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Korrespondierende Bilanzierung in Höhe der Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses (Kommentar von Udo Cremer)

20.03.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Unser Experte Udo Cremer kommentiert ein Urteil zur korrespondierenden Bilanzierung im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft.

  1. In Höhe der in der Gesamthandsbilanz einer Personengesellschaft gebildeten Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses ist in der Sonderbilanz des Gesellschafters eine Forderung zu aktivieren, wenn zum Bilanzstichtag feststeht, dass der Jahresabschluss gegen eine entsprechende Vergütung durch den Gesellschafter aufgestellt werden wird.
  2. Diese Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung gelten auch bei einer atypisch stillen Gesellschaft, da diese für steuerliche Zwecke wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) KG behandelt wird.
  3. Die Sondervergütungen des nur mittelbar über eine Obergesellschaft an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters sind bereits bei der Gewinnermittlung der Untergesellschaft (hier der atypisch stillen Gesellschaft) zu erfassen.

Der Kläger, der als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer eine Steuerberaterpraxis betreibt, und A waren im Streitjahr 2008 Gesellschafter einer Beteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die GbR und E waren am Stammkapital der M-GmbH, einem im Bereich der Erbringung von Personaldienstleistungen (Personalberatung, Personalvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung) tätigen Unternehmen, beteiligt. Daneben war der Kläger zusammen mit C und D Gesellschafter der B-GbR. Die B-GbR beteiligte sich mit Vertrag vom 1. April 2007 atypisch still am Handelsgewerbe der M-GmbH. Steuerlicher Berater der M-GmbH war der Kläger.

Gemäß § 4 Abs. 2 des Vertrags war u.a. vereinbart, dass der Prinzipal (M-GmbH), dem die alleinige Geschäftsführung oblag, den Wechsel des steuerlichen Beraters nur mit Einwilligung des stillen Gesellschafters vornehmen dürfe. Für die M-GmbH & atypisch Still reichte der Kläger als deren Empfangsbevollmächtigter im März 2010 die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2008 ein. Beigefügt war der vom Kläger aufgestellte Jahresabschluss der M-GmbH zum 31. Dezember 2008. In der Bilanz ist eine Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses für das Streitjahr in Höhe von 12.000 € ausgewiesen. In der Gewinn- und Verlustrechnung ist eine entsprechende Aufwandsposition unter dem Konto 6827 "Abschluss- und Prüfungskosten" unter der Bezeichnung "3095 JA 2008 [Name des Klägers]" gewinnwirksam erfasst. Daneben sind in der Gewinn- und Verlustrechnung auf dem Konto 6827 weitere Aufwendungen in Höhe von 6.195 € und auf dem Konto 6831 "Lohnbuchhaltung" Aufwendungen in Höhe von 8.991 € als Ausgaben erfasst. Insgesamt erklärte die M-GmbH & atypisch Still einen laufenden Verlust in Höhe von 39.094,82 €, der jeweils hälftig auf die M-GmbH und die B-GbR verteilt werden sollte.

Das FA folgte im Wesentlichen der Erklärung, qualifizierte jedoch die auf den Konten 6827 und 6831 gebuchten Aufwendungen als Sondervergütungen des Klägers bei der M-GmbH & atypisch Still und stellte entsprechend dieser Rechtsauffassung mit Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (im Weiteren Gewinnfeststellungsbescheid) vom 16. November 2010 neben dem laufenden Gewinn (hier Verlust) der Mitunternehmerschaft einen Sonderbetriebsgewinn des Klägers fest. Der Gewinnfeststellungsbescheid wurde dem Kläger als Empfangsbevollmächtigtem der M-GmbH & atypisch Still bekanntgegeben. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Feststellung des Sonderbetriebsgewinns dem Grunde und der Höhe nach wandte. Das FA habe die Aufwendungen zu Unrecht als Sondervergütungen des Klägers i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 EStG beurteilt. Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2012 reduzierte das FA den festgestellten Sonderbetriebsgewinn des Klägers um versehentlich erfasste Stornobuchungen. Bereits zuvor war mit Beschluss des Amtsgerichts X vom ... August 2010 über das Vermögen der M-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Februar 2011 hatte die Insolvenzverwalterin dem Insolvenzgericht gemäß § 208 Abs. 1 InsO angezeigt, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt. Die von dem Kläger als Feststellungsbeteiligter der M-GmbH & atypisch Still am 1. Juni 2012 erhobene Klage, mit der er die Herabsetzung der ihm zugerechneten Sondervergütungen um 17.412,57 € begehrte, hatte teilweise Erfolg. Das FG gab der Klage insoweit statt, als die als Rückstellung passivierten Aufwendungen für die Erstellung des Jahresabschlusses 2008 in Höhe von 12.000 € nicht als Sondervergütung des Klägers im Streitjahr zu erfassen seien.

