Urteil des EuGH: Kein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf E-Books

11.03.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union.

Frankreich und Luxemburg dürfen auf die Lieferung elektronischer Bücher, anders als bei Büchern aus Papier, keinen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden.

Frankreich und Luxemburg wenden auf die Lieferung elektronischer Bücher einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz an. In Frankreich liegt der Satz seit dem 1. Januar 2012 bei 5,5 %, in Luxemburg bei 3 %.

Bei den in Rede stehenden elektronischen (oder digitalen) Büchern handelt es sich um Bücher in elektronischem Format, die mit einem Computer, einem Smartphone, einem E Book-Lesegerät oder einem anderen Lesegerät entgeltlich über Herunterladen oder Streaming von einer Website abgerufen werden können.

Die Kommission hat die Feststellung beantragt, dass Frankreich und Luxemburg dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Mehrwertsteuerrichtlinie verstoßen haben, dass sie auf die Lieferung elektronischer Bücher einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz angewandt haben.

In seinen heutigen Urteilen gibt der Gerichtshof den Vertragsverletzungsklagen der Kommission statt.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz nur auf die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt werden darf. Dieser Anhang nennt u. a. die "Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern". Der Gerichtshof schließt daraus, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf einen Umsatz anwendbar ist, der in der Lieferung eines Buches besteht, das sich auf einem physischen Träger befindet. Zwar benötigt ein elektronisches Buch, um gelesen zu werden, einen solchen physischen Träger (wie einen Computer), jedoch wird ein solcher Träger nicht zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert, so dass die Lieferung solcher Bücher nicht in den Anwendungsbereich des genannten Anhangs III fällt.

Ferner stellt der Gerichtshof fest, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie die Möglichkeit ausschließt, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf "elektronisch erbrachte Dienstleistungen" anzuwenden. Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt die Lieferung elektronischer Bücher eine solche Dienstleistung dar. Der Gerichtshof verwirft das Argument, wonach die Lieferung elektronischer Bücher eine Lieferung von Gegenständen (und nicht eine Dienstleistung) darstelle. Denn allein der physische Träger, der das Lesen elektronischer Bücher erlaubt, kann als ein "körperlicher Gegenstand" angesehen werden, aber die Lieferung elektronischer Bücher schließt einen solchen Träger nicht ein.

Die Kommission beanstandete außerdem, dass Luxemburg einen stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwandte, obwohl die Mehrwertsteuerrichtlinie Mehrwertsteuersätze von unter 5 % grundsätzlich verbiete. Insoweit erinnert der Gerichtshof daran, dass ein Mitgliedstaat gemäß der Mehrwertsteuerrichtlinie auch ermäßigte Mehrwertsteuersätze von unter 5 % anwenden kann, sofern die ermäßigten Mehrwertsteuersätze insbesondere mit den Rechtsvorschriften der Union im Einklang stehen. Da der Gerichtshof aber zuvor bereits festgestellt hat, dass die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht mit der Mehrwertsteuerrichtlinie im Einklang steht, ist diese Voraussetzung der Vereinbarkeit mit den Rechtsvorschriften der Union nicht erfüllt, so dass Luxemburg auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht den stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwenden darf.

Die Urteile vom heutigen Tag hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Bücher auf physischen Trägern, wie insbesondere Bücher aus Papier, vorzusehen.

HINWEIS: Eine Vertragsverletzungsklage, die sich gegen einen Mitgliedstaat richtet, der gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat, kann von der Kommission oder einem anderen Mitgliedstaat erhoben werden. Stellt der Gerichtshof die Vertragsverletzung fest, hat der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil unverzüglich nachzukommen.

Ist die Kommission der Auffassung, dass der Mitgliedstaat dem Urteil nicht nachgekommen ist, kann sie erneut klagen und finanzielle Sanktionen beantragen. Hat ein Mitgliedstaat der Kommission die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie nicht mitgeteilt, kann der Gerichtshof auf Vorschlag der Kommission jedoch bereits mit dem ersten Urteil Sanktionen verhängen.

Der Volltext der Urteile (C-479/13 und C-502/13) wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht.


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