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Lernen lernen – Theorien und Alltag Teil 3

27.05.2020  — Jasmin Dahler.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein Leben lang lernen. Das wird in der Arbeitswelt von einem erwartet. Doch wie lernen wir überhaupt? Eine Frage, die sich schon viele Psychologen und Psychologinnen gestellt haben. Erfahren Sie etwas über verschiedene Theorien und Möglichkeiten, um sich selbst das Lernen zu vereinfachen. Heute geht es weiter mit den biologischen Beschränkungen.

Sie haben den letzten Teil verpasst? Dann werfen Sie einen Blick auf den VideoCampus.

Was wird unter einer biologischen Beschränkung verstanden? Sie können die Antwort vermutlich erahnen, dennoch hier eine kurze Definition: Biologische Beschränkungen des Lernens sind alle Einschränkungen des Lernen, die durch die genetische Ausstattung einer Spezies entstehen. Diese Beschränkungen können sich auf Wahrnehmung, Verhalten und Kognition auswirken.

Der Waschbär will kein Geld

Welchen Einfluss die genetische Ausstattung auf das Lernen haben kann, kann man besonders gut an Tieren beobachten. Sicherlich kennen Sie Bilder von Elefanten, die im Zirkus auf Bällen balancieren oder andere Tiere, die Kunststücke zur Unterhaltung der Menschen aufführen. Diese Verhaltensweisen wurden den Tieren natürlich antrainiert. Besonders bekannt sind die Experimente von Keller Breland und Marion Breland, die mithilfe der operanten Konditionierung (siehe Teil 1 und Teil 2) diversen Spezies verschiedene Verhaltensweisen beibrachten.

So trainierten sie einem Waschbären an, eine Münze aufzuheben und diese in eine Spielzeugbank zu stecken, um etwas zu Essen zu erhalten. Dieses Verhalten blieb jedoch nur in den strengen Gegebenheiten des Labors bestehen. Bereits kurz nach dem Training fing der Waschbär an, mit der Münze herumzuspielen. Besonders „schlimm“ wurde es, als dieser zwei Münzen erhielt. Anstatt diese in die Spielzeugbank zu werfen, rieb er die Münzen aneinander. Die Konditionierung scheiterte und das aus einem ganz ersichtlichen Grund: Waschbären zeigen oft Rubbel- und Waschverhalten, wenn sie die Schalen ihrer Lieblingsspeise dem Flusskrebs entfernen.

Ein ähnliches Verhalten zeigte sich übrigens bei Schweinen, die lieber die Münze auf den Boden warfen, sie herumschubsten und hochwarfen. Die Brelands kamen damit zu der Erkenntnis, dass Tiere mit der Zeit das gelernte Verhalten wieder in Richtung instinktives Verhalten verschieben. Mit operanten Prinzipien ließ sich das nicht erklären, jedoch mit den spezifischen Tendenzen einer Spezies.

Alle Kinder hassen Brokkoli

Vielleicht kennen Sie das: Es gibt eine Speise, bei der alleine der Gedanke daran in Ihnen Übelkeit auslöst. Möglicherweise sind es Erdbeeren oder Tomatensuppe mit Nudeln. Speisen, die für andere ganz normal sind oder vielleicht auch nicht gemocht werden, aber keine Übelkeit erzeugen. Woher kommt also diese Übelkeit? In vielen Fällen sind Menschen, die diese bestimmte Speise gegessen haben, nach dem Essen erkrankt. Und obwohl es unwahrscheinlich ist, dass diese Erkrankung durch die Erdbeeren oder die Tomatensuppe kam, erzeugt bereits der bloße Gedanke Übelkeit.

Eine Ratte, die eine Speise isst und später erkrankt, würde übrigens dasselbe Verhalten zeigen. Dieses Phänomen wird als Lernen von Geschmacksaversionen bezeichnet. Es ist ein wichtiger und vor allem überlebenswichtiger Mechanismus, denn unser Körper versucht uns vor giftiger Nahrung zu schützen.

John Garcia war der erste Psychologe, der sich intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat. Dieser experimentierte mit Ratten und stellte neben den persönlichen Tendenzen auch angeborene Tendenzen bei ihnen fest. Mit anderen Worten: Konditionierung hängt nicht nur mit der Beziehung zwischen Stimuli und Verhalten zusammen, sondern auch von der Art, wie ein Organismus im Hinblick auf Umgebungsreize genetisch prädisponiert ist.

Wir geben also mit unseren Genen Formen sensorischer Schlüsselreize wie Geschmack, Geruch und auch Aussehen mit. Die Nachkommen einer Spezies benötigen dadurch weniger Lernerfahrungen, um eine konditionierte Reaktion zu entwickeln. Ein sehr bekanntes Beispiel ist übrigens die Angst vor Spinnen und Schlangen. Selbst Menschen, die diese Tiere als ihre Lieblinge ansehen, zeigen in der Amygdala (dieser Gehirnbereich ist für die Angst zuständig) erhöhte Reaktionen. Daher gibt es weitaus mehr Menschen, die eine Spinnenphobie haben als Menschen mit einer Entenphobie.

So helfen uns Geschmacksaversionen im Alltag

Menschen, die zum Beispiel eine Chemotherapie erleben, haben danach oft plötzlich einen Ekel vor ganz normalen Essen. Selbst vor Speisen, die sie vorher gerne gegessen haben. Diesen Aversionen kann man jedoch entgegen wirken.

Zum Beispiel versuchten Forscher einerseits Patienten keine Speisen vor Cheomotherapien zu geben oder ihnen eine „Sündenbock-Aversion“ zu liefern. Eine Speise mit einem ganz ungewöhnlichen Geschmack. Damit wurde die Aversion auf den sehr speziellen Geschmack konditioniert und bereitete den Patienten keine Probleme im Alltag.

Auch bei Tieren funktioniert diese Herangehensweise. John Gracia brachte zum Beispiel vergiftete, in Schafsfell gepackte Lammstücke an einen Zaun an. Kojoten, die dieses Fleisch in der Nacht raubten, wurden krank und entwickelten eine Abneigung gegen Schafsfleisch. Die Kojoten rissen nicht mehr die Tiere des Bauern und dieser musste sie nicht mehr erschießen.

Ausblick: Lesen Sie im nächsten Teil etwas über kognitive Lernprozesse.

Bild: beeboys (Adobe Stock, Adobe Stock Standardlizenz)

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