BAföG Schleppende Digitalisierung

16.01.2023  — Samira Sieverdingbeck.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

BAföG regelt die staatliche Unterstützung von jungen Menschen, die sich anders ihre Ausbildung nicht leisten könnten. In der Theorie ein tolles Konzept, doch die Wirklichkeit sieht anders aus: überlastete Ämter und digitale Anträge, die zur Bearbeitung ausgedruckt werden müssen. So schleppend läuft die Digitalisierung des BAföGs.

Der Semesterbeitrag, Lehrbücher, Miete und Lebensmittel – auch wenn Studierende nicht auf großem Fuß leben, haben sie besonders zu Beginn des Studiums hohe Ausgaben. Trotzdem sollen junge Menschen, unabhängig ihres sozialen oder wirtschaftlichen Hintergrundes, die Möglichkeit haben, einem Studium oder einer Ausbildung nachzugehen. 1971 trat, als Nachfolger des Honnefer Modells, das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Kraft.

Die Höhe der BAföG-Förderung ist individuell. Durch monatliche Zahlungen sollen die Lebenshaltungskosten der Studierenden gedeckt werden. Eine Vollförderung erhalten Studierende, deren Eltern über ein sehr geringes Einkommen verfügen oder die bereits einen gewissen Zeitraum voll erwerbstätig waren. Bei einer Teilförderung sind in der Regel die Erziehungsberechtigten dazu verpflichtet, den oder die Studierenden ebenfalls zu unterstützen. Auch Vermögen und weitere Erwerbstätigkeiten werden gewichtet.
Im laufenden Wintersemester 2022/2023 beträgt der BAföG-Höchstsatz für Studierende, die nicht nicht im Haushalt ihrer Eltern leben je nach Alter:

  • unter 25 Jahren: 812 € pro Monat
  • zwischen 25 und 29 Jahren: 934 € pro Monat
  • ab 30 Jahren maximal: 1.018 € pro Monat

Seit Inkrafttreten des BAföG besteht ein Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung, der einklagbar ist. 50 % der monatlichen Zahlungen trägt der Staat als Zuschuss, der Rest gilt als zinsloses Darlehen und wird nach dem Studium zurückgezahlt. Im Jahr 2021 erhielten 467.000 Studierende finanzielle Unterstützung durch BAföG. Laut dem Wohlfahrtsverband leben trotzdem ein Drittel der Studierenden in Armut. Besonders die lange Wartezeit bis zur Auszahlung der Förderung ist für viele Studierende mit Geldsorgen verbunden.

Selbst bei vollständigen Erstanträgen, kann es im Wintersemester zwei bis drei Monate dauern, bis der Antrag genehmigt werden kann. Muss noch etwas nachgereicht werden, warten die Studierenden mitunter sechs Monate. Bis das Geld bei den Studierenden ankommt, dauert es noch einmal länger. Die Anträge selbst sind außerdem extrem umfangreich und werden in der Folge meist unvollständig eingereicht. Zwar können seit September 2021 auch online Anträge mit BAföG-Digital gestellt werden, jedoch müssen die BAföG-Ämter die digital eingereichten Anträge anschließend ausdrucken. Eine erhöhte Personallast und Papiermangel in den Ämtern sind die Folgen – Digitalisierung scheint meilenweit entfernt. Der erhöhte Krankenstand, der anhaltende Fachkräftemangel und sich immer wieder verändernde Regeln bezüglich der Anträge erschweren die Arbeit und verlangsamen Prozesse zusätzlich.
Viele Studierende erkundigen sich nach dem Stand ihres Antrags, wenn sie monatelang keine Unterstützung erhalten. Doch da lauert das nächste Problem: Es gibt keinen adäquaten Weg, um datenschutzkonform mit den Studierenden zu kommunizieren. Auf E-Mails müssten die Ämter daher stets per Post antworten.

Zur Verbesserung der Situation fordert das Deutsche Studentenwerk die Einführung von E-Akten und E-Bescheiden. Bereits 2016 sagte der damalige Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks: „Einfach nur den BAföG-Antrag online zu stellen und dann die Studierenden zu bitten, alles ausgedruckt doch wieder schriftlich einzureichen: Das ist kein E-BAföG.“ Das Problem ist also alles andere als neu und hat besonders durch die Teuerungen bei Lebensmittel- und Wohnkosten steigende Dringlichkeit. 2023 möchte Sachsen-Anhalt als erstes Bundesland mit der Einführung einer BAföG-E-Akte beginnen.

Bild: Charlotte May (Pexels, Pexels Lizenz)

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