Ziel eines jeden Steuerpflichtigen ist es, seine Steuerlast zu optimieren. Dazu hat der Gesetzgeber einige gesetzlich zulässige Möglichkeiten geschaffen. Eine davon ist die Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG. Dieser Beitrag zeigt Möglichkeiten auf, wie stille Reserven, die durch Veräußerung bestimmter Anlagegüter aufgedeckt werden, auf andere Anlagegüter übertragen werden können und somit nicht der sofortigen Besteuerung unterliegen.
Steuerrecht
1 Ansatz dem Grund nach
Nach § 6b EStG können Steuerpflichtige, die
Grund und Boden,
Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört,
Gebäude oder Binnenschiffe oder
Bestimmte Anteilen an Kapitalgesellschaften
veräußern, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abziehen.
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Übertragungsmöglichkeiten der Veräußerungsgewinne auf: |
Gewinn aus der Veräußerung von: |
abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter |
Grund und Boden |
Aufwuchs auf Grund und Boden mit dazugehörigem Grund und Boden bei Zugehörigkeit zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen |
Gebäude und Aufwand für Erweiterung, Ausbau und Umbau der Gebäude |
Anteile an Kapitalgesellschaften |
Grund und Boden |
Nein |
Ja |
Nein |
Nein |
Nein |
Gebäuden |
Nein |
Ja |
Ja |
Ja |
Nein |
Aufwuchs auf Grund und Boden mit dazugehörigem Grund und Boden bei land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen |
Nein |
Ja |
Ja |
Nein |
Nein |
Anteilen an Kapitalgesellschaften die durch Einzelunternehmen und Pers.Ges. Gehalten werden |
Bis zu 500 TEuro |
Nein |
Nein |
Bis zu 500 TEuro |
Bis zu 500.000 TEuro |
Der Abzug ist nach § 6b Abs. 1 EStG zulässig bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von
Grund und Boden, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden entstanden ist,
Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden oder der Veräußerung von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden entstanden ist,
Gebäuden, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden, von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden oder Gebäuden entstanden ist, oder
Binnenschiffen, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Binnenschiffen entstanden ist.
Begriff der Veräußerung
Im Zusammenhang mit der Veräußerung ist es ohne Bedeutung, ob der Unternehmer das Wirtschaftsgut freiwillig veräußert oder ob die Veräußerung unter Zwang erfolgt, z.B. infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs oder im Wege einer Zwangsversteigerung. Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut, z.B. durch Verkauf; auch ein Tausch von Wirtschaftsgütern stellt eine Veräußerung dar.
Veräußert eine Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut aus dem Gesamthandsvermögen an einen Gesellschafter zu Bedingungen, die bei entgeltlichen Veräußerungen zwischen Fremden üblich sind, und wird das Wirtschaftsgut bei dem Erwerber Privatvermögen, ist der dabei realisierte Gewinn insgesamt, d.h. auch soweit der Erwerber als Gesellschafter am Vermögen der veräußernden Personengesellschaft beteiligt ist, ein begünstigungsfähiger Veräußerungsgewinn.
Das wirtschaftliche Eigentum ist in dem Zeitpunkt übertragen, in dem die Verfügungsmacht (Herrschaftsgewalt) auf den Erwerber übergeht. In diesem Zeitpunkt scheidet das Wirtschaftsgut bestandsmäßig aus dem Betriebsvermögen des veräußernden Steuerpflichtigen aus und darf dementsprechend (auch handelsrechtlich) nicht mehr bilanziert werden.
Keine Veräußerung ist:
die Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen
die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen
das Ausscheiden von Wirtschaftsgütern infolge höherer Gewalt
Entnahme
Erwirbt der Steuerpflichtige für die Hingabe eines Wirtschaftsguts ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens oder wird er dafür von einer privaten Schuld befreit, liegt eine nach § 6b EStG nicht begünstigte Entnahme vor.
Tausch
Bei tauschweiser Hingabe eines betrieblichen Wirtschaftsguts setzt die Inanspruchnahme des § 6b EStG voraus, dass der Anspruch auf das eingetauschte Wirtschaftsgut (zunächst) Betriebsvermögen wird.
