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Kein adäquates Äquivalent – der schwierige Fall von e und ä

22.11.2018  — Philipp Selig.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ob Käse, Mädchen oder Dänemark – was mit ä geschrieben wird, sprechen nicht alle auch so aus. Trotzdem käme man eher nicht auf die Idee, Keese, Medchen oder Deenemark zu schreiben. Bei weniger gebräuchlichen Wörtern kann das aber schon anders aussehen. Heißt es adäquat oder adequat? Und ist eine der Schreibweisen abwegig oder abwägig?

In der geschriebenen Sprachen verfügt das Deutsche über fünf Vokale und drei Umlaute. In der gesprochenen Sprache herrscht dagegen eine etwas größere Vielfalt, muss man doch zusätzlich zwischen langen und kurzen Lauten unterscheiden, wie zum Beispiel bei den Worten muss und Mus, Rast und rast oder Hölle und Höhle.

Etwas aus der Reihe tanzen da die Laute, die wir in der Schriftsprache mit den Buchstaben e oder ä, manchmal ergänzt um ein h, darstellen. Denn hier existieren zwar zwei unterschiedliche, lang gesprochene Vokale, siehe Dänen und dehnen, aber nur ein kurzer Laut, wie zum Beispiel in Bett oder hängen, der manchmal durch ein e und manchmal durch ein ä dargestellt wird.

Dieser – vielleicht gar nur unbewusst wahrgenommenen – Asymmetrie begegnen viele Sprecher mit der Weigerung, ein langes ä wie in Däne oder Mädchen anders zu artikulieren als das lange e in dehnen oder Beet. Das sei ihnen zunächst gegönnt, da es wohl eher selten zu Missverständnissen führt. Zumeist ist schließlich aus dem Kontext erkennbar, ob jemand seine Ehre oder aber seine (Getreide-)Ähre auf dem Spiel stehen sieht, die neue Teesorte eher beerig oder bärig schmeckt oder ob er seine sportliche Aktivität mit dem Dehnen seiner Muskeln oder in Begleitung mehrerer Skandinavier beginnt.

Die Tücken der Schriftsprache

Für den schriftlichen Ausdruck hält die im gesprochenen Deutsch häufig nicht vorhandene oder erkennbare Unterscheidung zwischen langem e und ä jedoch einige Tücken bereit. Denn während die Schreibweise häufig verwendeter Wörter wie Dänemark, Käse oder Mädchen sich meist schon in der Grundschule im Gedächtnis festsetzt, sieht es bei weniger gängigen Begriffen häufig anders aus. Beispiele dafür finden sich nicht nur in den (vor einigen Wochen schon einmal thematisierten) Ausdrücken abwegig, das die Beschreitung von Abwegen meint und nicht etwa vom sorgfältigen abwägen stammt, oder gang und gäbe – und eben nicht gang und gebe.

Auch das Fremdwort adäquat verlangt nach einem ä und das sorgfältige Vorbereiten kann auch als präparieren bezeichnet werden. Dieses Beispiel ist besonders tückisch, da wir im Deutschen den lautlich ähnlichen Begriff reparieren natürlich weiterhin mit e schreiben und die Vorsilbe prä-, die nicht nur in präparieren, sondern auch in den Wörtern prähistorisch oder Präposition stets mit ä geschrieben wird, im Englischen – das nun mal über keinen Buchstaben ä verfügt – ein e enthält, also prehistoric, preposition oder prepare. Und so schreibt man dann auch das deutsche Äquivalent zum englischen equivalent mit ä.

Verwandte Begriffe helfen weiter

Als Regel kann man eigentlich nur auf verwandte Worte des fraglichen Begriffs zurückgreifen: Findet man also ein verwandtes Wort mit a oder ä, schreibt man ä, sonst e. Schwierig nur, dass zum Beispiel im Fall von abwegig sowohl die Abwege als auch das Abwägen als mögliche verwandte Begriffe existieren und wohl nur Lateiner wissen, das adäquat von adaequātus stammt.

Weniger schwierig, gerade natürlich für Sie, dürfte das Wort Sekretärin sein. Und hier ließe sich die Schreibweise ja zur Not aus dem Wort Sekretariat herleiten. Schwieriger wird es, wenn Sie es andersherum versuchen. So war zu meiner Schulzeit jedes Mal ein kurzes Nachdenkens erforderlich, ob man die Eltern vom Sekreteriat oder Sekretariat aus über die schlimme Magenverstimmung informieren sollte, die nach der Ankündigung des Vokabeltests plötzlich auftrat und ein schnelles Beenden des Schultages erforderte.

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