Allgemeines
Anders als im Einzelhandel oder in der Dienstleistungsbranche ist die Frage der Steuersatzfindung nicht so Offensichtlich. Liefert der Einzelhändler einen Gegenstand innerhalb des Zeitraums vom 01. Juli 2020 – 31. Dezember 2020 nachfolgend auch Niedrigsteuerphase genannt, sind die reduzierten Steuersätze anzuwenden. Gleiches gilt für den Dienstleister.

Die Arbeiten an Bauprojekten zeihen sich jedoch teilweise über Jahre und die abgerechneten Beträge beziffern sich im Millionenbereich. Teilweise werden Rechnungen während der Niedrigsteuerphase, teilweise davor oder danach gestellt obwohl das Bauprojekt noch nicht vollendet ist.
Maßgeblicher Faktoren für den Steuersatz
Maßgeblicher Faktor für die Steuersatzfindung ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Auf den Abrechnungszeitpunkt oder das Rechnungsdatum kommt es grundsätzlich nicht an. In der Bauwirtschaft sind folgende umsatzsteuerliche Sachverhalte von besonderer Bedeutung:
Werklieferungen,
Werkleistung,
Teilleistungen,
Reverse-Charge nach § 13b UStG.
Eine Verwechslung der Sachverhalte führt zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Die einzelnen Sachverhalte werden nun einzeln umsatzsteuerlich gewürdigt.
Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Unternehmer ein bestelltes Werk unter Verwendung eines oder mehrerer von ihm selbst beschaffter Hauptstoffe erstellt, § 3 Abs. 4 UStG. Zivilrechtlich werden Bauleistungen regelmäßig als Werkvertrag gem. § 631 Abs. 2 BGB also umsatzsteuerlich als Werklieferung erbracht. Zeitpunkt der Leistungserbringung bei Werklieferungen ist die Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks durch den Auftraggeber.
Unter Abnahme ist die Billigung der ordnungsgemäßen vertraglichen Leistungserfüllung durch den Auftraggeber zu verstehen. Eine Abnahme erfolgt grundsätzlich formlos, aber die Schriftform ist gerade in der Niedrigsteuerphase empfehlenswert. Fehlende Restarbeiten oder Nachbesserungen schließen eine wirksame Abnahme nicht zwangsläufig aus.
Beispiel:A beauftragt B am 14. Mai 2020 mit dem Einbau von Fenstern und Türen gemäß den Vorschriften der lokalen Denkmalschutzbehörde.
Nachdem er am 28. Mai 2020 das Material erhalten hat, beginnt er umgehend mit den Arbeiten und schließt diese am 20. Juni 2020 ab. Die Abnahme durch A erfolgt am 20. Juni 2020.
Am 09.07.20 stellt er eine Rechnung, auf der er Umsatzsteuer von 19 Prozent ausweist.
Da die Abnahme am 20. Juni 2020 erfolgte, ist die Rechnung des A nicht zu beanstanden. Hätte B die Abnahme am 01. Juli 2020 durchgeführt, wäre ein Umsatzsteuerausweis mit 16 Prozent möglich gewesen.
Abwandlung:
Aufgrund unplanmäßiger Verzögerungen kann B den Einbau erst am 03. Juli 2020 abschließen und abnehmen lassen. Im Abnahmeprotokoll werden einige kleinere Nachbesserungen aufgeführt.
Da die Leistung im Zeitraum vom 01. Juli -31. Dezember 2020 erbracht wurde, muss er auf seiner Rechnung 16 Prozent Umsatzsteuer ausweisen. Die Nachbesserungen wirken sich nicht auf den Fertigstellungszeitpunkt aus.
Die behördliche Abnahme ist nicht maßgebend! Es können immer einzelne Bauabschnitte vom Auftraggeber abgenommen werden.
Formen der Abnahme Grundsätzlich kann eine Abnahme erfolgen durch:
-
Ausdrückliche Abnahme
Eine ausdrückliche Abnahme kann formlos oder förmlich erfolgen. Das BGB fordert keine förmliche Abnahme. Die VOB/B hingegen bestimmt die förmliche Abnahme – also die Schriftform – der Bauleistung.
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Konkludente Abnahme
Verzichten die Parteien auf eine förmliche Abnahme, kommt es zur konkludenten Abnahme. Das Schweigen des Auftraggebers gilt als Billigung der Leistung. z. B. durch vorbehaltlose Zahlung der Schlussrechnung oder Nutzung der beauftragten Bauleistung. Hier werden sich regelmäßig Probleme ergeben, den Zeitpunkt der Lieferung zu bestimmen. Eine freiwillige Abnahme durch Protokoll kann ist unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten mit Sicherheit nicht schädlich.
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Fiktive Abnahme
Nach § 640 Abs. 2 BGB kommt es zur fiktiven Abnahme, wenn der Auftraggeber das Werk nicht innerhalb einer vom Auftragnehmer bestimmten angemessenen Frist abgenommen hat.
Wird im Bauvertrag auf die VOB/B verweisen oder enthält der Bauvertrag eine wirksame Regelung analog zu § 12 Abs. 5 VOB/B, kann es ebenfalls zu einer Abnahmefiktion kommen. Diese greift, wenn der Auftraggeber nicht die förmliche Abnahme verlangt. Die Abnahme erfolgt dann zwölf Werktage nach schriftlicher Fertigstellungsmitteilung. Auch hier bietet es sich an, ein Protokoll zu erstellen um umsatzsteuerliche Probleme zu vermeiden.
Wie aufgezeigt, hat der Auftraggeber einen gewissen Handlungsspielraum und kann selbst Einfluss auf den Zeitpunkt der Leistung ausüben.
Werkleistung
Werkleistungen liegen vor, wenn der ausführende Unternehmer für die Leistung kein Hauptstoff verwendet, sondern lediglich Zutaten. In der Baubranche sind Werkleistungen insbesondere beifolgenden Arbeiten gegeben:
Werkleistungen können aber auch entstehen, wenn der Auftraggeber die notwendigen Hauptstoffe stellt, z. B.
Tischler baut Türen ein, die vom Auftraggeber angeschafft wurden
Bauarbeiten am Bad, bei denen der Auftragnehmer lediglich einige Kleinteile (Ösen, Silikon, etc.) selbst stellt,
Bau einer Umzäunung, wobei der Auftraggeber das Zaunbaumaterial stellt.
Zeitpunkt der Leistungserbringung bei Werkleistungen ist der Abschluss der Arbeiten.
Beispiel:A beauftragt L am 29. Mai 2020 mit dem Aushub einer Grube für eine geplante Tiefgarage. Dazu stellt L kein Material, sondern nutzt lediglich eigene Baumaschinen.
Er beginnt am 17. Juni 2020 mit den Arbeiten und schließt diese am 20. Juni 2020 ab. Die Abnahme durch A erfolgt am 04. Juli 2020.
Da es sich um eine Werkleistung handelt, kommt es auf den Abnahmezeitpunkt nicht an. Die Leistungserbringung erfolgt außerhalb der Niedrigsteuerphase, sodass L eine Rechnung stellen muss, auf der er Umsatzsteuer von 19 Prozent ausweist.
Abwandlung:
Wäre die Leistung erst am 01. Juli 2020 oder später abgeschlossen worden, müsste die Rechnung mit 16 Prozent Umsatzsteuer gestellt werden.
Teilleistung
Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen (z. B. Werklieferungen und Werkleistungen), für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die der Unternehmer statt der einheitlichen Gesamtleistung schuldet.
Beispiel:A beauftragt F in 04/20 mit dem Innenausbau seines Gebäudes. Im Vertrag wird unter anderem die gesonderte Erbringung und Abrechnung von Heizungsinstallation, Elektroinstallation sowie der Einbau einer Einbauküche vereinbart.
Die Elektroarbeiten und die Heizungsinstallation werden im November 2020 fertiggestellt. Der Einbau der Küche erfolgt im Januar 2021. Das Gesamtwerk wird im März 2021 abgeschlossen.
Da es sich bei allen drei Leistungen um eigene Gewerke und (aufgrund vertraglicher Vereinbarung) um Teilleistungen handelt, gelten diese als vollständig erbracht.
