1 Allgemeines
Durch das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 EStG sind die handelsrechtlichen Wertansätze auch für die Steuerbilanz maßgebend. Diese Wertansätze unterliegen jedoch dem Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG. Dies bedeutet, dass die handelsrechtlichen Wertansätze für steuerliche Zwecke geändert werden können, sofern steuerliche Vorschriften einen anderen Ansatz / andere Bewertung vorsehen.
Das EStG sieht insbesondere im § 6 Abs. 1 Nr. 3a (a) – (f) EStG besondere Bewertungsregeln für Rückstellungen vor.
2 Ansatz dem Grunde nach
Die Grundsätze für den Ansatz in der Handelsbilanz gelten auch für die Steuerbilanz. Insofern wird auf Kapitel H2 verweisen.
3 Ansatz der Höhe nach
Die Grundsätze der Berechnung in der Handelsbilanz gelten grundsätzlich auch für die Steuerbilanz.
Nachfolgende Besonderheiten sind zu beachten:
Für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen ist steuerlich ein Zinssatz von 5,5 Prozent gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorgegeben. Von einer Verzinsung ist abzusehen, wenn die Laufzeit der Verpflichtung am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt
Zu beachten ist jedoch, dass künftige Preis- und Kostensteigerungen in der Steuerbilanz keine Berücksichtigung finden gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a (f) EStG. Es gelten die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag.
Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a (b) EStG sind Rückstellungen nur mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Diese Behandlung entspricht einem Teilkostenansatz (Einzelkosten + variable Gemeinkosten). Ein Vollkostenansatz (Einzelkosten + variable Fixkosten + variable Gemeinkosten) wie in der Handelsbilanz ist nicht möglich ist.
Diese Unterscheidung ist wichtig, soweit für die Erfüllung der Verpflichtung eigenes Personal abgestellt wird. Bei der Rückstellungsberechnung können sodann nur die Einzelkosten für das Personal + AG-Anteile sowie Anteile für die Lohnbuchhaltung berücksichtig werden, jedoch nicht andere Gemeinkosten.
Aus diesen Tatsachen ergeben sich Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz und somit auch latente Steuern in der Handelsbilanz.
Das Kompensationsverbot in der Handelsbilanz gilt nur eingeschränkt für die Steuerbilanz. Künftige Vorteile sind bereits dann Rückstellungsmindernd zu berücksichtigen, wenn mehr Gründe für als gegen den Vorteilseintritt sprechen. Kodifiziert ist dies im § 6 Abs. 1 Nr. 3a (c) EStG. Der BFH hat in einem Fall entschieden, dass die voraussichtlich erzielbaren Kippgebühren für die Rekultivierung einer Kiesgrube Rückstellungsmindernd zu berücksichtigen sind.
Bei Buß- und Strafgeldern muss zunächst geklärt werden, ob diese betrieblich veranlasst sind § 4 Abs. 4 EStG. Sind diese betrieblich veranlasst, ist jedoch i. d. R. ein steuerlicher Abzug ausgeschlossen gem. § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG. Insofern darf auch kein Abzug als Rückstellung in der Steuerbilanz erfolgen.
4 Beispiel
Fortführung des Beispiels von H4.
Welche Rückstellungen sind steuerlich am 31. Dezember t1 zu bilden?
Lösung
Die L-GmbH muss mit der Inanspruchnahme ernsthaft rechnen. Der erlassene Bescheid der Behörde konkretisiert hinreichend die Verpflichtung die wirtschaftlich bereits in t1 begründet wurde.
Rückstellungsfähig sind folgende Aufwendungen:
Kosten des Austausch des belasteten Erdreichs i. H. v. 25.000 Euro,
Kosten des Gutachters i. H. v. 5.000 Euro,
Kosten der Grundwasserpumpe, da diese ein wertloser Vermögensgegenstand für die L-GmbH darstellt. Aufwand: 20.000 Euro.
Summe der Rückstellung in der Steuerbilanz: 50.000 Euro. Keine Abzinsung, da die Restlaufzeit nicht über ein Jahr liegt.
Die Geldbuße i. H. v. 5.000 Euro ist zwar betrieblich veranlasst, jedoch nicht abziehbar gem. § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG.