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Der 31. Dezember ist bei der Fristberechnung nicht einem gesetzlichen Feiertag gleichzustellen (Kommentar von Udo Cremer)

12.06.2018  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Kann eine Frist des Finanzamts an Silvester ablaufen, auch wenn dort an diesem Tag gar nicht gearbeitet wird? Udo Cremer klärt auf.

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. September 2017 1 K 118/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der auf den 28. Dezember 2012 datierte Antrag des Klägers auf Investitionszulage für das Kalenderjahr 2008 erhielt vom FA den Eingangsstempel des 2. Januar 2013 und wurde mit der Begründung abgelehnt, dass mit Ablauf des 31. Dezember 2012 (einem Montag) Festsetzungsverjährung eingetreten sei (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 13 des Investitionszulagengesetzes 2007).

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das FG entschied, beim Eingang des Antrags am 2. Januar 2013 sei die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Frist habe am 31. Dezember 2012 geendet, der kein Samstag, Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag gewesen sei (§ 108 Abs. 3 AO). Wenn am 31. Dezember in den Finanzämtern oftmals tatsächlich nicht gearbeitet werde, ändere dies nichts daran, dass an diesem Tage Fristen wirksam ablaufen könnten. Unerheblich sei, ob sich am streitgegenständlichen Silvester ein Bediensteter im Dienstgebäude aufgehalten habe.

Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (BFH Beschluss vom 20.3.2018, III B 135/17). Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung. Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus.

Die Frage, ob der 31. Dezember (Silvester) bei der Fristberechnung einem Feiertag gleichzustellen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist offensichtlich zu verneinen, wie es das FG getan hat. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Wortgleiche Regelungen finden sich in § 31 Abs. 3 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), in § 43 Abs. 2 der Strafprozessordnung, in § 64 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und in § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), auf den wiederum in anderen Verfahrensordnungen, z.B. § 54 Abs. 2 FGO, verwiesen wird. Eine ähnlich formulierte entsprechende Regelung findet sich z.B. in § 193 BGB.

Fristbestimmungen müssen klar überschaubar und leicht handhabbar sein. Die dabei erforderliche Rechtssicherheit darf nicht durch schwer berechenbare und nicht selten erst in einem Rechtsstreit zu klärende Billigkeitserwägungen ersetzt werden, vielmehr muss über die Dauer einer Frist aus Gründen der Rechtssicherheit allgemein Gewissheit bestehen. Da Silvester kein gesetzlicher Feiertag ist, widerspräche die vom Kläger erstrebte Rechtsfortbildung dem klaren Gesetzeswortlaut. Rechtsprechung und Literatur vertreten soweit ersichtlich einheitlich die Auffassung, dass nur gesetzliche Feiertage den Fristablauf verschieben, nicht aber auch kirchliche, konfessionelle oder religiöse Feiertage, die keine gesetzlichen Feiertage sind, und auch nicht Gedenk- und Trauertage, Brauchtumstage oder lokale Festtage, selbst wenn diese dienst- oder arbeitsfrei sind.

Darüber hinaus würde eine Gleichstellung des 31. Dezembers mit gesetzlichen Feiertagen bei Fristberechnungen die Frage aufwerfen, inwieweit sie auf andere Tage zu übertragen ist, die ebenfalls arbeitsfrei sind, ohne gesetzlicher Feiertag zu sein. Dies würde zu weiterer Rechtsunsicherheit führen.

Die Gleichstellung des 31. Dezembers mit gesetzlichen Feiertagen i.S. des § 108 Abs. 3 AO könnte auch dazu führen, dass gleichlautende Regelungen verschiedener Rechtsgebiete unterschiedlich ausgelegt werden; dies widerspräche ebenfalls der erforderlichen Rechtssicherheit.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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