Die Elektroarbeiten und Heizungsinstallation können daher bei Abschluss im Niedrigsteuerzeitraum mit 16 Prozent USt abgerechnet werden.
Für die Einbauküche ist wieder der ab 01. Januar 2021 gültige Steuersatz von 19 Prozent anzuwenden.
Wie aus dem Beispiel erkennbar ist, handelt es sich eigentlich um eine (Zählgröße) einheitliche Werklieferung, nämlich Innenausbau. Diese besteht aus:
Elektroarbeiten,
Heizungsinstallation,
Einbau einer Einbauküche.
Diese einheitliche Leistung wurde umsatzsteuerrechtlich zulässig aufgeteilt. Eine weitere Aufteilung z. B. Einbau des Küchenherdes, Aufbau der Küchenzeile, Einbau des Kühlschrankes) durch denselben Unternehmer F ist nicht zulässig. Sofern aber der Unternehmer F nur die Küchenzeile einbaut, aber die Elektrogeräte von einem anderen Unternehmer X eingebaut werden, handelts es bei der Leistung des anderen Unternehmers X wieder um eine eigenständige Lieferung.
Typische Beispiele für Teilleistungen im Baubereich:
Abbrucharbeiten
Außenputzarbeiten
Aufzug
Einbau von Beleuchtungssystemen (nicht: einzelne Beleuchtungskörper)
Dachdeckerarbeiten
Erdarbeiten
Fenster
Elektroinstallation
Heizungsanlage
Tischlerarbeiten z. B. Türen
Zimmerarbeiten z. B. Tapezierarbeiten
Die Aufzählung ist nicht abschließend!
Zeitpunkt der Leistungserbringung bei Teilleistungen ist der Abschluss der Teilleistung. Das bedeutet also, dass die Grundsätze zur Werklieferung und Werkleistung auch wieder Anwendung finden.
Teilleistung ist … |
Werklieferung |
Werkleistung |
Zeitpunkt der Leistungserbringung |
Mit Abnahme |
Mit Fertigstellung der sonstigen Leistung |
Auf dem Abschluss der Gesamtleistung kommt es bei Vereinbarung von Teilleistung nicht mehr an.
Achtung!
Sollen Werklieferungen und -leistungen in Teilleistungen aufgegliedert werden, muss dies bereits vor dem 01. Juli 2020 vertraglich festgelegt worden sein. Eine Vereinbarung von Teilleistungen ist insbesondere für Leistungsempfänger ohne Vorsteuerabzug interessant, da es ein echter Kostenvorteil ist.
Für unternehmerische Leistungsempfänger mit Vorsteuerabzug ist die korrekte Abrechnung von Teilleistungen insofern interessant, da ihnen bei Abrechnungsfehlern der Vorsteuerabzug verloren geht.
Hinweis:
Sollte ein Unternehmer im Zeitraum 01.–31. Juli 2020 fälschlicherweise mit 19 Prozent (o. 7 Prozent) anstatt 16 Prozent (o. 5 Prozent) abgerechnet haben und die Steuer ordnungsgemäß angemeldet und abgeführt haben, wird dies nicht beanstandet. Die Voranmeldung muss nicht korrigiert werden. Der Leistungsempfänger kann eben-falls die zu hoch ausgewiesene Steuer als Vorsteuer geltend machen. Ist die Teilleistung danach erbracht, ist ein falscher Steuersatz schädlich für den Vorsteuerabzug.
Ob die Finanzverwaltung mit der zeitlichen Einschränkung bezüglich der Vereinbarung von Teilleistungen rechtlich zulässig agiert, ist m. E. fraglich. Das Gesetz fordert diese zumindest nicht.
Reverse-Charge nach § 13b UStG
Im Gegensatz zur normalen Systematik regelt § 13b UStG die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf den Auftraggeber. Mangels Steuerausweis hat der Auftragnehmer Netto-Beträge (ohne USt) abzurechnen und auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft hinzuweisen, § 14a Abs. 5 UStG. Der Leistungsempfänger führt die Steuer ans Finanzamt ab und macht ggf. Vorsteuer geltend. Für Bauleistungen nach § 13b im Zeitraum 01. Juli – 31. Dezember 2020 gilt ebenfalls der Steuersatz von 16 Prozent. Es ist also auch hier darauf zu achten, um Welche Leistung es sich handelt und wann diese Erbracht wurde.