Grund und Boden
Der Begriff „Grund und Boden“ umfasst nur den „nackten“ Grund und Boden. Zum Grund und Boden rechnen z.B. nicht
Gebäude,
Bodenschätze, soweit sie als Wirtschaftsgut bereits entstanden sind,
grundstücksgleiche Rechte,
Be- und Entwässerungsanlagen,
stehendes Holz,
Obst- und Baumschulanlagen,
Korbweidenkulturen,
Rebanlagen,
Spargelanlagen,
Feldinventar,
Rechte, den Grund und Boden zu nutzen.
Aufwuchs auf Grund und Boden
Aufwuchs auf dem Grund und Boden sind die Pflanzen, die auf dem Grund und Boden gewachsen und noch darin verwurzelt sind. Die Anwendung des § 6b EStG ist auch dann möglich, wenn Aufwuchs auf Grund und Boden und der dazugehörige Grund und Boden in engem sachlichen (wirtschaftlichen) und zeitlichen Zusammenhang an zwei verschiedene Erwerber veräußert werden und die Veräußerungen auf einem einheitlichen Veräußerungsentschluss beruhen.
Anwendungsvoraussetzungen
Voraussetzung für die Anwendung des § 6b EStG ist,
der Steuerpflichtige den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt,
die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben,
die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehören,
der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bei der Ermittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz bleibt und
der Abzug und die Bildung und Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden können.
6-jähriges Anlagevermögen
Wirtschaftsgüter, die sechs Jahre zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, können in der Regel als Anlagevermögen angesehen werden, es sei denn, dass besondere Gründe vorhanden sind, die einer Zurechnung zum Anlagevermögen entgegenstehen. Hat der Steuerpflichtige mehrere inländische Betriebsstätten oder Betriebe, deren Einkünfte zu verschiedenen Einkunftsarten gehören, ist die Sechs-Jahres-Frist auch dann gewahrt, wenn das veräußerte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten sechs Jahre zum Betriebsvermögen verschiedener Betriebe oder Betriebsstätten des Steuerpflichtigen gehörte.
Ist ein neues Wirtschaftsgut unter Verwendung von gebrauchten Wirtschaftsgütern hergestellt worden, ist die Voraussetzung des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur erfüllt, wenn seit der Fertigstellung dieses Wirtschaftsgutes sechs Jahre vergangen sind und das Wirtschaftsgut seit dieser Zeit ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des veräußernden Steuerpflichtigen gehört hat.
Die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen wird durch nachträgliche Herstellungskosten nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn es sich bei den nachträglichen Herstellungskosten um Aufwendungen für einen Ausbau, einen Umbau oder eine Erweiterung eines Gebäudes handelt.
Bei einem Wirtschaftsgut, das an Stelle eines infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Wirtschaftsgutes angeschafft oder hergestellt worden ist (Ersatzwirtschaftsgut i.S. von R 6.6 Abs. 1 EStR), ist die Sechs-Jahres-Frist erfüllt, wenn das zwangsweise ausgeschiedene Wirtschaftsgut und das Ersatzwirtschaftsgut zusammen sechs Jahre zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehört haben.
Ausländische Betriebsstätte
Mit Urteil vom 16. April 2015 hat der EuGH (Rs. C-591/13) entschieden, dass die Vorschrift des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG sowohl gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV als auch gegen Art. 31 des EWR -Abkommens verstößt. Die sofortige Besteuerung der Gewinne aus dem Verkauf des Wirtschaftsguts in den Fällen, in denen die Steuerpflichtigen in Ersatzwirtschaftsgüter einer ausländischen Betriebstätte investieren, löse eine Diskriminierung aus.
Durch das Steueränderungsgesetz 2015 wurde Abs. 2a in § 6b EStG eingefügt, wonach auch Reinvestitionen in einem EU-Mitgliedstaat sowie in Staaten des EWR -Wirtschaftsraums begünstigt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auf Antrag bei einer beabsichtigten Investition im EU-/EWR -Raum die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer über einen Zeitraum von fünf Jahren zu verteilen. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Investition im EU-/EWR -Raum bereits im der Veräußerung vorangegangenen Wirtschaftsjahr erfolgt ist. Allerdings kann gem. § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG ein entsprechender Antrag nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG bezeichneten Wirtschaftsgüter gestellt werden.
