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Mietzuschuss (Kommentar von Udo Cremer)

17.01.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Einnahme i.S. des § 8 Abs. 1 EStG - Mietzuschuss - Fehlen konstitutiver Merkmale eines Gelddarlehens

Ist die Rückzahlungsverpflichtung vom Eintritt einer Bedingung dergestalt abhängig, dass nicht nur der Zeitpunkt der Rückzahlung ungewiss ist, sondern auch, ob die Verpflichtung zur Rückgewähr unbedingt entsteht, und trägt hierfür der Darlehensgeber das wirtschaftliche Risiko, führt die Hingabe des Geldes beim Empfänger zu einer Einnahme.

Die am ... 1989 gegründete Klägerin ist eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftszweck der Betrieb und die Verwertung von gewerblichen Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, insbesondere die Verwaltung und Vermietung von Büro- und Geschäftshäusern sowie sonstiger gewerblicher Immobilien ist. Sie erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die sie im Wege einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte.

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Am 25. August 1992 erwarb die Klägerin in D ein Grundstück zu dem Zweck, hierauf ein ...zentrum zu errichten. Im September 1992 schloss die Klägerin mit der B-GmbH einen Generalübernehmervertrag, mit dem der B-GmbH die schlüsselfertige Erstellung des ...zentrums einschließlich aller erforderlichen Planungsleistungen übertragen wurde. Die B-GmbH erhielt zudem den Auftrag zur Erstvermietung des Gebäudes und übernahm eine Zinsgarantie. In der Zeit zwischen November 1992 und November 1994 wurde das ...zentrum mit Büroflächen von ... qm und ... Tiefgaragenstellplätzen (Bürogebäude Z) errichtet. Mit Schreiben vom 15. November 1994 teilte die B-GmbH der Klägerin mit: "Das Bürohaus ..., Z, wird im Dezember diesen Jahres bezugsfertig.

Nach jetziger Einschätzung der Vermietungssituation in D gehen wir als mit der Erstvermietung beauftragte Gesellschaft davon aus, dass erst im Laufe des kommenden Jahres eine Vollvermietung des Fondsobjektes erreicht werden kann. Die B-GmbH stellt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für das Jahr 1995 eine Ausschüttung in Höhe von 2,5 % (dies sind 50 % der prospektierten Ausschüttung) durch Gewährung eines Mietzuschusses sicher, verbunden mit folgendem Besserungsschein: Sofern und soweit in späteren Jahren Mieteinnahmen entstehen, die die Fonds-Prognose-Rechnung übersteigen, stehen diese bis zur Höhe des gewährten Mietzuschusses uns zu. Für die Berechnung der Mehreinnahmen ist die eingetretene reale Inflationsentwicklung maßgeblich. Die Zahlung des Mietzuschusses für 1995 erfolgt am 31.12.1995. Ihr Einverständnis mit dieser Regelung bitten wir uns zu bestätigen ...".

Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloss im Juli 1995 die Annahme dieses Angebots. Im November 1995 überwies die B-GmbH der Klägerin von dem zugesagten Gesamtbetrag in Höhe von 5.140.293 DM einen Betrag in Höhe von 4.596.278 DM. Der Restbetrag wurde im Jahr 1996 durch Verrechnung mit Forderungen der B-GmbH aus Mieterbeschaffungsgebühren gezahlt. Am 25. Juni 1996 schloss die Klägerin mit der B-GmbH eine Vereinbarung über die vorzeitige Tilgung des Darlehens. Darin einigten sich die Parteien darauf, dass mit der Rückzahlung eines Betrags von 2.699.000 DM das gewährte zinslose Darlehen in Höhe von insgesamt 5.140.000 DM als in vollem Umfang getilgt gelte. Im August 1996 zahlte die Klägerin den vereinbarten Betrag an die B-GmbH.

Die Klägerin behandelte die im Streitjahr 1995 von der B-GmbH erhaltene Zuwendung im Rahmen ihres Jahresabschlusses als einkommensneutralen Darlehenszufluss und ließ sie im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unberücksichtigt. Im Anschluss an eine Außenprüfung beurteilte das FA die Zuwendung als steuerpflichtige Garantieleistung für im Streitjahr entgangene Mieteinnahmen. Eine Passivierung der aufschiebend bedingten Rückzahlungsverpflichtung sei im Streitjahr nicht vorzunehmen, sondern erst dann möglich, wenn sie tatsächlich entstehe. Dementsprechend erhöhte das FA im geänderten Feststellungsbescheid für 1995 vom 12. April 2002 die Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung um den erhaltenen Betrag von 4.596.278 DM.