Zur Anwendung kommt § 13b UStG im Zusammenhang mit der Baubranche in folgenden Fällen:
Bei Werklieferungen im Ausland ansässiger Unternehmer sofern der Leistungsempfänger ein Unternehmer und keine Privatperson ist (Vermieter sind Unternehmer!)
Beispiel:Der in Kiel ansässige Vermieter V hat den Auftrag an D aus Dänemark gegeben, in Flensburg eine Aufstockung seines Mietshauses vorzunehmen.
Bei sonstigen Leistungen im Ausland ansässiger Unternehmer sofern der Leistungsempfänger ein Unternehmer und keine Privatperson ist (Vermieter sind Unternehmer!)
Beispiel:Der in Frankreich ansässige Architekt F plant für den in Stuttgart ansässigen Vermieter V die Errichtung eines Gebäudes in München.
-
Bauleistungen (inkl. Werklieferungen & sonst. Leistungen) i. Z. m. Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Ausgenommen sind:
- –
Planungs- und Überwachungsleistungen
- –
Eingeschlossen: Sachen, Ausstattung und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern
- –
Wenn der Leistungsempfänger selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt (→ Bescheinigung des FA nötig)
- –
Gilt auch für den privaten Bereich des Leistungsempfängers
Beispiel:Der Bauunternehmer A beauftragt den Unternehmer B mit dem Einbau einer Heizungsanlage in sein Bürogebäude. A bewirkt nachhaltig Bauleistungen.
Der Einbau ist eine unter § 13b UStG fallende Werklieferung. Für diesen Umsatz ist A Steuerschuldner, da er selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Unbeachtlich ist, dass der von B erbrachte Umsatz nicht mit den Ausgangsumsätzen des A in unmittelbarem Zusammenhang steht.
Exkurs: Gebührenrechnung nach HOAI
Achtung!
Die nachfolgend aufgezeigten Besonderheiten gelten nur bei Abrechnungen unter dem Geltungsbereich der HOAI!
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) unterteilt Abrechnung in verschiedene Leistungsphasen. In den meisten Fällen gibt es 9 Leistungsphasen, nach Absprache mit Architekten oder Ingenieur sind auch 8 Leistungsphasen denkbar. Jede Leistungsphase gilt nach HOAI als eigene Teilleistung.
Umsatzsteuerlich gilt die Architektenleistung allerdings als eine einheitliche Leistung, Abschnitt 13.3 Abs. 1 und 2 UStAE. Das bedeutet, dass erst mit Abschluss der letzten Leistungsphase die sonstige Leistung als erbracht gilt!
Soll von diesem Grundsatz abgewichen werden, muss eine gesonderte Vereinbarung über die Honorierung der einzelnen Leistungsphasen getroffen werden (Vereinbarung über Teilleistungen). Folglich kann eine Abrechnung mit 16 Prozent als Teilleistung erfolgen, wenn innerhalb der Niedrigsteuerphase eine Leistungsphase abgeschlossen wird. Dass die letzte Leistungsphase dann in 2021 oder späteren Zeiträumen liegt, hat dann keine Relevanz mehr für die Umsatzsteuer.
Beispiel:A beauftragt S mit der Planung, Überwachung und Abnahme seines Neubauprojekts. Im zugrunde liegenden Vertrag vereinbaren beide ein Gesamthonorar von 110.000 Euro zzgl. USt. Weitere Regelungen werden nicht getroffen.
Im August 2020 stellt S eine Rechnung über die im selben Monat abgeschlossene Planung des Gebäudes, da es sich um eine Leistungsphase nach HOAI handelt.
Da keine weiteren Regelungen getroffen wurden, gilt die Planung nicht als Teilleistung im Sinne des UStG. Die Leistungserbringung erfolgt zwar während der Niedrigsteuerphase, trotzdem ist auf der Rechnung die bei Abschluss aller Leistungen gültige Umsatzsteuer – also 19 Prozent – auszuweisen.
