25.10.2024 — Michelle Bittroff. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Kamala Harris hat die Chance, bei der kommenden US-Wahl Geschichte zu schreiben, sofern sie gewinnt. In diesem Fall wäre sie die erste weibliche Präsidentin der USA. Umfragen deuten auf ein knappes Rennen zwischen ihr und Donald Trump hin und gleichzeitig spaltet der Gendergap das Land.
Eine aktuelle US-Studie zeigt, dass sich der sogenannte Gendergap bei jüngeren Generationen weltweit verstärkt hat. Junge Frauen neigen dazu, sich politisch eher links einzuordnen, während junge Männer tendenziell rechtsorientiert sind.
Die Soziologin Katja Rost von der Universität Zürich erklärt, dass dieses Phänomen in allen wohlhabenden Ländern zu beobachten ist. Der Grund dafür liegt in der Festigung von Geschlechterstereotypen: Frauen interessieren sich stärker für soziale Themen wie Gleichberechtigung, Emanzipation und "MeToo", die meist von linken Parteien vertreten werden. Männer hingegen bevorzugen wirtschaftliche und technische Themen.
Die Präsidentschaftskandidaten der USA spiegeln diese Tendenzen wider. Laut einer Umfrage der Quinnipiac University würden 58 Prozent der Frauen für Harris und 37 Prozent für Trump stimmen, während bei den Männern 57 Prozent Trump und 39 Prozent Harris unterstützen. Besonders in den entscheidenden Swing States wie Arizona, Pennsylvania und Michigan ist der Gendergap besonders ausgeprägt.
Auf der einen Seite liegt es an den Geschlechterstereotypen: Donald Trump verkörpert einen Stereotypen, zu dem viele junge Männer aufschauen. Er präsentiert sich als erfolgreicher Geschäftsmann, der sagt, was er will. Seine oft polarisierende Rhetorik, die Frauen herabsetzt, zieht bestimmte Bewunderer an. Frauen fühlen sich davon eher abgestoßen.
Kamala Harris dagegen tritt als selbstbewusste und moderne Frau auf, die sich von den teils unangebrachten Angriffen ihres Gegners nicht aus der Ruhe bringen lässt. Sie setzt sich für Themen ein, die besonders Frauen betreffen wie z. B. die Abtreibungsrechte, und wird dadurch zu einem Vorbild für viele Frauen in den USA.
Auf der anderen Seite sind es gerade polarisierende Themen wie z. B. die Abtreibung, die den Gendergap vorantreiben: Im Jahr 2022 hob der Supreme Court das seit 50 Jahren geltende Urteil zum landesweiten Abtreibungsrecht auf, das Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubte. Kamala Harris setzt sich klar für die Wiederherstellung des allgemeinen Rechts auf Abtreibung ein. Für Frauen, besonders in den Swing States, ist dieses Thema von größter Bedeutung, während es für Männer deutlich weniger Priorität hat und hinter Themen wie Wirtschaft oder Einwanderung zurücksteht.
Der Gendergap, der sich sinnbildlich in den beiden antretenden Kandidaten äußert – Kamala Harris auf der einen, Donald Trump auf der anderen Seite – legt ein gesamtgesellschaftliches Problem offen:
Man kann es als Kreislauf bezeichnen. Es gab noch nie eine Frau als Präsidentin in den USA. Also haben Menschen auch keine Erfahrungswerte damit. Dies ist einer der Gründe, warum auch weniger Frauen kandidieren.
Dr. Nadia Brown, Georgetown University, Washington, D.C.
Dennoch kann Harris, die sich stark für Frauenrechte einsetzt, auch Männer erreichen: „Wenn Harris die bisher als 'Frauenprobleme' stigmatisierten Wahlkampfthemen zu Familienthemen macht, kann sie zeigen, dass auch Männer davon betroffen sind“, führt Dr. Nadia Brown in einem Beitrag von zdf heute weiter aus.
Der ehemalige Präsident Barack Obama sprach sich kürzlich für Kamala Harris aus und forderte insbesondere Schwarze Männer auf, Trump nicht zu unterstützen und dessen Auftreten nicht als Zeichen von Stärke zu interpretieren. Harris setzt auf die Kraft der Frauen und hofft, dass deren Unterstützung entscheidend für den Wahlausgang sein wird, während sie gleichzeitig auch versucht, Männer als Verbündete zu gewinnen. Der „Kampf der Geschlechter“, wie der Wahlkampf in diesem Jahr gemeinhin genannt wird, dürfte also spannend bleiben.
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