2 Ansatz der Höhe nach
Voraussetzung für die Übertragung der stillen Reserven ist eine Reinvestition, d.h. eine Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsgutes. Eine Einlage eines Wirtschaftsgutes aus dem Privat- in das Betriebsvermögen erfüllt nicht den Tatbestand einer Anschaffung oder Herstellung. Auf welche Wirtschaftsgüter die stillen Reserven übertragen werden können, bestimmt § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG. Dabei braucht es sich nicht um Wirtschaftsgüter zu handeln, die die gleiche Funktion wie das ausgeschiedene Gut hat (sog. Ersatzwirtschaftsgüter).
Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mindestens 6 Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben. Die Frist verkürzt sich auf 2 Jahre, wenn die Veräußerung der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Erschließungsmaßnahmen dient.
Um festzustellen, wie viel Euro auf das begünstigte Wirtschaftsgut steuerneutral übertragen werden kann und darf, muss zuerst der Veräußerungsgewinn ermittelt werden.
Veräußerungsgewinn
Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre.
Beispiel:Ein Grundstück mit einem Buchwert von 50.000 Euro wurde für 600.000 Euro verkauft. In diesem Zusammenhang sind Kosten für Zeitungsinserate von insgesamt 3.000 Euro angefallen.
Der Veräußerungsgewinn berechnet sich wie folgt:
Verkaufspreis 600.000 Euro
- Buchwert 50.000 Euro
- Veräußerungskosten (hier: Inseratskosten) 3.000 Euro
= Veräußerungsgewinn 547.000 Euro
Buchwert
Buchwert ist der Wert, der sich für das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt seiner Veräußerung ergeben würde, wenn für diesen Zeitpunkt eine Bilanz aufzustellen wäre. Das bedeutet, dass bei abnutzbaren Anlagegütern auch noch AfA nach § 7 EStG, erhöhte Absetzungen sowie etwaige Sonderabschreibungen für den Zeitraum vom letzten Bilanzstichtag bis zum Veräußerungszeitpunkt vorgenommen werden. Ebenso ist eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 oder § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG vorzunehmen.
Beispiel:Ein Gebäude hat am 31. Dezember 01 einen Buchwert in Höhe von 270.000 Euro und wird jährlich mit 24.000 Euro abgeschrieben. Dieses Gebäude wird am 31. Mai 02 für 545.000 Euro veräußert.
Buchwert am 31. Dezember 01 270.000 Euro
- Abschreibung für die Zeit vom 1.1.-31. Mai 02 (24.000 * 5/12) 10.000 Euro
Buchwert am 31. Mai 02 260.000 Euro
Berechnung des Veräußerungsgewinns:
Verkaufspreis 545.000 Euro
- Buchwert 260.000 Euro
- Veräußerungskosten 0 Euro
= Veräußerungsgewinn 285.000 Euro
Zeitpunkt des Abzugs
Grundsätzlich darf der Abzug nur im Veräußerungsjahr vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob das Wirtschaftsgut, auf das der Veräußerungsgewinn übertragen werden soll, im Jahr der Veräußerung oder im Vorjahr angeschafft wurde. Dadurch werden insbesondere die Fälle berücksichtigt, in denen zur Sicherung eines störungsfreien Betriebsablaufs Anschaffungen oder Herstellungen bereits vor der Veräußerung getätigt werden müssen.
Wurde das Wirtschaftsgut im Vorjahr angeschafft, so ist der Abzug vom Buchwert am Schluss des Wirtschaftsjahres der Anschaffung vorzunehmen. Das heißt mit anderen Worten, der Abzug ist von den um die Vorjahresabschreibung verminderten Anschaffungskosten zulässig.
Beispiel:
Der Veräußerungsgewinn von insgesamt 85.000 Euro im Jahr 02 soll in voller Höhe auf ein Gebäude übertragen werden, das am 1. Juli 01 zu einem Preis von 200.000 Euro angeschafft wurde und jährlich mit 3 Prozent abgeschrieben wird.
Berechnung:
Anschaffungskosten Gebäude 200.000 Euro
- Abschreibung für die Zeit vom 1. Juli – 31. Dezember 01 3.000 Euro
= Buchwert am 31. Dezember 01 197.000 Euro
- Veräußerungsgewinn 85.000 Euro
= neuer Buchwert am 1. Januar 02 112.000 Euro
Die Abschreibung für das Jahr 02 beträgt 3% von 115.000 Euro = 3.450 Euro (in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG sind die um den Abzugsbetrag geminderten Anschaffungskosten maßgebend).
