Genderparität in der deutschen Politik bedarf noch weiterer Anstrengungen

15.09.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: DIW Berlin.

Frauenanteil in deutscher Politik noch ziemlich weit entfernt von der Parität – Anteil der Kandidatinnen der aussichtsreichsten Parteien für die kommende Bundestagswahl bei 36 Prozent – Weibliche Repräsentation auf Landes- und vor allem Kommunalebene sehr heterogen – Parteien, aber auch Wählerinnen und Wähler, sind gefragt, um Situation zu ändern.

Deutschland hat zwar seit vielen Jahren eine Kanzlerin und aktuell eine im Hinblick auf Genderparität fast ausgewogene Bundesregierung, die politischen Institutionen sind aber insgesamt noch ziemlich weit entfernt von Parität. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Im aktuellen Bundestag sind 37 Prozent der Abgeordneten Frauen. Deutschland steht somit im internationalen Vergleich auf Platz 24. Saßen im Bundestag im Jahr 1949 nur sieben Prozent weibliche Abgeordnete, so ist dieser Anteil seit den 1980er Jahren stetig gestiegen. „Die Grünen, die von Anfang an auf Parität gesetzt haben und seit 1983 im Parlament vertreten sind, haben bei der Verbesserung der weiblichen Repräsentation eine maßgebliche Rolle gespielt, und die anderen Parteien sind mit Selbstverpflichtungen und Quoten nachgezogen“, so Studienautor Ronny Freier. „Allerdings hat sich der Zuwachs des Frauenanteils in den letzten 20 Jahren verlangsamt."

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Der Anteil an Frauen unter den KandidatInnen der sechs Parteien, die laut aktuellen Umfragen den Einzug in den Bundestag schaffen werden, liegt bei 36 Prozent, also minimal weniger als der gegenwärtige Frauenanteil unter den Abgeordneten. Bei den Grünen/Bündnis 90 und der Linken bewerben sich dieses Jahr mehr Frauen als Männer. SPD und CDU/CSU stellen mehr Frauen auf als im Jahr 2013, mit respektive 41 Prozent und 37 Prozent Bewerberinnen. Bei der FDP liegt der Frauenanteil bei 23 Prozent, bei der AfD bei nur 12 Prozent. Auf vier Landeslisten der AfD sind überhaupt keine Frauen vertreten.

Politik hat auf allen Ebenen eine Vorbildfunktion

„Dabei zeigen viele Forschungsergebnisse, dass Parität in der politischen Repräsentation enorm wichtig ist, sowohl um sicherzustellen, dass die Interessen von Frauen – immerhin der Hälfte der Bevölkerung – adäquat vertreten sind, als auch als Impuls für die Besserstellung von Frauen in anderen Bereichen der Gesellschaft“, so Koautorin und Gender-Expertin Johanna Mollerstrom. „Politik hat hier ganz klar eine Vorbildfunktion.“

So könnte sich auch die nächste Bundesregierung, die aus den Wahlen hervorgeht, explizit das Ziel einer paritätischen Besetzung geben, wie das in einigen anderen Ländern der Fall ist, zum Beispiel in Frankreich oder Schweden.

Mollerstrom und Freier haben sich auch Bundesländer und deutsche Landkreise bzw. kreisfreie Städte angeschaut. In Landtagen und Kommunalparlamenten ist die Bandbreite des Frauenanteils unter den VolksvertreterInnen sehr groß: In den Landtagen reicht der Frauenanteil von 25 bis 41 Prozent, in den Kommunalparlamenten von zehn bis fast 50 Prozent. Auf kommunaler Ebene schneiden der Westen und der Norden Deutschlands insgesamt besser ab als der Süden und der Osten, aber keine einzige Versammlung erreicht die Genderparität.

Längerfristig können sowohl politische Parteien als auch Wählerinnen und Wähler für Verbesserungen bei der Repräsentation von Frauen sorgen. Bei den ersten sollten Quoten konsequent – also Quoten von 50 Prozent und nicht nur 30 oder 40 Prozent – auf allen Ebenen gelten und umgesetzt werden. Die zweiten können noch vehementer bei den Parteien und politisch Verantwortlichen Verbesserungen einfordern.

Links

DIW Wochenbericht 37/2017 (deutsch) | PDF, 0.75 MB
Economic Bulletin (englisch) | PDF, 181.45 KB





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