Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Neue Rechtsprechung: Die Sprinterklausel bei Abfindungsvereinbarungen – Teil 2

21.09.2021  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wie sind Abfindungszahlungen, die unter der Bedingung einer Sprinterklausel gezahlt wurden, lohnsteuerlich zu behandeln? Dieser Frage widmet sich Lohnsteuerexperte Volker Hartmann auch in dieser Ausgabe unseres Newsletters.

§ 24 Nr. 1a in Verbindung mit §§ 34 Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 2 EStG
Urteil Niedersächsisches Finanzgericht vom 08.02.18, 1 K 279/17
Urteil Hessisches Finanzgericht vom 31.05.21, 10 K 1597/20

Im letzten Beitrag haben wir Sie darüber informiert, wie sog. Sprinterklauseln in Aufhebungsvereinbarungen lohnsteuerlich zu würdigen sind. Bei einer Sprinterklausel wird einem Arbeitnehmer zusätzlich zur vereinbarten Abfindungszahlung die Gewähr einer zusätzlichen bzw. höheren Abfindungszahlung zugesagt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor dem ursprünglich vereinbarten Aufhebungszeitpunkt beendet.

Streitig ist, ob der auf die Sprinter-Klausel entfallende Anteil der Gesamtabfindungen der Regelversteuerung oder der ermäßigten Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung zu unterwerfen ist. Laut Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 31.05.21, 10 K 1597/20, ist der aufgrund der Ausübung der Sprinterklausel erhaltene Entschädigungsbetrag der ermäßigten Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung der Lohnversteuerung zu unterwerfen.

Urteil Niedersächsisches Finanzgericht vom 08.02.18, 1 K 279/17

Bereits mit Urteil vom 08.02.18, 1 K 279/17 hat das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 08.02.18 zu Ungunsten der Arbeitnehmerin genau andersherum entschieden.

Nach Überzeugung des Niedersächsischen Finanzgerichts ist der Zusammenhang zwischen der zusätzlichen Leistung des Arbeitgebers aufgrund der Sprinterklausel und der originären Abfindungszahlung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu negieren und eine isolierte Betrachtungsweise zugrundezulegen.

Nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichtes liegt ein neues schadenstiftendes Ereignis vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer im zuvor abgeschlossenen Aufhebungsvertrag enthaltenen Sprinterklausel das Arbeitsverhältnis vor dem ursprünglich vereinbarten Austrittstermin kündigt. Die ermäßigte Besteuerung kommt entsprechend nur für die originäre Abfindungszahlung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Betracht. Der aufgrund der Ausübung der Sprinterklausel erhaltene Entschädigungsbetrag ist hingegen der Regelversteuerung zu unterwerfen.

Darüber hinaus darf der Arbeitnehmer das schadenstiftende Ereignis (hier der vorgezogene Austrittstermin) nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Werden in einer Abfindungsvereinbarung neben Entschädigungen für künftig entgehende Einnahmen auch Zahlungen einbezogen, die dem Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung zustehen, ist eine Aufteilung in einen steuerlich begünstigten und einen der Regelversteuerung unterliegenden Anteil aufzuteilen.

Auswirkungen der Finanzgerichts-Rechtsprechung auf die lohnsteuerliche Praxis

Das Vorliegen kausaler Zusammenhänge wird von der Rechtsprechung häufig ignoriert und stattdessen eine isolierte Betrachtungsweise zugrundegelegt. Dies führt in der (lohn-)steuerlichen Praxis häufig zu Verwerfungen und ungewollten steuerlichen Konsequenzen.

Im hier vorliegenden Fall handelt es sich um Rechtsprechung der Finanzgerichte, die für die Finanzverwaltung grundsätzlich nicht bindend ist. Das bedeutet, dass sich die Finanzverwaltung im Zweifelsfall auf das für den Arbeitnehmer ungünstige Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 08.02.18 berufen kann und der Arbeitnehmer sich im Umkehrschluss nicht auf das für ihn günstigere Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 31.05.21. Für die Finanzverwaltung sind grundsätzlich nur höchstrichterliche Urteile des Bundesfinanzhofs bindend.

Bis zum Vorliegen künftiger höchstrichterlichen Rechtsprechung verbleibt es daher bei einem nicht unerheblichen Maß an Rechtsunsicherheit. Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine von Volker Hartmann.

Bild: WilliamCho (Pixabay, Pixabay License)

nach oben