Rücklagenbildung
Soweit kein Abzug vorgenommen wurde, kann der Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage in der Steuerbilanz (nicht in der Handelsbilanz) bilden. Bis zur Höhe dieser Rücklage kann von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der zuvor bezeichneten Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung ein Betrag unter Berücksichtigung der Einschränkungen des § 6b Abs. 1 Satz 2 bis 4 EStG abgezogen werden. Die Frist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist. Die Rücklage ist in Höhe des abgezogenen Betrags gewinnerhöhend aufzulösen.
Die Rücklage ist in der Bilanz des Wirtschaftsjahrs zu bilden, in dem der Veräußerungsgewinn entstanden ist; es handelt sich um die Ausübung eines Bilanzierungswahlrechts. Das Bilanzierungswahlrecht für die Bildung und Auflösung der Rücklage ist immer durch entsprechenden Bilanzansatz im „veräußernden“ Betrieb auszuüben, auch wenn sie auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebs des Steuerpflichtigen übertragen werden soll.
Bei Mitunternehmern ist die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage vorliegen, im Gewinnfeststellungsverfahren zu treffen.
Die buchtechnische Handhabung des Abzugs bzw. Bildung und Auflösung der Rücklage soll anhand eines Beispiels erläutert werden:
Beispiel:Ein nicht mehr benötigtes Betriebsgrundstück mit einem Buchwert von 250.000 Euro wurde Mitte 01 für 1.000.000 Euro veräußert. Im Jahr 02 wird ein anderes Grundstück für 800.000 Euro erworben.
Berechnungen und Buchungen in der Steuerbilanz:
Jahr 01
Verkauf des Betriebsgrundstücks:
Bank 1.000.000 Euro
an Grundstücke 250.000 Euro
an sonst. betriebl. Erträge 750.000 Euro
Einstellung in eine steuerliche Rücklage:
sonst. betriebl. Aufwand 750.000 Euro
an Rücklage nach § 6b EstG 750.000 Euro
Jahr 02
Kauf des anderen Grundstückes:
Grundstück 800.000 Euro
an Bank 800.000 Euro
Übertragung der steuerfreien Rücklage in Höhe von 750.000 Euro auf das Konto Grundstücke:
Sonderabschreibungen 750.000 Euro
an Grundstücke 750.000 Euro
Auflösung des Rücklagenkontos in gleicher Höhe:
Rücklage nach § 6b EstG 750.000 Euro
an sonst. betriebl. Erträge 750.000 Euro
Hinweis:
Durch den Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit durch BilMoG kann die steuerneutrale Übertragung der aufgedeckten stillen Reserven aus der Veräußerung des Grundstücks in der Handelsbilanz nicht vollzogen werden, sodass das im Jahr 02 erworbene Grundstück in der Handelsbilanz mit den unveränderten Anschaffungskosten in Höhe von 800.000 Euro anzusetzen ist. Bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sind außerdem in der Handelsbilanz passive latente Steuern nach § 274 HGB anzusetzen.
Abweichung zur Handelsbilanz
Voraussetzung für den Abzug des begünstigten Gewinns von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes ist, dass das Wirtschaftsgut wegen der Abweichung von der Handelsbilanz in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). Nach § 6b Abs. 1 EStG kann der Abzug nur in dem Wirtschaftsjahr vorgenommen werden, in dem der begünstigte Gewinn entstanden ist (sog. Veräußerungsjahr). Ist das Wirtschaftsgut in diesem Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden, ist der Abzug von den gesamten in diesem Wirtschaftsjahr angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut vor oder nach der Veräußerung angeschafft oder hergestellt worden ist.
Zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG ist bei der Bildung der steuerfreien Rücklage der Ansatz in der Steuerbilanz ausreichend. Die Aufnahme des Wirtschaftsguts in das besondere Verzeichnis ist erst bei Übertragung der Rücklage erforderlich.
Rücklagen nach § 6b EStG können in der Bilanz in einem Posten zusammengefasst werden. In der Buchführung muss aber im Einzelnen nachgewiesen werden, bei welchen Wirtschaftsgütern der in die Rücklage eingestellte Gewinn entstanden, auf welche Wirtschaftsgüter er übertragen oder wann die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst worden ist.