Einspruch und Klage blieben insoweit ohne Erfolg. Das FG folgte in seinem in EFG 2014, 996 veröffentlichten Urteil der Auffassung des FA und beurteilte den von der B-GmbH gezahlten Betrag als Einnahme aus der Vermietungstätigkeit der Klägerin.

Die zulässige Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 12.7.2016, IX R 56/13). Das FG hat die von der B-GmbH geleistete Zuwendung in Höhe von 4.596.278 DM im Ergebnis zu Recht als Einnahme der Klägerin im Rahmen ihrer Vermietungstätigkeit erfasst.

Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 8 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind alle Güter in Geld oder Geldeswert, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Vermietungstätigkeit als Gegenleistung für die zeitliche Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung von unbeweglichem Vermögen zufließen. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören nicht nur die Miet- oder Pachtzinsen, sondern auch alle sonstigen Entgelte, die in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen und damit durch sie veranlasst sind. Unerheblich ist dabei, ob der Mieter selbst oder ein Dritter die Gegenleistung erbringt. Die Leistung eines Dritten muss jedoch in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung stehen. Ein derartiger Zusammenhang ist insbesondere gegeben, wenn ein Dritter die Leistung erbringt, um dem Steuerpflichtigen i.S. einer Gegenleistung die laufenden finanziellen Nachteile auszugleichen, die ihm aufgrund einer eingeschränkten Verwendungsmöglichkeit (wie z.B. bei einer Mietpreisbindung oder einem Belegungsrecht) entstehen würden.

Entsprechendes gilt, wenn die Leistung des Dritten ähnlich einer Mietausfallversicherung oder einer Mieteinnahmengarantie erbracht wird, um dem Steuerpflichtigen entgangene oder entgehende Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu ersetzen. Denn auch dieser Vorteil ist durch die Vermietungstätigkeit veranlasst. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Leistung des Dritten aufgrund eines selbständigen Rechtsverhältnisses erbracht wird. Entscheidend ist, dass die dem Steuerpflichtigen zugeflossene Leistung gerade dem Zweck dient, entgangene oder entgehende Mieteinnahmen zu ersetzen. Für die Beurteilung, ob die Zuwendung des Dritten als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu werten ist, ist maßgebend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung/en abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt. Jedenfalls in Fällen, in denen es an den typischen Merkmalen eines Darlehens fehlt, ist die Zuwendung bei Vorliegen der zuvor genannten Voraussetzungen im Zeitpunkt ihres Zuflusses (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) als steuerpflichtige Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.

Konstitutives Merkmal eines Gelddarlehens ist die Überlassung der Valuta auf Zeit. Hieran fehlt es, wenn die Pflicht zur Rückgewähr der Zuwendung vom Eintritt einer Bedingung dergestalt abhängig ist, dass nicht nur der Zeitpunkt der Rückzahlung ungewiss ist, sondern auch, ob die Verpflichtung zur Rückgewähr unbedingt entsteht. Dies gilt umso mehr, wenn der Zuwendungsgeber neben dem Bonitätsrisiko, dem Wesen eines Darlehensvertrags widersprechend, auch das wirtschaftliche Risiko für das Entstehen der Rückgewährschuld übernimmt, weil der Eintritt der Rückzahlungsverpflichtung von Umständen abhängt, die der Zuwendungsempfänger maßgeblich beeinflussen kann.

Denn in einem solchen Fall ist die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen tatsächlich erhöht, weil der erhaltenen Zuwendung keine wirtschaftlich gleichwertige Rückzahlungsverpflichtung gegenübersteht. Eine wirtschaftliche Saldierung mit einer solchen, lediglich latenten, Rückzahlungsverpflichtung ist nicht möglich. Erhält der Steuerpflichtige diese Zuwendung anstelle entgangener oder entgehender Mieteinnahmen, ist sie durch die Vermietungstätigkeit veranlasst. Nach diesen Grundsätzen ist das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die von der B-GmbH geleistete Zuwendung in Höhe von 4.596.278 DM als Einnahme der Klägerin im Rahmen ihrer Vermietungstätigkeit zu erfassen ist. Zutreffend hat das FG auf der Grundlage der von ihm festgestellten und nicht weiter mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachen angenommen, dass die Zuwendung der B-GmbH dem Zweck diente, die auf der Grundlage der Fonds-Prognose-Rechnung entgangenen Mieteinnahmen dauerhaft zu ersetzen, und sich insoweit als Surrogat für die im Vergleich zu der Prognoseberechnung entgangenen Mieteinnahmen darstellt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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