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BGH zu Informationspflichten bei (Hersteller)Garantien

09.01.2023  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Muss ein Händler immer über Garantiebedingungen des Herstellers informieren? Nach dem Vorlageverfahren vor dem Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied jetzt auch der Bundesgerichtshof (BGH) in dieser für die Praxis wichtigen Frage für die Händler. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER, informiert über die aktuelle Entscheidung.

Keine Informationspflicht bei untergeordneter Erwähnung

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Internethändler Verbraucher nicht näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt informieren müssen, wenn die Garantie kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist (BGH, Urteil vom 10.11.2022, Az. I ZR 241/19).

Garantiehinweis über Link auf Amazon

Es ging um ein Angebot für Taschenmesser (Schweizer Offiziersmesser) auf Amazon. Die Angebotsseite enthielt unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung". Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt:

"Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt."

Weitere Informationen zu der Garantie waren nicht vorgesehen.

Verletzung von Informationspflichten im Fernabsatz?

Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten im Fernabsatz zu Garantien. Sie hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Bei Bestellungen über Katalog, Flyer oder Internet gilt nach § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs.1 Nr. 12 und § 4 Abs. 1 EGBGB, dass ein Händler Verbrauchern „gegebenenfalls“ Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien vor Abgabe von deren Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen muss.

Vorlageverfahren vor dem EuGH

Für den konkreten Fall hat der BGH jetzt entschieden, dass sich die Beklagte nicht unlauter verhalten hat, weil sie in ihrem Internetangebot keine näheren Angaben zu der im verlinkten Produktinformationsblatt erwähnten Herstellergarantie gemacht hatte.

Der BGH hatte im Februar 2021 wichtige Fragen zur Auslegung der den im deutschen Gesetz zugrundeliegenden europäischen Vorschriften vorgelegt. Der EuGH (Urt. v. 05.05.2022, Rs. C-179/21) hatte dazu entschieden, dass ein Unternehmer die Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über die Bedingungen der Herstellergarantie informieren muss, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht und so als Verkaufsargument einsetzt. Erwähnt er dagegen die Herstellergarantie nur beiläufig, so dass sie aus Sicht der Verbraucher kein Kaufargument darstellt, muss er keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen.

Erwähnung Herstellergarantie kein wesentliches Merkmal des Angebots

Der Bundesgerichtshof stellte jetzt im konkreten Fall fest, dass die Herstellergarantie kein wesentliches Merkmal des Angebots auf Amazon gewesen sei. Die Richter weisen darauf hin, dass die Herstellergarantie auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt worden war, sondern nur an untergeordneter Stelle in einem über Link ("Weitere technische Informationen") erreichbaren Produktinformationsblatt.

Weitere Informationspflicht zu Garantien

Auch in § 479 BGB sind Detailinformationen zur Garantie, nämlich zu Gegenstand und Inhalt vorgesehen. Diese Pflicht war ebenfalls nicht verletzt. Sie greift nach dem Urteil des BGH erst ein, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags unterbreitet. Im Streitfall enthielt der auf der Angebotsseite befindliche Link auf das Produktinformationsblatt mit der Herstellergarantie nach der Entscheidung des deutschen höchsten Zivilgerichts noch kein verbindliches Garantieversprechen.

Seit 01.01.2022 neue Pflichten zur Garantie

Jeder Händler sollte seine Angaben zur Garantie dort prüfen, wo er diese bewirbt. Denn seit Anfang des Jahres kennt das Gesetz umfangreichere Pflichtangaben zur Garantie. Das Gesetz verlangt in § 479 BGB zur Werbung mit Garantien ergänzend zu den bisherigen Angabepflichten, die neue Angabe:

(1) den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln, darauf, dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist sowie darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden,

Der unterstrichene Teil ist neu. Händler sollten also die eigene Werbung prüfen und ggf. Erklärungen ergänzen.

Neu ist nach § 479 Abs. 2 BGB auch

(2) Die Garantieerklärung ist dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.

Bislang reichte die Bereitstellung auf Anforderung des Verbrauchers. Nach den neuen Regelungen muss die Garantieerklärung immer und zwar spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung zur Verfügung gestellt werden.

Fazit

Nach dem EuGH hat jetzt auch der BGH bekräftigt, dass nur in bestimmten Fällen Garantieinformationen erteilt werden müssen. Allein das Bestehen einer Herstellergarantie reicht nicht aus, um weitere Informationspflichten des Händlers auszulösen. Kataloge zu Technikangeboten wären mit Garantieangaben überfordert gewesen.

Händler sollten dennoch ihre Angaben prüfen und insbesondere nach den neuen Bestimmungen ergänzen. Dort wo nähere Angaben gemacht werden, dürften meist auch die Kriterien zutreffen, die Informationspflichten auslösen.

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