Rücklagenauflösung
Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen, soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist; ist die Rücklage am Schluss des sechsten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.
Soweit die gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag abgezogen wird (also keine Übertragung auf ein begünstigtest Wirtschaftsgut erfolgt), ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrags außerbilanziell nach § 60 Abs. 2 EStDV zu erhöhen.
Zweites Corona-Steuerhilfegesetz
Frist zu Auflösung der Rücklage verlängert
Die Reinvestitionsfristen nach § 6b EStG (§ 6b Abs. 3 Satz 2, 3 und 5, Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 sowie Abs. 10 Satz 1 und 8 EStG) werden um ein Jahr verlängert. Jedoch gilt die Fristverlängerung nur, sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 01. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre. Die Reinvestitionsfrist endet in diesen Fällen dann erst am Schluss des darauffolgenden Wirtschaftsjahres (§ 52 Abs. 14 Satz 4 EStG).
Sonderregelung bei neu hergestellten Gebäuden
Die Übertragungsfrist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, sofern mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des 4. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs begonnen worden ist, vgl. § 6b Abs. 3 S. 3 2. HS EStG.
Diese Verlängerung gilt nur für vom Steuerpflichtigen selbst (also neu) hergestellten Gebäuden. Eine „Selbstherstellung ist nicht gegeben, wenn er ein von einem Dritten neu hergestelltes Gebäude erwirbt.
Mit der Verlängerung der grundsätzlich 4-jährigen Reinvestitionsfrist auf sechs Jahre wird berücksichtigt, dass die Herstellung von Gebäuden erfahrungsgemäß eine längere Planungs- und Bauphase erfordert.
Ist bei Gebäuden, mit deren Herstellung bis zum Schluss des 4. Jahrs schon begonnen wurde, eine Rücklage bis zum 6. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist die Rücklage nach § 6b Abs. 5 Satz 5 EStG in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.
Diese 6-Jahresfrist verlängert sich aufgrund der Neuregelung um ein Jahr, wenn die Rücklage eigentlich nach § 6b Absatz 3 Satz 5 EStG am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahrs aufzulösen wäre.
Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen
Werden die in § 6b Abs. 1 EStG bezeichneten Wirtschaftsgüter zum Zweck der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen auf bestimmte, im Gesetz bezeichnete Erwerber (insbesondere Gemeinde, Gemeindeverband, Sanierungsträger) übertragen, gelten nach § 6b Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 EStG besondere Fristen. An die Stelle der für die Rücklagenübertragung geltenden Fristen von 4 bzw. 6 Jahren treten Fristen von grundsätzlich 7 bzw. 9 Jahren. An die Stelle der Frist von 6 Jahren (Zugehörigkeit des veräußerten Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte) tritt eine Frist von nur 2 Jahren (§ 6b Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Fristen des § 6b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG wurden in den genannten Fällen ebenfalls um 1 Jahr verlängert.
Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch Personenunternehmen
Nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige, die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind, Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 Euro auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden 2 Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften oder angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter oder auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden 4 Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Gebäude nach Maßgabe des § 6b Abs. 10 Sätze 2 bis 10 EStG übertragen.
Ist eine Rücklage am Schluss des 4. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist diese gewinnerhöhend aufzulösen, vgl. 6b Abs. 10 S. 8 EStG. Ebenfalls wurde diese i.S.d. § 6b Abs. 10 Satz 1 und 8 EStG um ein Jahr verlängert.
Voraussetzung für die Übertragung der Rücklage ist, dass das Gebäude bis zum Schluss des sechsten Wirtschaftsjahrs nach Bildung der Rücklage fertiggestellt wird. Die Rücklage kann in diesem Fall zum Ende des vierten auf die Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs nur noch in der Höhe der noch zu erwartenden Herstellungskosten für das Gebäude beibehalten werden.
Mit der Herstellung eines Gebäudes ist auch dann begonnen worden, wenn vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres der Bauantrag gestellt wurde und das Gebäude bis zum Schluss des sechsten Wirtschaftsjahres nach Bildung der Rücklage fertiggestellt ist. So kann der für die Verlängerung der Auflösungsfrist nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG maßgebende Herstellungsbeginn die Einreichung des Bauantrags sein. Ein vor Einreichung des Bauantrags durchgeführter Gebäudeabbruch zum Zweck der Errichtung eines Neubaus kann als Beginn der Herstellung in Betracht kommen.