Geht man von einem weiteren Arbeitslauf von 12 Monaten bis zum Abschluss des Neubaus aus, dann endet die Leistung im August 2021. Folglich sind bereits alle vorherigen Rechnungen mit 19 Prozent USt zu stellen.
Abwandlung:
Wären neben dem ursprünglichen Vertrag weitere Regelungen zur gesonderten Ausführung und Abrechnung der einzelnen Leistungsphasen getroffen worden, gelten die einzelnen Leistungsphasen als Teilleistung im Sinne des UStG.
Somit können alle Leistungsphasen, die während der Niedrigsteuerphase abgeschlossen werden, mit dem Steuersatz von 16 Prozent abgerechnet werden. Der Kostenvorteil für den Leistungsempfänger bleibt bestehen.
Wird das Gesamtprojekt noch innerhalb der Niedrigsteuerphase abgeschlossen, gilt für alle Rechnungen der Steuersatz von 16 Prozent!
Bereits gestellte Rechnungen mit 19 Prozent sind im Rahmen der Schlussabrechnung in Abzug zu bringen oder einzeln zu korrigieren.
Achtung!
Auch hier könnte die Finanzverwaltung verlangen, dass die Vereinbarung vor dem 01. Juli 2020 vertraglich festgelegt worden ist. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei der dargestellten Betrachtungsweise.
Abrechnung
In der Baubranche sind folgende Abrechnungen denkbar:
Abschlagsrechnung,
Schlussrechnung,
Vorausrechnung,
Teilrechnung bzw. Teilschlussrechnung.
Abhängig von der gewählten Abrechnungsart sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.
Bei Abschlagsrechnungen oder auch Anzahlrechnungen genannt, erhält der Leistende einen Teil des Entgelts während der Leistungserbringung in Rechnung bzw. stellt einen Teil des Entgelts vor Leistungserbringung in Rechnung. Anzahlungen oder Abschläge werden als „Teilentgelt“ im BMF-Schreiben zur Niedrigsteuerphase bezeichnet. Der voraussichtlicher Leistungs-/Lieferungszeitpunkt ist anzugeben. Die Abschläge, welche gezahlt worden, sind von der Schlussrechnung abzuziehen.
Wurden Abschläge/Anzahlungen geleistet, ist mit einer Schlussrechnung darüber abzurechnen. Wurde in den Anzahlungsrechnungen Umsatzsteuerbeträge ausgewiesen, sind die Netto-Beträge und die darin enthaltene Steuer (einzeln oder gesamt) in der Schlussrechnung aufzuführen und vom Gesamtbetrag abzuziehen. Die Finanzverwaltung als auch das UStG bezeichnet Schlussrechnungen auch als „Endrechnung“.
Beispiel:Der Handwerker N stellt am 15. Mai 2020 einen Abschlag für Pflasterarbeiten in Rechnung. Mit endgültiger Leistungserbringung im Juli 2020 stellt er am 24. Juli 2020 eine Schlussrechnung über die Gesamtsumme. Davon zieht er die bereits erhaltene Anzahlung ab.
Achtung!
Zu richtigen Beurteilung welcher Steuersatz für die Abschlagsrechnung gilt muss zunächst festgestellt werden, ob es sich überhaupt um eine Abschlagsrechnung handelt. Einige Unternehmer verwechseln die Begrifflichkeiten mit der Vorausrechnung. Für die Vorausrechnungen gelten wieder andere Grundsätze!
Nachfolgend werden Fallgruppen gebildet:
Anzahlung (19 Prozent) in der Normalsteuerphase & Leistungsausführung in der Niedrigsteuerphase
Beispiel:A soll für C eine Leistung an dessen Gebäude erbringen. Bei Beginn im Juni 2020 stellt er einen Teilbetrag i. H. v. 5.000 Euro zzgl. 19 Prozent USt (950 Euro) als Abschlag in Rechnung. C begleicht die Rechnung noch in 06/20.
