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Fragen und Antworten zum Thema Kündigung des Bauvertrages (Teil 3)

03.05.2016  — Melanie Eilers, Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

In diesem Teil beantwortet Melanie Eilers die letzten 5 von insgesamt 14 Fragen zum Thema Kündigung des Bauvertrages

Lesen Sie hier noch einmal Fragen 5-9 nach »

  1. Welche Folgen hat die Kündigung des Auftragnehmers aus wichtigem Grund?
  2. Kündigt der Auftragnehmer aus wichtigem Grund, wird auch hier das Vertragsverhältnis in einen ungekündigten und einen gekündigten Teil aufgeteilt. Die bisher erbrachten Leistungen sind gemäß Vertrag abzurechnen (§ 9 Abs. 3 S. 1 VOB/B). Bezüglich dieses ungekündigten (erbrachten) Teils muss der Auftragnehmer eine Schlussrechnung stellen und hat einen Anspruch auf Abnahme, soweit seine Leistung abnahmereif ist. Insoweit treffen ihn die normalen Mangelbeseitigungs- und Gewährleistungsverpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber.

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    Bezüglich des gekündigten (nicht erbrachten) Teils der Leistung hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 642 BGB sowie auf Ersatz weitergehender Ansprüche.

    Durch den Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB soll der Auftragnehmer einen Ausgleich für die Nachteile während des Verzuges des Auftraggebers erhalten. Solche Nachteile können beispielsweise die unnütze Bereitstellung von Kapital und Arbeitskraft sowie andere verzugsbedingte Zusatzaufwendungen sein. Der Entschädigungsanspruch gewährt dagegen keinen Ausgleich für die nicht erbrachten Leistungen.

    Darüber hinaus hält § 9 VOB/B dem Auftragnehmer alle sonstigen bestehenden Ansprüche offen. Der Auftragnehmer kann also - beim Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen - grundsätzlich noch Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des Auftraggebers (§ 280 ff. BGB) und Aufwendungsersatz wegen Verzug des Auftraggebers (§ 304 BGB) geltend machen.

  3. Muss die Kündigung schriftlich erfolgen?
  4. Ja! Sowohl die freie Kündigung des Auftraggebers als auch die Kündigung aus wichtigem Grund durch Auftraggeber oder Auftragnehmer müssen gemäß § 8 Abs. 5 bzw. § 9 Abs. 2 VOB/B zwingend schriftlich erklärt werden. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam.

    „Schriftlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Kündigung vom Auftraggeber oder einer von ihm insoweit bevollmächtigten Person eigenhändig unterschrieben werden muss. Die Übermittlung einer unterzeichneten Kündigung per Fax ist ausreichend.

    In diesem Zusammenhang ist streitig, ob eine Kündigung per E-Mail dem Schriftformerfordernis genügt. Hintergrund für diesen Streit ist, dass keine Einigkeit darüber besteht, ob es sich bei der Schriftform in § 8 VOB/B um eine gesetzliche oder eine gewillkürte (vereinbarte) Schriftform handelt. Da es sich bei der VOB/B nicht um ein Gesetz, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, kann sich aus § 8 VOB/B nach der Meinung der herrschenden Literatur mithin auch nur ein gewillkürtes Schriftformerfordernis ergeben. In diesem Fall wäre die Übermittlung eines im Original unterzeichneten Kündigungsschreibens per E-Mail (ohne qualifizierte elektronische Signatur) ausreichend.

    Die derzeitige Rechtsprechung geht allerdings davon aus, dass es sich bei den in der VOB/B geregelten Schriftformerfordernissen um die gesetzliche Schriftform handelt, so dass § 126a BGB anwendbar ist. Demnach ist die Schriftform bei der Übermittlung per E-Mail nur dann gewahrt, wenn diese über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügt.

    Wegen dieser Rechtsprechung sollten Kündigungen in der Praxis mithin per Post oder per Fax versendet werden. In beiden Fällen ist darauf zu achten, dass der Kündigende den Zugang der Kündigung beweisen muss. Deshalb ist eine Übersendung per Boten oder Einschreiben/Rückschein ratsam.

    Wir die Kündigung durch einen Bevollmächtigten ausgesprochen, sollte eine Vollmacht beigefügt werden. Anderenfalls kann der Empfänger die Kündigung aus diesem Grund zurückweisen.