Beispiel:Steuerpflichtiger S veräußert im Jahre 01 ein Gebäude für 680.000 Euro, bei dem ein begünstigter Gewinn von 600.000 Euro entsteht, der in voller Höhe in die Rücklage eingestellt wird. Ist eine Übertragung dieser 600.000 Euro auf ein neues Gebäude vorgesehen, so muss der Bauantrag bis spätestens am 31. Dezember 05 gestellt und das Gebäude bis spätestens 31. Dezember 07 fertiggestellt sein.
Die Rücklage ist grundsätzlich nach Ablauf des Begünstigungszeitraumes gewinnerhöhend aufzulösen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, die Rücklage schon vorzeitig aufzulösen, denn die Begünstigung nach § 6b EStG wird nicht von einer Reinvestitionsabsicht abhängig gemacht.
Die Rücklage hat auch dann während des ganzen Wirtschaftsjahrs bestanden, wenn sie buchungstechnisch bereits während des laufenden Wirtschaftsjahrs aufgelöst worden ist.
Der Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 oder Abs. 10 EStG ist in den Fällen vorzunehmen, in denen ein Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter nicht oder nur teilweise vorgenommen worden ist und die Rücklage oder der nach Abzug verbleibende Rücklagenbetrag aufgelöst wird. Ein Gewinnzuschlag ist auch vorzunehmen, soweit die Auflösung einer Rücklage vor Ablauf der in § 6b Abs. 3 oder Abs. 10 EStG genannten Fristen erfolgt (sog. vorzeitige Auflösung der Rücklage).
Beispiel:Steuerpflichtiger S, dessen Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, veräußert am 1. Februar 01 ein Wirtschaftsgut. Der nach § 6b EStG begünstigte Gewinn beträgt 800.000 Euro. Der Steuerpflichtige bildet in der Steuerbilanz des Jahres 01 eine Rücklage in Höhe von 800.000 Euro, die er auch in den Steuerbilanzen der Jahre 02 und 03 ausweist. Am 1. Oktober 04 erwirbt er ein begünstigtes Wirtschaftsgut, dessen Anschaffungskosten 600.000 Euro betragen. Der Steuerpflichtige nimmt einen gewinnmindernden Abzug von 600.000 Euro vor und löst die gesamte Rücklage gewinnerhöhend auf.
Der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage beträgt 800.000 Euro (davon werden 600.000 Euro nach § 6b Abs. 3 Satz 4 EStR) und 200.000 Euro nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG aufgelöst. Bemessungsgrundlage für den Gewinnzuschlag sind 200.000 Euro. Die Rücklage hat in den Wirtschaftsjahren 02 bis 04 bestanden. Der Gewinnzuschlag ist für jedes volle Wirtschaftsjahr des Bestehens der Rücklage vorzunehmen; das sind die Wirtschaftsjahre 02 bis 04, denn im Wirtschaftsjahr 04 kann die Auflösung der Rücklage erst zum Bilanzabschluss und nicht bereits zum Zeitpunkt der Wiederanlage erfolgen.
Der Gewinnzuschlag im Jahr 04 beträgt 3 x 6 Prozent von 200.000 Euro = 36.000 Euro.
Aufgrund der besonderen Härte durch den Gewinnzuschlag bei Nichtübertragung der Rücklage ist auf folgenden Fall zu achten:
Bei der Bestimmung des Anschaffungszeitpunktes bei Grundstücken wird immer auf den Übergang von Nutzen und Lasten abgestellt. Gehen „Nutzen und Lasten“ an dem Grundstück z.B. am 01. Januar 05 auf den Käufer über, so ist das Grundstück im Wirtschaftsjahr 05 angeschafft. Dies bedeutet aber auch, dass eine Rücklage, deren 4-Jahres-Frist am 31. Dezember 04 abgelaufen ist, nicht mehr auf das am 01. Januar 05 erworbene Grundstück übertragen werden kann und somit am 31. Dezember 04 gewinnerhöhend aufzulösen ist (H 6b.2 „Anschaffungszeitpunkt“ EStH).