Im Juli 2020 beendet A seine Leistung und rechnet über 10.000 Euro zzgl. 16 Prozent USt (1.600 Euro) ab. In der Rechnung zieht er den bereits erhaltenen Abschlag von 5.000 Euro und die darauf entfallende Steuer (950 Euro) ab.

Die Anzahlungsrechnung wird noch in der Normalsteuerphase mit der gültigen Steuer von 19 Prozent gestellt. Dies ist nicht schädlich und muss nicht korrigiert werden.
Anzahlung (19 Prozent) in der Normalsteuerphase & Leistungsausführung in der Niedrigsteuerphase ABER: Anzahlung erst in Niedrigsteuerphase gezahlt

Die Steuer auf Anzahlungen entsteht erst mit Zahlung, § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG. Die Zahlung erfolgt jetzt in der Niedrigsteuerphase. Formalgesehen handelt es sich also um einen unberechtigten Steuerausweis nach § 14c UStG. Jedoch wurde die Rechnung im Zeitpunkt der Ausstellung ordnungsgemäße mit 19 Prozent USt ausgestellt, was auch rechtlich zulässig war. Das BMF-Schreiben sieht keine eindeutige Regelung vor, dass Rechnung zu korrigieren sind. Sofern die Leistungserbringung im Juli erfolgte sollte die Vereinfachungsregel Anwendung finden.
Beispiel:A soll für C eine Leistung an dessen Gebäude erbringen. Bei Beginn im Juni 2020 stellt er einen Teil-betrag i. H. v. 5.000 Euro zzgl. 19 Prozent USt (950 Euro) als Abschlag in Rechnung. C begleicht die Rechnung am 12.07.20.
Am 29. Juli 2020 beendet A seine Leistung und rechnet über 10.000 Euro zzgl. 16 Prozent USt (1.600 Euro) ab. In der Rechnung zieht er den bereits erhaltenen Abschlag von 5.000 Euro und die darauf entfallende Steuer (950 Euro) ab.
C steht aufgrund der Vereinfachungsregel der vollständige, mit 19 Prozent ausgewiesene Steuerbetrag als Vorsteuer zu.
Abwandlung:
Wie bisher, aber A beendet seine Leistung am 04. August 2020 und rechnet über 10.000 Euro zzgl. 16 Prozent USt (1.600 Euro) ab. In der Rechnung zieht er den bereits erhaltenen Abschlag von 5.000 € und die darauf entfallende Steuer (950 Euro) ab.
C steht unstrittig der Vorsteuerbetrag aus der Schlussrechnung (16 Prozent v. 10.000 Euro = 1.600 Euro). Davon sind von A die erhaltenen Abschläge und die darin enthaltene USt auszuweisen und abzuziehen.
Es ist jedoch unklar, ob die Vorsteuer aus der Anzahlung vom 12. Juli 2020 in voller Höhe (19 Prozent v. 5.000 Euro = 950 Euro) geltend gemacht werden kann. Um sicher zu gehen, sollte die Anzahlungsrechnung korrigiert und der Mehrbetrag zurückgezahlt werden. In der Schlussrechnung würde der Betrag dann mit 5.000 Euro zzgl. 16 Prozent USt in Abzug gebracht.
Praxishinweis:Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer sollten eine Korrektur anfordern. Bauunternehmen sind teilweise sehr unbeständig und eine Rechnungskorrektur kann nicht im Nachgang im Rahmen einer Betriebsprüfung gefordert werden, da das Bauunternehmen vielleicht vom Markt verschwunden ist.
Anzahlung in der Niedrigsteuerphase & Leistungsausführung in der Normalsteuerphase

Anzahlungsrechnung muss noch mit der gültigen Steuer von 16 Prozent gestellt werden, obwohl schon bekannt ist, dass die Leistungsausführung zur Normalsteuerphase endet. In der Schlussrechnung muss sodann mit dem gültigen Steuersatz von 19 Prozent abgerechnet werden.
