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Buchhalter nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt (Kommentar von Udo Cremer)

01.08.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.

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Die Klägerin ist als Bürokauffrau mit der Qualifizierung zur Diplom-Kauffrau (FH) und als Steuerfachgehilfin ausgebildet. Sie betreibt ein selbständiges Buchführungsbüro, in dem sie Leistungen nach § 6 Nr. 3 und 4 StBerG erbringt. Ihre Tätigkeit umfasst auch die laufende Finanzbuchhaltung mit digitaler Archivierung und die laufende Lohnbuchhaltung. Zur Bearbeitung setzt sie das Buchführungsprogramm D ein.

Für ihren Auftraggeber A verbuchte sie alle Belege im Zusammenhang mit dessen gewerblichem Unternehmen. Die von ihr über D erstellten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen übermittelte sie spätestens seit April 2013 auf elektronischem Weg an das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA F). Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung wies das FA F die Klägerin mit Bescheid vom 7.1.2014 gemäß § 80 Abs. 5 AO in der seinerzeit geltenden Fassung als Bevollmächtigte des A zurück, weil sie durch die Übermittlung der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt zu sein. Das FA F führte weiter aus, alle Verfahrenshandlungen, die die Klägerin trotz der Zurückweisung künftig für A vornehme, blieben ohne steuerliche Wirkung. A sei hiervon gemäß § 80 Abs. 8 AO unterrichtet worden. Den Einspruch wies das FA F mit der Begründung zurück, die Klägerin habe für A alle relevanten Belege gebucht sowie die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt und aufgrund einer entsprechenden Authentifizierung (registriertes Zertifikat) an das FA F übermittelt. Die Klägerin sei zwar zur laufenden Buchführung und isoliert betrachtet auch zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen an das FA F berechtigt gewesen, nicht aber zu deren Erstellung. Die Verwendung des Buchführungsprogramms D ändere daran nichts.

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin gehöre nicht zu dem in §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personenkreis. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 7.6.2017, II R 22/15). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte des A nach § 80 Abs. 5 AO erfüllt waren.

Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Ob jemand zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, richtet sich nach dem StBerG, das nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 u.a. auf die Hilfeleistung in Angelegenheiten anzuwenden ist, die durch Bundesrecht geregelte Steuern und Vergütungen betreffen, soweit diese durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dies trifft auf die Umsatzsteuer zu. Die Hilfeleistung in Steuersachen erfolgt geschäftsmäßig, wenn jemand ausdrücklich oder erkennbar die Absicht verfolgt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner selbständigen Beschäftigung zu machen. Selbständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt. Geschäftsmäßig kann eine Hilfeleistung auch dann sein, wenn sie nur für eine bestimmte Person erfolgt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Hilfeleistung über einen längeren Zeitraum erstreckt und die einzelnen Tätigkeiten verschiedene Rechtsgebiete berühren.

Die Hilfeleistung in Steuersachen umfasst nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG auch die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen. Die Hilfeleistung in Steuersachen darf gemäß § 2 Satz 1 StBerG geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Andere als die in den §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen dürfen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen. Gemäß § 6 Nr. 4 StBerG gilt das Verbot des § 5 StBerG ferner nicht für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen, soweit diese Tätigkeiten verantwortlich durch Personen erbracht werden, die nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Vorbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind. Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 6 Nr. 4 StBerG erfasst.

§ 6 Nr. 4 StBerG kann im Hinblick auf seinen klaren Wortlaut und unter Berücksichtigung der mit der Vorschrift verfolgten Zielsetzung nicht entsprechend auf die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen angewendet werden. Der BGH ist ebenfalls der Ansicht, dass die geschäftsmäßige Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorbehalten ist; denn es handelt sich dabei um einen mit der Berechnung der Steuer durch den Unternehmer selbst verbundenen Steueranmeldungsvorgang, der umfassende Kenntnisse des Umsatzsteuerrechts voraussetzt und im Interesse der Allgemeinheit und der Steuerpflichtigen anderen Personen als einem ausgebildeten steuerlichen Berater nicht überlassen werden darf.

Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird vom Anwendungsbereich des § 6 Nr. 4 StBerG auch dann nicht erfasst, wenn das verwendete Buchführungsprogramm es ermöglicht, die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgrund der Buchführung automatisch zu erstellen. Das Fertigen einer Umsatzsteuervoranmeldung stellt kein bloßes mechanisches Rechenwerk dar, wenn sie verantwortlich und unter Berücksichtigung der Regelungen des UStG geschieht.

Wird eine Person oder Vereinigung, die als Beistand bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitgewirkt hat, vom Finanzamt fälschlicherweise als Bevollmächtigte zurückgewiesen, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Der Bescheid ist nach § 128 AO dahin umzudeuten, dass die Zurückweisung die Person oder Vereinigung als Beistand betrifft. Das FA F hat die Klägerin demgemäß zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte des A zurückgewiesen. Die Klägerin hat durch die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen für A geschäftsmäßig eine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen geleistet.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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