16.05.2024 — Michelle Bittroff. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Behinderten-Werkstätten gelten laut Sozialgesetzbuch als Einrichtungen zur Rehabilitation und die Beschäftigten einer Werkstatt als Teilnehmende einer Rehamaßnahme. Daher ist es nicht erforderlich, sie regulär zu entlohnen. Stattdessen erhalten sie ein sogenanntes „Werkstatt-Entgelt“ für ihre Arbeitstätigkeit.
Laut Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales lag das durchschnittliche Entgelt pro Monat im Jahr 2022 bei 224 Euro. Die Werkstatt-Beschäftigten erhalten neben dem Werkstattlohn auch Grundsicherungsleistungen und Wohngeld, wodurch sie durchschnittlich insgesamt rund 1.200 Euro im Monat zur Verfügung haben. Zum Leben reicht dieses Geld allerdings selten.
Um dem entgegenzuwirken, fordern Menschen mit Behinderung unter anderem den Mindestlohn. Die Einführung eines Mindestlohns würde jedoch ein neues Problem schaffen: Denn die Menschen würden von staatlichen Leistungen wie dem Wohngeld ausgeschlossen, was ihre finanzielle Situation noch prekärer macht. Die Werkstätten müssten dann den Mindestlohn selbst zahlen, erwirtschaften aber einfach nicht genug. Ein Teufelskreis also!
Darüber hinaus würde eine Reform des Mindestlohns einen komplexen Prozess bedeuten, der sich über Jahre hinziehen könnte, obwohl bereits Gesetze zur Förderung der Inklusion existieren:
Zum Beispiel das „Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes“, das im Juni 2023 in Kraft getreten ist. Ziel des Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Arbeitsleben zu ermöglichen. Es sieht Maßnahmen vor, um Beschäftigungshindernisse für Menschen mit Behinderungen abzubauen und ihre Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern.
Doch leider ist die Bereitschaft, sich mit dem Thema Inklusion insbesondere in den Werkstätten für behinderte Menschen auseinanderzusetzen, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene noch immer nicht groß genug. Dabei fordern die Werkstätten seit Jahren mehr Inklusion!
Aufgabe der Behinderten-Werkstätten ist es unter anderem, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Ausbildung und Förderung möglichst auf den „allgemeinen Arbeitsmarkt“ vorzubereiten. Laut Deutschlandfunk finden jedoch nur etwa ein Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst.
Ob in einer Werkstatt oder in einem Betrieb: Menschen mit Behinderung wollen und sollen ihr Leben selbst bestimmen können. Das geht aber nur, wenn die Werkstätten ihre Beschäftigten noch besser auf den Arbeitsmarkt vorbereiten können und die Unternehmen sich stärker für Menschen mit Behinderung öffnen.
Allerdings erschweren noch immer Vorurteile in der Gesellschaft diesen Menschen den Einstieg in die Arbeitswelt. Angefangen bei fehlenden Aufträgen für Werkstätten, weil Unternehmen lieber im Ausland als in Behinderten-Werkstätten produzieren lassen, über die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung in Unternehmen bis hin zu Fragen der Anschaffung von Spezialausstattungen: Die Mauern, die eine erfolgreiche Inklusion verhindern, sind hoch.
Dabei sollten Behinderten-Werkstätten als Teil der Inklusion verstanden werden, denn sie bieten Raum für Bildung und Kommunikation – für beide Seiten.
Bild: SHVETS production (Pexels, Pexels Lizenz)
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