  5. Welche Folgen ergeben sich, wenn eine Kündigung aus wichtigem Grund erklärt wird, obwohl kein wichtiger Grund vorliegt?
  6. Erklärt der Auftraggeber eine Kündigung aus wichtigem Grund, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, wird diese Kündigung nach ständiger Rechtsprechung in eine freie Kündigung umgedeutet. Folge ist dann, dass der Auftragnehmer einen Anspruch auf Kündigungsvergütung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. mit § 649 BGB hat. Das kann teuer werden. Bevor eine Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen wird, sollte mithin sehr genau geprüft werden, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt bzw. ob das Risiko der Umdeutung in eine freie Kündigung eingegangen werden soll.

    Da der Auftragnehmer keine freie Kündigung aussprechen kann, kann eine unwirksame Kündigung aus wichtigem Grund nicht in eine freie Kündigung umgedeutet werden. Fehlt der wichtige Grund, ist die Kündigung lediglich unwirksam und das Vertragsverhältnis besteht fort.

  7. Gibt es eine Frist, in der die Kündigung aus wichtigem Grund erklärt werden muss?
  8. Weder die VOB/B noch das BGB schreiben ausdrücklich eine Frist für die Kündigung aus wichtigem Grund vor.

    Um Rechtssicherheit zu erhalten, muss die Kündigung innerhalb angemessener Frist erfolgen. Als angemessen wird ein Zeitraum von 2 bis 4 Wochen nach Ablauf der Nachfrist (mit Kündigungsandrohung) angesehen.

    Wird die Kündigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erklärt, kann der Kündigungsberechtigte damit zum Ausdruck bringen, dass er das Vertragsverhältnis trotz der Pflichtverletzung und trotz Fristablauf fortführen will.

    Wird trotz Vorliegen der Voraussetzungen keine Kündigung ausgesprochen, verliert der Kündigungsberechtigte sein Kündigungsrecht - dieses ist verwirkt. Begeht der Vertragspartner dann weitere Pflichtverletzungen, die einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, kann nach erneuter Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung wegen dieser (neuen) Kündigungsgründe aber wieder gekündigt werden. Auch hier gilt dann aber wieder die angemessene Frist.

  9. Ist eine Teilkündigung möglich?
  10. Eine Teilkündigung ist grundsätzlich möglich - sowohl als freie Kündigung als auch als Kündigung aus wichtigem Grund. Handelt es sich um eine freie Kündigung, kann diese auch als Teilkündigung nur durch den Auftraggeber ausgesprochen werden.

    Voraussetzung für die Teilkündigung ist, dass die gekündigten Leistungen abgrenzbar sind. Eine Teilkündigung ist beispielweise bezüglich bestimmter einzelner Leistungsteile, einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses oder für Teilleistungen einer bestimmten Leistungsposition (bspw. bezüglich des Estrichs nur für das Kellergeschoss) möglich.

    Die Vergütungsregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. § 649 BGB gilt bei einer freien Teilkündigung nur bezüglich des gekündigten Vertragsteils. Der nicht gekündigte Vertragsteil muss weiter erfüllt werden.

    In der Praxis kommt nicht selten vor, dass der Auftraggeber einen abgrenzbaren Leistungsteil aus dem Auftrag des Auftragnehmers herausnimmt - beispielsweise weil er sich entscheidet, im Wohnzimmer doch kein Parkett verlegen zu lassen. Bei einer solchen „Herausnahme von Leistungen“ handelt es sich in der Regel um eine freie Teilkündigung durch den Auftraggeber. Haben die Parteien diesen Fall nicht abweichend vertraglich geregelt, hat diese Teilkündigung die Vergütungsfolgen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B i.V.m. § 649 BGB, so dass der Auftragnehmer einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung für die gekündigte Leistung hat. Diese Konsequenz wird in der Praxis häufig übersehen.

    Will der Auftraggeber den Leistungsumfang nachträglich verringern, muss er sich darüber im Klaren sein, dass er damit eine Teilkündigung mit Vergütungsfolgen ausspricht, wenn es sich um eine abgrenzbare Leistung handelt.

 

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