Übertragungsmöglichkeiten von Einzelunternehmern
Ein Steuerpflichtiger kann den begünstigten Gewinn, der in einem als Einzelunternehmen geführten Betrieb entstanden ist, auf Wirtschaftsgüter übertragen, die
zu demselben oder einem anderen als Einzelunternehmen geführten Betrieb des Steuerpflichtigen gehören oder
zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, soweit die Wirtschaftsgüter dem Steuerpflichtigen als Mitunternehmer zuzurechnen sind.
Der Abzug ist bei Wirtschaftsgütern unzulässig, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder der selbständigen Arbeit dienen, und der der Gewinn bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs entstanden ist.
Übertragungsmöglichkeiten von Sonderbetriebsvermögen
Ein Steuerpflichtiger kann den begünstigten Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes, das zu seinem Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft gehört, vorbehaltlich der Regelung in § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG auf Wirtschaftsgüter übertragen, die
zu demselben Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen oder zum Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen bei einer anderen Personengesellschaft gehören oder
zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, der das veräußerte Wirtschaftsgut gedient hat, oder zum Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft gehören, soweit die Wirtschaftsgüter dem Steuerpflichtigen als Mitunternehmer zuzurechnen sind, oder
zu einem als Einzelunternehmen geführten Betrieb des Steuerpflichtigen gehören.
Übertragungsmöglichkeiten von Gesamthandsvermögen
Der begünstigte Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes, das zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehört, kann übertragen werden
auf Wirtschaftsgüter, die zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehören,
auf Wirtschaftsgüter, die zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers der Personengesellschaft gehören, aus deren Betriebsvermögen das veräußerte Wirtschaftsgut ausgeschieden ist, soweit der begünstigte Gewinn anteilig auf diesen Mitunternehmer entfällt,
vorbehaltlich der Regelung in § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG auf Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen eines anderen als Einzelunternehmen geführten Betriebs eines Mitunternehmers gehören, soweit der begünstigte Gewinn anteilig auf diesen Mitunternehmer entfällt,
vorbehaltlich der Regelung in § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG auf Wirtschaftsgüter, die zum Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft oder zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers bei einer anderen Personengesellschaft gehören, soweit diese Wirtschaftsgüter dem Mitunternehmer der Gesellschaft, aus deren Betriebsvermögen das veräußerte Wirtschaftsgut ausgeschieden ist, zuzurechnen sind und soweit der begünstigte Gewinn anteilig auf diesen Mitunternehmer entfällt.
Wird der begünstigte Gewinn, der bei der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes entstanden ist, bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes eines anderen Betriebs des Steuerpflichtigen berücksichtigt, ist er erfolgsneutral dem Kapitalkonto der für den veräußernden Betrieb aufzustellenden Bilanz hinzuzurechnen. Gleichzeitig ist ein Betrag in Höhe des begünstigten Gewinns von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in dem anderen Betrieb angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter erfolgsneutral (zu Lasten des Kapitalkontos) abzusetzen. Eine nach § 6b Abs. 3 oder § 6b Abs. 10 EStG gebildete Rücklage kann auf einen anderen Betrieb erst in dem Wirtschaftsjahr übertragen werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen wird.
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Steuerpflichtige, die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind (z.B. Einzelunternehmen oder Personengesellschaften), können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 Euro auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften oder angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter oder auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Gebäude nach Maßgabe der folgenden Sätze übertragen.
Eine Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf die in dem der Veräußerung vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter sieht § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG (anders als § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG) ausdrücklich nicht vor. Eine Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist frühestens auf die im gleichen Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Reinvestitionsgüter möglich.
Wird der Gewinn im Jahr der Veräußerung auf Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen, mindern sich die Anschaffungskosten der Anteile an Kapitalgesellschaften in Höhe des Veräußerungsgewinns einschließlich des nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten Betrags.
Beispiel:Zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmers E gehört seit mehr als 10 Jahren eine 20 prozentige Beteiligung an der X-GmbH, die er für 200.000 Euro erworben hat. Zum 11. Februar 01 veräußert E die Beteiligung an der X-GmbH für 300.000 Euro und erwirbt am 30. Juni 01 eine Beteiligung an der Y-AG für 350.000 Euro.