Beispiel:B hat am 14. November 2020 an V eine Abschlagsrechnung über 10.000 Euro zzgl. 16 Prozent USt gestellt, die dieser noch am gleichen Tag bezahlt hat. Mit Abschluss der Arbeiten in 01/21 stellt die Schlussrechnung über 30.000 Euro inkl. der dann geltenden Steuer von 19 Prozent. Die erhaltene Anzahlung zieht er vom Rechnungsbetrag ab, es ergibt sich folgendes Bild:
Leistung 30.000 Euro
zzgl. USt 19 Prozent 5.700 Euro
Gesamt 35.700 Euro
abzgl. bereits erhaltene Anzahlungen 10.000 Euro
abzgl. darin enthaltene USt 16 Prozent 1.600 Euro
Restbetrag 24.100 Euro
Leistungsabnahmen in der Niedrigsteuerphase

Aus den vorherigen Ausführungen zur Werklieferung ist erkennbar, dass der Auftraggeber durch Abnahme der Leistung in der Niedrigsteuerphase ggf. große Kostenvorteile erlangen kann. Obwohl der Leistungszeitraum zum größten Teil in der ormalsteuerphase lag, kann durch Abnahme der Leistung in der Niedrigsteuerphase die Gesamtleistung mit 16 Prozent abgerechnet werden.
Praxishinweis:Die Schlussrechnung kann auch in 2021 gestellt werden. Wichtig für den Steuersatz ist die Abnahme bis zum 31. Dezember 2020.


Anzahlrechnung in der Niedrigsteuerphase (16 Prozent) ABER: Anzahlung erst in Normalsteuerphase gezahlt

Diese Konstellation ist vergleichbar mit Fallgruppe 2. Die Steuer auf Anzahlungen entsteht erst mit Zahlung, § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG. Die Zahlung erfolgt jetzt in der Normalsteuerphase. Da das BMF-Schreiben derzeit keine eindeutige Regelung vorsieht, sollte die Rechnung in 2021 auf 19 Prozent korrigiert werden.
Da es sich bei Teilrechnungen – im Rahmen der vertraglich geregelten Teilleistung – ebenfalls um Anzahlungs- und Schlussrechnungen handelt, gelten die eben erläuterten Sachverhalte hier ebenso.
Vorausrechnung oder Vorkasserechnungen sind Rechnungen über noch zu erbringende Leistungen. Der leistende Unternehmer hat also noch nicht mit der Erbringung der Leistung begonnen. Der Unternehmer beginnt mit der Leistungserstellung erst nach Geldeingang.
Bei Abschlagsrechnungen hat die Leistungsausführung schon begonnen bzw. wird andauernd erbracht bis zur Abnahme bzw. Fertigstellung.
Ist der Leistungszeitraum bei einer Vorausrechnung im Zeitraum 01. Juli – 31. Dezember20, sind 16 Prozent USt abzurechnen.
Werden Rechnungen im Voraus erstellt, deren Leistungszeitraum im Zeitraum 01. Juli -31. Dezmber 2020 liegt, sind 16 Prozent USt abzurechnen. Wird die Vorausrechnung jedoch bereits vor dem 01. Juli 2020 vereinnahmt, gilt gem. Tz. 11 des BMF-Schreibens ein Steuersatz mit 19 Prozent. Die Vorausrechnung muss nur berichtigt werden, wenn bereits vor dem 01. Juli 2020 Teilleistungen erbracht werden.
Beispiel:A stellt B eine Vorausrechnung für Hausmeisterdiente am 14. Juni 2020, die er im August 2020 ausführen wird. Er weist USt mit 16 Prozent aus. Die Rechnung wird am 05. Juli 2020 bezahlt.
A muss 16 Prozent ans Finanzamt abführen, während B Vorsteuerabzug i. H. v. 16 Prozent zustehen.
Abwandlung:
B begleicht die Vorausrechnung am 29. Juni 2020. Dadurch entsteht Umsatzsteuer i. H. v. 19 Prozent. A hat den Steuerbetrag im VAZ der Leistungsausführung, also in 08/20 zu korrigieren. Er muss nicht bereits in 06/20 eine Korrektur durchführen.
B steht Vorsteuerabzug i.H.d. ausgewiesenen Betrags von 19 Prozent USt zu.