Die Revision des FA ist begründet (BFH Urteil vom 21.12.2017, IV R 44/14). Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Zu Unrecht hat das FG entschieden, dass für den Kläger in Höhe der in der (Handels)Bilanz für das Handelsgewerbe des Prinzipals (M-GmbH) gebildeten Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses von 12.000 € eine Sondervergütung nicht festzustellen ist. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb neben den Gewinnanteilen des Gesellschafters einer Personengesellschaft auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft bezogen hat. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind. Zu Recht geht das FG davon aus, dass der Kläger an der M-GmbH & atypisch Still, einer Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, über die zwischengeschaltete B-GbR mittelbar i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG beteiligt und er daher hinsichtlich der für seine im Dienst der M-GmbH & atypisch Still erbrachten Tätigkeiten wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter anzusehen war. Grundsätzlich gehört das Honorar, welches der Kläger i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG für die Aufstellung des Jahresabschlusses der M-GmbH bezogen hat, zu den Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG. Das Honorar eines freiberuflich tätigen Steuerberaters einer KG, an der er als Kommanditist (Mitunternehmer) beteiligt ist, ist eine Vergütung für eine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft im vorstehenden Sinne. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob die Leistung ihre zivilrechtliche Grundlage im Gesellschaftsverhältnis oder in einem daneben bestehenden schuldrechtlichen Rechtsverhältnis (Geschäftsbesorgungsvertrag) hat.

Die gleichen Grundsätze sind auch bei einer atypisch stillen Gesellschaft anzuwenden. Die Entstehung einer atypisch stillen Gesellschaft ist ertragsteuerlich wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen, soweit der Betrieb des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird. Für die Dauer deren Bestehens gilt der Gewerbebetrieb des Inhabers des Handelsgewerbes (Prinzipals) als Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft. Da die atypisch stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft nicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet ist, setzt sich deren steuerlicher Gesamtgewinn aus dem vom handelsrechtlichen Jahresabschluss des Prinzipals abgeleiteten steuerlichen Gewinn und den Gewinnen aus evtl. aufzustellenden Sonder- und/oder Ergänzungsbilanzen für die Mitunternehmer zusammen. Die atypisch stille Gesellschaft wird mithin für steuerliche Zwecke im Ergebnis wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) KG behandelt. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben des Prinzipals sind daher für Rechnung der atypisch stillen Gesellschaft angefallen. Dies gilt auch für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses des Prinzipals, hier der M-GmbH.

Der Kläger hat im Streitjahr auch eine Vergütung für die Aufstellung des Jahresabschlusses i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 EStG bezogen. Die in der Handelsbilanz der M-GmbH gebildete Rückstellung für die Kosten der Erstellung des Jahresabschlusses durch den Kläger ist in dessen Sonderbilanz durch einen gleich hohen Aktivposten (Forderung) zu neutralisieren (sog. korrespondierende Bilanzierung). Der Bezug einer Vergütung setzt nicht deren Zufluss nach § 11 Abs. 1 EStG voraus; ausreichend ist vielmehr, dass eine Aufwendung im Interesse des Gesellschafters liegt und ihm einen geldwerten Vorteil verschafft. Der Bezug der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 EStG benannten Einkünfte ist unter Heranziehung des Regelungszwecks dieser Vorschrift zu bestimmen. Sie zielt zum einen darauf ab, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzugleichen, der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn mindern kann. Zum anderen bezweckt die Hinzurechnung von Tätigkeitsvergütungen eine Gleichstellung mit dem Sachverhalt, dass die Arbeitsleistung des Mitunternehmers nicht aufgrund eines Dienstvertrags, sondern durch den Anspruch auf einen erhöhten Anteil am Gesellschaftsgewinn (sog. Gewinnvorab) abgegolten wird. Entsprechend diesen Regelungsanliegen ist es für den Ansatz der Sonderbetriebseinnahmen ohne Bedeutung, ob die einzelnen Vergütungsteile dem Mitunternehmer zufließen oder bilanzrechtlich zu erfassen sind. Tragend (und hinreichend) ist allein, dass die Aufwendungen einem Dienst- oder Auftragsverhältnis zuzuordnen sind und die hiermit verbundene Vergütung (ungeachtet des Zeitpunkts ihres Zuflusses oder ihrer bilanzrechtlichen Konkretisierung) als Gegenleistung für die Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft zu werten ist.

Zutreffend ist das FG zwar davon ausgegangen, dass die in der Handelsbilanz der M-GmbH gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB gebildete Rückstellung für die Aufstellung des Jahresabschlusses aufgrund der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der M-GmbH zur Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß § 242 Abs. 1 bis 3 HGB gebildet worden ist. Die Bildung dieser Rückstellung basiert allerdings auf der Annahme, dass der gesetzlich vorgeschriebene Jahresabschluss durch einen Dritten oder ggf. durch angestelltes Personal aufgestellt wird und insoweit eine Außenverpflichtung vorliegt. Demgegenüber darf bei einem Einzelunternehmen für den Aufwand der eigenen künftigen Arbeitsleistung des Betriebsinhabers keine Rückstellung gebildet werden. Soweit der Einzelunternehmer daher den Jahresabschluss selbst aufstellen wird, ist der dadurch verursachte Aufwand nicht rückstellungsfähig. Nach den Feststellungen des FG war zum maßgeblichen Bilanzstichtag, 31.12.2008, mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Jahresabschluss für das Streitjahr von dem Kläger aufgestellt werden wird und damit die Vergütung des Klägers für die Erstellung des Jahresabschlusses in die Rückstellung einbezogen wird.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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