E kann den Gewinn von 100.000 Euro (Veräußerungspreis: 300.000 Euro – Anschaffungskosten: 200.000 Euro) aus der Veräußerung der Anteile an der X-GmbH in voller Höhe auf die Anschaffungskosten der erworbenen Beteiligung an der Y-AG übertragen. Nach der Übertragung steht die Beteiligung an der Y-AG nur noch mit 250.000 Euro in den Büchern von E.
Handelsrechtliche Buchung Verkauf X-GmbH:
Bank 300.000 Euro an sonstige betriebliche Erträge 300.000 €
Aufwand aus
Anlagenabgang 200.000 Euro an Beteiligung X-GmbH 200.000 €
Handelsrechtliche Buchung Kauf Y-AG:
Beteiligung Y-AG 350.000 Euro an Bank 350.000 €
Steuerliche Buchung für die Übertragung nach § 6b Abs. 10 EStG:
Sonstiger betrieblicher
Aufwand 100.000 Euro an Beteiligung Y-AG 100.000 €
Abwandlung:
Hätte E keine Übertragung nach § 6b Abs. 10 EStG gewollt, unterliegt der Veräußerungsgewinn in Höhe von 100.000 Euro dem Teileinkünfteverfahren. E hätte im Jahr 01 dann folgenden Betrag als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern müssen:
Veräußerungspreis 300.000 Euro
davon steuerfrei nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a) EStG 120.000 Euro
steuerpflichtiger Veräußerungspreis 180.000 Euro
./. Anschaffungskosten 200.000 Euro
davon außer Ansatz nach § 3c Abs. 2 EStG 80.000 Euro
berücksichtigungsfähiger Teil der Anschaffungskosten ./. 120.000 Euro
= steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn 60.000 Euro
In allen Fällen muss § 6b Absatz 2, Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, 2, 3, 5 und Satz 2 sowie Absatz 5 EStG beachtet werden.
Wird der Gewinn im Jahr der Veräußerung auf Gebäude oder abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter übertragen, so kann ein Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen und nicht nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b EStG in Verbindung mit § 3c Absatz 2 EStG steuerbefreiten Betrags von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Gebäude oder abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter abgezogen werden.
Beispiel:Zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmers E gehört seit mehr als 10 Jahren eine 20 prozentige Beteiligung an der X-GmbH, die er für 200.000 Euro erworben hat. Zum 11. Februar 01 veräußert E die Beteiligung an der X-GmbH für 300.000 Euro und erwirbt am 30. Juni 01 eine Maschine für 100.000 Euro.
E kann den „steuerpflichtigen“ Gewinn in Höhe von 60 Prozent von 100.000 Euro = 60.000 Euro aus der Veräußerung der Anteile an der X-GmbH auf die Anschaffungskosten der erworbenen Maschine übertragen. Nach der Übertragung wird die Maschine nur noch mit 40.000 Euro in den Büchern von E ausgewiesen, die zugleich die AfA-Bemessungsgrundlage bildet.
Handelsrechtliche Buchung Verkauf X-GmbH:
Bank 300.000 € an sonstige betriebliche Erträge 300.000 €
Aufwand aus
Anlagenabgang 200.000 € an Beteiligung X-GmbH 200.000 €
Handelsrechtliche Buchung des Maschinenkaufs:
Maschine 100.000 € an Bank 100.000 €
Steuerliche Buchung für die Übertragung nach § 6b Abs. 10 EStG:
Sonstiger betrieblicher
Aufwand 60.000 € an Maschine 60.000 €
Rücklagenbildung und -auflösung
Soweit Steuerpflichtige den Abzug nicht vorgenommen haben, können sie eine Rücklage einschließlich des nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b EStG in Verbindung mit § 3c Absatz 2 EStG steuerbefreiten Betrags bilden. Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Dabei ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des nicht nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 EStG steuerbefreiten aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen.
Für die zum Gesamthandsvermögen von Personengesellschaften oder Gemeinschaften gehörenden Anteile an Kapitalgesellschaften gilt Vorstehendes nur, soweit an den Personengesellschaften und Gemeinschaften keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen beteiligt sind. Für die Berechnung des Höchstbetrages nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG ist der einzelne Mitunternehmer als Steuerpflichtiger anzusehen, mit der Folge, dass der Höchstbetrag von 500.000 Euro für jeden Mitunternehmer zur Anwendung kommt.