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Betriebskosten: Vereinbarung setzt keinen Verweis auf gesetzliche Bestimmung voraus

14.03.2023  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.

BGB § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 288 Abs. 1, §§ 535, 556: Wird vereinbart, dass die Betriebskosten umgelegt werden, so gilt, dass alle Betriebskosten gemäß der Betriebskostenverordnung als umlagefähig vereinbart gelten. (AG Hannover, Urteil vom 10.06.2022 - 563 C 1669/22)

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 263,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 38 % und die Beklagte 62 %.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Betriebskosten in Form von Grundsteuer gem. § 535, § 556 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Umlage sämtlicher Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung, wozu auch die Grundsteuer gehört, im Mietvertrag von 2008 vereinbart worden. Unerheblich ist, dass es keine Anlage "Betriebskostenaufstellung" gibt. Diese wird nur relevant, wenn abweichend von dem Einleitungssatz in Ziffer 3.2 des Mietvertrages nur einzelne, bestimmte Betriebskosten umgelegt werden sollen. Gerade aber, wenn eine solche Vereinbarung in einer Anlage nicht geschlossen wird, gilt, dass dann alle Betriebskosten gemäß der Betriebskostenverordnung als umlagefähig vereinbart gelten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2016 - VIII ZR 137/15).

Der Anspruch auf Umlegung auf die Beklagte ist auch nicht verwirkt. Verwirkung kann nur dann angenommen werden, wenn ein Recht über einen längeren Zeitraum hinweg nicht wahrgenommen wird und darüber hinaus der Vertragspartner darauf vertrauen durfte, dass dieses auch künftig nicht mehr geltend gemacht werde, und er sich hierauf bereits eingerichtet hat (BGHWM 1984, 127). Zwar ist das erforderliche Zeitmoment gegeben, aber es liegen daneben keine weiteren Umstände vor, die die Beklagte berechtigt hätten, auch auf die künftige Nichtgeltendmachung des Erstattungsanspruchs vertrauen zu dürfen. Es lag auch keine stillschweigende Vereinbarung vor, dass die Grundsteuer entgegen dem ursprünglichen Vertragsinhalt vom Vermieter zu tragen wäre. Zwar kann der Umfang der vom Mieter zu tragenden Nebenkosten auch durch jahrelange Zahlung stillschweigend geändert werden (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2000 - XII ZR 35/00).

Der hiesige Sachverhalt ist mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt, in dem einige Jahre nach dem Beginn des Mietverhältnisses durch einen neuen Vermieter weitere Nebenkosten geltend gemacht wurden und der Mieter die Abrechnungen in der Folgezeit wiederholt vorbehaltlos zahlte, nicht vergleichbar. In der Nichtgeltendmachung der Grundsteuer durch den Rechtsvorgänger des Klägers konnte vom Empfängerhorizont der Beklagten kein Angebot zur stillschweigenden Vertragsänderung gesehen werden, weil keine Umstände außerhalb der Nichtgeltendmachung der Grundsteuer darauf hinwiesen, dass der Vermieter von der vertraglichen Regelung zu seinem eigenen Nachteil abweichen wollte. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 286 BGB nicht vorliegen.

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 07.10.2021 an den Kläger, der daraufhin anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm. Da aber die Betriebskostenabrechnung vom 17.09.2021 fehlerhaft war und dann auch entsprechend mit anwaltlichen Schreiben vom 18.10.2021 und 06.12.2021 korrigiert wurden, befand sich die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung der Anwältin nicht im Verzug. Somit besteht auch kein diesbezüglicher Zinsanspruch. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der unbegründeten Nebenforderung ist auch, obwohl diese nach § 4 ZPO streitwertmässig nicht zu berücksichtigen ist, von einem Teilunterliegen auszugehen, da sie den fiktiven Streitwert um deutlich mehr als 10 % überschreitet (vgl. hierzu Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl., § 92 Rn. 11).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 11, § 713 ZPO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.

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