangebote zur gesunden Ernährung mit Beratung und Anleitung (zum Beispiel Informationen zu Inhaltsstoffen, praktischen Übungen, Kochen).

Rz. 25: Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb

  • Sensibilisierung und Information zu Suchtgefahren und ihrer Verhütung,
  • Beratungen/Kurse zur Tabakentwöhnung, zum gesundheitsgerechten Alkoholkonsum sowie zu weiteren Suchtformen.
  • Für die steuerliche Anerkennung der Maßnahmen spielt es keine Rolle, ob diese auf dem Betriebsgelände oder außerhalb des Betriebsgeländes erbracht werden.

Bitte beachten Sie, dass nur Maßnahmen steuerlich begünstigt sind, die die unmittelbar im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllen. Ausdrücklich nicht unter die Steuerbefreiung fallen laut Rz. 34 des BMF-Schreibens insbesondere Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.

Fortsetzung folgt!

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine von Volker Hartmann.

Bild: nd3000 (Adobe Stock, Adobe Stock Standardlizenz)

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