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Keine unbillige Härte bei Verpflichtung eines Unternehmers zur elektronischen Übermittlung seiner Bilanz und GuV (Kommentar von Udo Cremer)

02.10.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die Furcht vor Ausspähung ist kein hinreichender Grund, um Bilanz und GuV nur in Papierform an das Finanzamt zu überreichen.

  1. Eine unbillige Härte i.S. der § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG und § 150 Abs. 8 AO ergibt sich nicht durch ein behauptetes Ausspähungsrisiko, auch wenn der Steuerpflichtige ein sicherheitsrelevantes Unternehmen betreibt.
  2. Das Merkmal der unbilligen Härte ist ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff.
  3. Wenn weder eine wirtschaftliche noch eine persönliche Unzumutbarkeit vorliegt, kann aus anderen Gründen eine unbillige Härte gegeben sein.

Die Klägerin ist eine GmbH, die sicherungstechnische Einrichtungen herstellt und vertreibt. Für den Veranlagungszeitraum 2013 reichte sie die Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung sowie die Bilanz und die GuV beim FA in Papierform ein. Nachdem die Klägerin der Aufforderung zur elektronischen Übermittlung nicht nachgekommen war, drohte das FA die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von jeweils 500 € an. Daraufhin übermittelte die Klägerin lediglich die Steuererklärungen in elektronischer Form. Wegen der Nichtabgabe der Bilanz und der GuV setzte das FA ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 500 € fest. Die von der Klägerin angebotene Übermittlung der geforderten Unterlagen auf einem Datenträger lehnte das FA in der Einspruchsentscheidung ab.

Die daraufhin erhobene Klage wies das FG ab. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 15.5.2018, VII R 14/17). Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin auch die Bilanz und GuV elektronisch dem FA übermitteln muss und eine unbillige Härte i.S. des § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG nicht vorliegt. Die zugrunde liegende Aufforderung zur Abgabe der E-Bilanz ist rechtmäßig. Das FG hat zutreffend angenommen, dass sich der Einspruch auch gegen die Aufforderung zur Abgabe der E-Bilanz richtete und die Klägerin mit ihren Einwendungen nicht nach § 256 AO ausgeschlossen ist. Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind zwar gemäß § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Allerdings kann im Verfahren über die Festsetzung von Zwangsgeldern auch dann noch über die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Anordnungsverfügung entschieden werden, wenn diese noch nicht unanfechtbar geworden ist und Einwendungen gegen ihre Rechtmäßigkeit erhoben werden, weil in diesem Fall davon auszugehen ist, dass auch die Anordnungsverfügung mit dem Einspruch angefochten ist. Die Klägerin hat mit ihrem Einspruch zugleich Einwendungen gegen die Aufforderung zur Abgabe der E-Bilanz erhoben. Da die Aufforderung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ist der Einspruch fristgerecht innerhalb der Jahresfrist des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO eingelegt worden.

Nach § 5b Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Inhalt der Bilanz sowie der GuV nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann das FA nach § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Dem Antrag ist nach § 150 Abs. 8 Satz 1 AO, auf welchen § 5b Abs. 2 Satz 2 EStG verweist, zu entsprechen, wenn die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine elektronische Übermittlung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung zu nutzen. Liegt eine persönliche oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, besteht ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf den Verzicht der Finanzbehörde auf elektronische Übermittlung des Inhalts der E-Bilanz.

Die Auslegung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ist gerichtlich voll überprüfbar, es liegt kein nur begrenzt überprüfbarer behördlicher Beurteilungsspielraum vor. Das FA hat den durch Einreichung der Bilanz/GuV in Papierform konkludent gestellten Antrag, auf elektronische Übermittlung der E-Bilanz zu verzichten, zutreffend abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 150 Abs. 8 Satz 1 AO, weil ihr die elektronische Übermittlung weder persönlich noch wirtschaftlich unzumutbar ist. Die genannten Regelbeispiele ("insbesondere") sind nicht gegeben.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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