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Doppelte Haushaltsführung – Hauptwohnung am Beschäftigungsort (Kommentar von Udo Cremer)

06.03.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wann liegt eine doppelte Haushaltsführung vor und kann steuerlich geltend gemacht werden? Udo Cremer kommentiert das BFH-Urteil vom 16.11.2017.

  1. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung, d.h. der "eigene Hausstand" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist.
  2. Die Hauptwohnung ist i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG am Beschäftigungsort belegen, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Entscheidung darüber obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.

Die Kläger sind seit Oktober 2010 verheiratet und wurden für das Streitjahr (2013) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war nichtselbständig in A tätig. Die Kläger und die beiden Kinder der Klägerin wohnten im Streitjahr in B. Ab März 2013 bewohnte der Kläger zudem eine Wohnung in A. Von dieser suchte er unter der Woche seine in der Nähe gelegene Arbeitsstätte auf. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie (vergeblich) Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 15.750 EUR geltend. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24. April 2014 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 als unbegründet zurück. Die daraufhin erhobene Klage wies das FG mit den in EFG 2016, 1423 veröffentlichten Gründen ab. Eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung liege nicht vor.

Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (BFH Urteil vom 16.11.2017, VI R 31/16). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinanderfallen. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene "eigene Hausstand" am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.

Beschäftigungsort ist der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte. Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbesondere nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die Arbeitsstätte (jetzt: erste Tätigkeitsstätte) liegt, zu verstehen. So hatte der Senat bereits in früheren Urteilen darauf erkannt, dass ein Arbeitnehmer auch dann am Beschäftigungsort wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt.

An dieser dem Tatbestand der doppelten Haushaltsführung und dem Veranlassungsprinzip geschuldeten Rechtsprechung hat der Senat grundsätzlich festgehalten. Er hat entschieden, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen, und hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht. Dementsprechend haben auch die Finanzgerichte, die Finanzverwaltung sowie die Kommentarliteratur eine Wohnung am Beschäftigungsort bejaht, wenn der Arbeitnehmer von dort üblicherweise täglich zu seiner Arbeitsstätte fahren kann. Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings kein allein entscheidungserhebliches Merkmal. Denn eine Mindestentfernung zwischen Haupt- und beruflicher Zweitwohnung bestimmt das Einkommensteuergesetz nicht. Sie können sich deshalb in Ausnahmefällen sogar in derselben politischen Gemeinde befinden.

Nach den nicht angegriffenen und den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG unterhielt der Kläger im Streitjahr zusammen mit der Klägerin und deren beiden Kindern einen eigenen Hausstand in B. Das FG hat weiter festgestellt, dass sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers im Streitjahr unter der Anschrift C in A befand und der Kläger diese an 42 Tagen mit dem PKW von B und an 178 Tagen von seiner Wohnung in A mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchte. Die Vorinstanz hat darüber hinaus festgestellt, dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von B zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in A 36 km betrug. Es hat die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW einschließlich eines Zeitzuschlags aufgrund von Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten "im Bereich von einer Stunde" geschätzt. Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat das FG mit durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden festgestellt. Bei dieser Sachlage ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in A von seiner Wohnung in B aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können, zumindest möglich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, unter den Bedingungen einer Großstadt und deren Einzugsbereich seien solche Fahrzeiten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte üblich und ohne weiteres zumutbar. Zutreffend hat es in diesem Zusammenhang neben der reinen Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie der benötigten Fahrzeiten von etwa einer Stunde auch auf das gut ausgebaute Straßennetz und den gut erreichbaren öffentlichen Personennahverkehr im Großraum A abgestellt. Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass (auch) die Wohnung des Klägers in B am Beschäftigungsort gelegen war.

Die Aufwendungen des Klägers für die Zweitwohnung in A können auch nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Die Aufwendungen für eine (Zweit-)Wohnung sind als Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht beruflich veranlasst.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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